Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 44 / IX / 2007

MÖBEL UND EINRICHTUNGSGEGENSTÄNDE AUS DEM HANGHAUS 2 VON EPHESOS [1]

Antike Häuser waren anders als heute mit sehr viel weniger Mobiliar ausgestattet. Möbel waren neben Marmor bzw. Stein und Metall vor allem aus Holz hergestellt [2]. Aus dem Hanghaus 2 blieben zwar keine Holzmöbel erhalten, jedoch zeugen viele Metallbeschläge von ihrer Existenz. Antike Möbel und Einrichtungsgegenstände können im wesentlichen in folgende drei Gruppen unterschieden werden:

1. Solche, die fest mit einem Standort verbunden waren
2. Solche, die aufgrund ihres großen Gewichtes kaum ihren Standort wechselten
3. Leicht zu transportierendes Mobiliar

Zur ersten Gruppe gehören im Hanghaus 2 [3] (Plan) aus Ziegeln gemauerte, mit Marmor verkleidete Podeste (Abb. 1). Diese liegen fast immer in oder in unmittelbarer Nähe von Speiseräumen, weshalb ihre Funktion in Verbindung mit Symposien zu sehen sein dürfte, wo sie als Abstellfläche gedient haben werden [4]. Zu dieser Gruppe sind ferner Wandnischen und Wandregale zu zählen: Erstere sind in einigen Fällen wie im Musenzimmer SR 19/20 (Abb. 2-3) der Wohneinheit 2 als Bücherschränke zu interpretieren [5]. Letztere treten im Hanghaus 2 ausschließlich in Wirtschaftsräumen wie beispielsweise in SR 30 der Wohneinheit 2 und Raum 14 der Wohneinheit 4 auf [6]. Außerdem gehören zu dieser Gruppe von Einrichtungsgegenständen auch aus Ziegeln aufgemauerte Herde, die in den Küchen SR 27a der Wohneinheit 2 und SR 9d im Obergeschoss der Wohneinheit 4 erhalten blieben; ein weiterer befand sich an der Südwand von SR 30, bevor dort das zuvor genannte Wandregal aufgestellt wurde [7].

Die zweite Gruppe umfasst Möbel, die zwar nicht fest mit einem Raum verbunden sind, aber aufgrund ihres großen Gewichtes ebenfalls dem fixen Mobiliar zuzuordnen sind. Dazu gehören große Marmortische wie jene aus dem triclinium SR 24 der Wohneinheit 2 [8] und dem Peristylhof 38b der Wohneinheit 7 [9]. Hinzu kommen auch Puteale und Altäre: Zwei Altäre im Peristylhof der Wohneinheit 7 und ein Altar im Peristylhof der Wohneinheit 2 sind jeweils mit kultischen Handlungen in Verbindung zu bringen [10]. Während die Altäre in der Wohneinheit 7 auf die exedra 38 mit den dort aufgestellten Büsten des Tiberius und der Livia ausgerichtet sind, steht der Altar in der Wohneinheit 2 in Verbindung mit dem in der Südmauer des Hofes platzierten Heros Equitans Relief (Abb. 4) [11].
Die dritte Gruppe, das bewegliche Mobiliar, umfasst im Hanghaus 2 Bronzeklapptische, bronzene Klinenbeschläge, Bronze- und Eisenklappstühle sowie bronzene und eiserne Beschläge von Kästen, Kisten, Truhen und Kästchen, die im folgenden vorgestellt werden. Vorweg ist jedoch festzuhalten, dass die Fundorte zwar die letzte Verwendung dieser Möbel anzeigen, aber nicht als permanente Standplätze anzusehen sind [12].
Bei zwei der im Hanghaus 2 gefundenen Klapptische handelt es sich um Klappvierfüße, bei einem um einen Klappdreifuß [13]. Erstere stammen aus der Wohneinheit 2, einer aus dem Lagerraum SR 12, der andere aus dem triclinium SR 24 (Abb. 5) [14]. Der Klappdreifuß wurde in Raum 26 der Wohneinheit 5 und damit ebenfalls in einem Speiseraum gefunden [15]. Alle gehörten zur Ausstattung der jüngsten Wohnphase im 3. Jh. n.Chr. Während zwei ins 3. Jh. n.Chr. zu datieren sind, kann der Vierfuß aus SR 12 (Abb. 6-7) aufgrund von Parallelen ins 1. Jh. v.Chr. gesetzt werden und stellte somit in der letzten Ausstattungsphase des 3. Jhs. n.Chr. ein antiquarisches Stück dar [16].

Von der hölzernen Platte dieses Tisches blieb das Fragment einer winkelförmigen bronzenen Einfassungsleiste erhalten (Abb. 8), die als Verzierung ein Mäanderband zwischen je einem schmaleren Streifen mit "laufendem Hund" bzw. Wellenband trägt [17].

Aufgrund ihrer leichten Transportfähigkeit konnten diese Tische je nach Bedarf in unterschiedlichen Räumen verwendet werden. Mit einer Höhe von 60 bis 100 cm eigneten sie sich sehr gut als Beistelltische von Klinen und damit für eine Nutzung beim Symposion [18]. Klinen dienten beim abendlichen Mahl als Liegeplätze für zwei bis drei Teilnehmer, wobei man so lag, dass man sich auf dem linken Arm abstützte und mit der rechten Hand aß [19].

Aus dem Hanghaus 2 ist von den hölzernen Rahmen und der Bespannung der Klinen nichts erhalten [20], jedoch mehrere von diesen stammende winkelförmige Einfassungsleisten aus Bronze (Abb. 9). Sie dürften aufgrund ihrer großen Länge (erh. L ca. 50 cm) und Höhe (3,8-3,9 cm) die hölzernen Rahmen an den Kopf- und Fußenden eingefasst haben. Als Verzierung finden sich wie bei späthellenistischen und römischen Parallelen vegetabile Motive [21]. Sie gehören ebenso wie Drei- und Vierfüße sowie Stühle zu jenen Möbeln, die man je nach Bedarf in unterschiedlichen Räumen verwenden konnte. Nur selten gibt es im Hanghaus 2 konkrete Anhaltspunkte für ihre Aufstellung [22]. Jedoch kann anhand des Bodenbelags im triclinium SR 24 der Wohneinheit 2 und jenes des großen Saales 31 der Wohneinheit 6 eine Klinenaufstellung rekonstruiert werden [23].
Antiken Schriftquellen und Darstellungen zufolge wurde ein unterschiedlicher sozialer Status, unter anderem auch dadurch angezeigt, welchen Personen es erlaubt war, zu sitzen oder zu stehen [24]. Klappstühle im Wohnbereich dürften dahingehend zu interpretieren sein, dass der Hausherr durch das Sitzen auf diesen Stühlen seine auctoritas und dignitas beispielsweise beim Empfang der Klienten demonstrierte, die stehen bleiben mussten. Somit handelt es sich bei zwei Klappstühlen aus dem Hanghaus 2 um Prestigeobjekte, ähnlich der sella curulis, der Amtsinsignie hoher römischer Beamter [25]. Von zwei Exemplaren wurde ein eisernes Gestell im Lagerraum SR 12 der Wohneinheit 2 (Abb. 10) und ein bronzenes im Raum 26 der Wohneinheit 5 gefunden [26]. Der Klappstuhl aus Raum 26 ist ganz erhalten. Auf den oberen Querholmen war die Sitzunterlage - anzunehmen ist eine aus Stoff oder Leder - befestigt (Abb. 5 Beitrag Reuckl). Wie aus zahlreichen Darstellungen auf Münzen und in der Wandmalerei hervorgeht, befanden sich im Unterschied zu den heutigen Klappsesseln die überkreuzten Beine seitlich des Sitzenden, und die oberen Querholme an Vorder- und Rückseite. Die Stühle hatten - wie aus denselben Darstellungen ersichtlich - eine Polsterauflage, ferner benutze man gleichzeitig Fußschemel. Ein bequemes Sitzen scheint auf diesen Stühlen, die ihren Vorzug vor allem in einer leichten Transportfähigkeit hatten, jedoch nicht wirklich möglich gewesen zu sein [27].
Außer diesen fast vollständig erhaltenen Möbeln, wurden im Hanghaus 2 viele Möbelteile und -beschläge gefunden [28]. Zum Aufbewahren von verschiedensten Gegenständen verwendete man in der Antike Kästen, Kästchen und Truhen [29]. Diese meist aus Holz gefertigten Möbel besaßen als Beschläge Eckverstärkungen, Schlösser, Vorlegebänder und Henkel.
Von Kästchen oder Truhen stammen bronzene Kastenhenkel, die man zum Tragen verwendete. Statt der Henkel kommen auch Ringgriffe vor, die aber auch an Türen als Türzieher oder -klopfer zum Einsatz kamen [30]. Da diese Teile multifunktional waren, ist es meist nicht mehr möglich, sie auf ein bestimmtes Möbel zu beziehen. Gut dokumentierte Fundkontexte können jedoch nähere Aufschlüsse liefern: Beispielsweise stammen aus Raum 31b mehrere kleinere massive Scharniere, und aus dem Marmorsaal 31 einige große Scharniere. Während jene aus Raum 31b sehr wahrscheinlich zu einem Wandschrank gehörten [31], sind jene aus dem Marmorsaal der großen zentralen Tür, die zum Peristylhof 31a führte, zuzuweisen [32].

Während die Scharniere im Schutt - also nicht in situ - gefunden wurden, blieben sog. Daumenhaken am Türsturz einer Tür erhalten (Abb. 11-12), die sich zwischen dem Süd- und dem West-Umgang des Peristylhofs 31a befindet [33]. Sie könnten zum Aufhängen eines Vorhanges verwendet worden sein.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Häuser der römischen Kaiserzeit, auch jene der wohlhabenden Bevölkerung, wie sie die insula Hanghaus 2 darstellt, nur spärlich möbliert waren [34]. Fest mit einem Raum verbundenes Mobiliar stellen die in den Peristylhöfen und Haupträumen anzutreffenden massiven Einrichtungsgegenstände (Tische, Altäre, Puteale) aus Marmor und die am Ort aufgemauerten Podeste, sowie die Herde, Nischen und Regale der Küchen und Wirtschaftsräume dar. Zu den mobilen Einrichtungsgegenständen zählen Klapptische, Klappstühle, Klinen, Kästchen, Truhen usw., die man je nach Bedarf in den Haupträumen verwendete.

[1] Dieser Beitrag stellt eine Kurzfassung zum Mobiliar aus dem Hanghaus 2 dar und versteht sich als Einleitung bzw. Ergänzung zu den anderen Beiträgen dieser Internetpublikation. Literatur zu Möbeln aus den Hanghäusern von Ephesos: S. Jilek, Die Metall- und Beinfunde, in: C. Lang-Auinger (Hrsg.), Hanghaus 1 in Ephesos. Funde und Ausstattung, FiE VIII 4 (2003) 253-312; Jilek, Mobiliar, 87-91; S. Jilek, Die Kleinfunde aus Metall und Bein, in: Thür, WE 4, 391-393; Kowalleck - Rathmayr, WE 1 und 2, Kap. A.XIII und B.XIII. Die Möbel bzw. Möbelbeschläge aus den Wohneinheiten 3, 5 und 6 werden von Verf. im Rahmen der Publikationen zu den einzelnen Wohneinheiten bearbeitet.
[2] Zu Holzmöbeln s. Mols, Wooden Furniture; zu Möbeln allgemein s. Richter, furniture.
[3] Allgemein zum Hanghaus 2 s. Beitrag Thür.
[4] In SR 24, SR 28 (Wohneinheit 2), SR 6 (Wohneinheit 1), B 17 (Wohneinheit 3) und in Raum 22 (Wohneinheit 4); in der Wohneinheit 1 ist ein Podest auch im cubiculum SR 10a vorhanden, s. E. Rathmayr, Auswertung, in: Krinzinger, WE 1 und 2, Kap. B.XIX.2.1; Thür, WE 4, 73f.
[5] Thür, Privatbibliotheken, 205-210; s. auch Beitrag Tschannerl.
[6] s. Beitrag Zluwa.
[7] s. Beitrag Rembart.
[8] s. Beitrag Sommer-Nordmeyer.
[9] Zu Tischen aus Marmor s. C.F. Moss, Roman marble tables (1988).
[10] Rathmayr, Götter- und Kaiserkult, 124-128; U. Quatember, ego Lar sum familiaris ... Private Frömmigkeit und Religionsausübung im Hanghaus 2 in Ephesos, Forum Archaeologiae 13 / XII / 1999.
[11] E. Rathmayr, Auswertung, in: Krinzinger, WE 1 und 2, Kap. B.XIX.2.3.
[12] Vgl. Dickmann, Domus, 281f.
[13] Klatt, Klapptische, 362-364. 368; Kowalleck - Rathmayr, WE 1 und 2, Kap. B.XIII.2.1 Kat. B-B 6. B-B 129.
[14] s. Beitrag Nordmeyer - Sommer.
[15] Jilek, Mobiliar, 89 Taf. 27 Abb. 111. Zur Ausstattung von Raum 26 s. Beitrag Reuckl.
[16] Zu anderen als Antiquitäten zu bezeichnende Stücke aus dem Hanghaus 2 s. E. Rathmayr, Skulpturen, in: Thür, WE 4, 226f.; Kowalleck - Rathmayr, WE 1 und 2, Kap. B.XIII.16.
[17] Kowalleck - Rathmayr, WE 1 und 2, Kap. B.XIII.2.1 Kat. B-B 7; M. David - P.G. David, Restaurierungsarbeiten von 1965-1970, ÖJh 50, 1972-1975, Beibl., 533f.: "Die Randleiste der Tischplatte, von der ein kleines Stück zum Vorschein kam, war mit einem eingelegten Mäander verziert".
[18] Dagegen nimmt Mols für die bronzenen Dreifüsse als Funktion "a formal purpose an", und sieht nur in den Exemplaren aus Holz Speisetische, s. Mols, Wooden Furniture, 51 und 127-129. Jedoch sind in der Wandmalerei auch solche aus Bronze bei Gelageszenen dargestellt. Jene aus Marmor dürften hingegen nicht als Abstellflächen bei Symposien gedient haben, dazu Moss a.O. (Anm. 9) 275f.
[19] Der Kleine Pauly 5 (1979) Sp. 449f. s.v. Symposion (W.H. Gross).
[20] Klinen dienten zum Schlafen und als Liegeplätze beim Mahl, s. Der Kleine Pauly 3 (1979) Sp. 255f. s.v. Kline (W.H. Gross); W. Hoepfner (Hrsg.), Geschichte des Wohnens (1999) 518-520; Mols, Wooden Furniture, 124-127.
[21] L. Pirzio Biroli Stefanelli (Hrsg.), Il bronzo dei Romani. Arredo e suppellettile (1990) 71; zu Klinen und -beschlägen vor allem auch S. Faust, Die Klinen, in: Hellenkemper-Salies, Wrack, 573-606; U. Sobottka-Braun, Rekonstruktion der Klinen, in: Hellenkemper-Salies, Wrack, 999-1006.
[22] Im Gegensatz dazu geben in den Häusern der Vesuvstädte oft Wandnischen oder Alkoven die Standorte für Klinen vor, s. Dickmann, Domus, 219-229 Abb. 59. 61.
[23] s. die Beiträge von Sommer - Nordmeyer und Stökl zur Ausstattung dieser Räume.
[24] Dickmann, Domus, 282-284 mit älterer Lit.
[25] Th. Schäfer, Imperii insignia. Sella curulis und Fasces. Zur Repräsentation römischer Magistrate, 29. Ergh. RM (1989) Kap. I-VI Taf. 1-74 (zur sella curulis).
[26] Kowalleck - Rathmayr, WE 1 und 2, Kap. B.XIII.2.3 Kat. B-B 10 (Klappstuhl aus Eisen); Jilek, Mobiliar, 89 Abb. 112 (Klappstuhl aus Bronze).
[27] Nach Suet. Aug. 43,5 sei Augustus im Marcellustheater auf einer sella curulis, ebenfalls ein Klappstuhl, zusammengebrochen.
[28] Zu den Beschlägen eines Kästchens aus Raum 31 der Wohneinheit 6 s. den Beitrag von Stökl.
[29] Riha, Möbelteile, 12; G. Zahlhaas, Römische Kästchenbeschläge, Bayerische Vorgeschichtsblätter 65, 2000, 143-153 Abb. 1 Taf. 18; M. Kemkes, Truhenbeschläge aus der römischen Villa von Eckartsbrunn, Fundberichte aus Baden-Württemberg 16, 1991, 299-387.
[30] s. Beitrag Swientek.
[31] s. Beitrag Tschannerl.
[32] s. Beitrag Swientek.
[33] Die Haken aus der Wohneinheit 6 waren nicht, wie Jilek, Mobiliar, 90 anmerkt, an der Wand befestigt, sondern, wie ein sich noch in situ befindliches Stück zeigt, am oberen Türsturz.
[34] Zur Ausstattung der repräsentativen Bereiche eines antiken Wohnhauses gehören seit dem Hellenismus v.a. auch Skulpturen, die bei der Gesamtwirkung eines Raumes natürlich zu berücksichtigen sind; für das Hanghaus 2 s. z.B. Rathmayr, Skulpturen, in: Thür, WE 4, 223-227.

© Elisabeth Rathmayr
e-mail: elisabeth.rathmayr@oeaw.ac.at


This article should be cited like this: E. Rathmayr, Möbel und Einrichtungsgegenstände aus dem Hanghaus 2 von Ephesos, Forum Archaeologiae 44/IX/2007 (http://farch.net).



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