Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 44 / IX / 2007

REKONSTRUKTION VON MOBILAR IN DEN RÄUMEN 14 UND 19 DER WOHNEINHEIT 4 IM HANGHAUS 2 VON EPHESOS

Zur Rekonstruktion eines Bordes, eines Wandregals und eines Schrankes in den Räumen 14 und 19 der Wohneinheit 4 (Plan) im Hanghaus 2 in Ephesos (Plan) wird zuerst der Baubefund vorgestellt [1]. Anhand von Vergleichen wird in weiterer Folge versucht, die entsprechenden Möbel zu rekonstruieren.

1. Raum 14 [2]

Die Ostwand ist in voller Höhe des Erdgeschoßes erhalten, das heißt bis zur Unterkante des Balkenauflagers (Abb. 1). Aus der Wand wurde eine Ausnehmung gebrochen, um die Auflage für einen Ziegelgurtbogen zu schaffen, der von der Ost- zur Westwand gespannt war. In diese Wand wurden drei Löcher geschlagen, die ca. 1,40 m über dem Ziegelboden und von der Südwand in einem Abstand von ca. 1,30 m, 0,60 m und 0,80 m liegen. Die Löcher haben einen Durchmesser von ca. 5 cm und reichen bis zu 20 cm in die Wand hinein.
Die drei oben angeführten Löcher in der Ostwand lassen auf ein Wandregal schließen, das in eben diesen drei Löchern an der Wand fixiert war. Die maximale Breite ist durch die Raumbreite mit 3,90 m vorgegeben, die maximale Höhe durch die Ausnehmung für den Ziegelgurtbogen mit 2,45 m. Die Türe in der Nordmauer aus Bauphase III gibt für das Regal eine maximale Tiefe von 0,90 m vor. Da der maximale Wert der Tiefe sehr - nämlich um 0,48 m - von den bei S.T.A.M. Mols angeführten Wandregalen abweicht [3] und von einer gewissen Einheitlichkeit gerade bei Gebrauchsgegenständen in der Antike auszugehen ist, werden für die Rekonstruktion vergleichbare, bei Mols angeführte Regale herangezogen.
Zur Frage, wie so ein Wandregal nun ausgesehen haben kann, sind die drei Löcher in der Ostwand zu berücksichtigen. In ihnen könnte ein Wandregal verankert gewesen sein. Mols führt ein Wandregal aus einem Haus der Insula V 12 in Herculaneum an. Es steht am Boden und setzt sich aus zwei Trägern und sechs Regalbrettern zusammen [4]. Aufgrund dieses Wandregals wird an der Ostwand ein ähnliches rekonstruiert, allerdings mit sechs Trägern (drei an der Wand und drei vor den Brettern) und fünf Regalbrettern (Abb. 2). Auf der Höhe der drei Löcher wird ein Regalbrett angenommen, die weiteren im Abstand von 0,65 m und 1,68 m zum Boden der Bauphase IV'. Etwas unter der Höhe des Trägeransatzes (20 cm tiefer) wird aus statischen Gründen ein abschließendes Regalbrett vorgeschlagen. Hier wäre Platz um Teller und niedrige Gefäße abzustellen. Das Wandregal hätte somit eine Höhe von 2,25 m, eine Länge von 1,5 m und eine Tiefe von 0,42 m. Es würde ausreichend Platz für Küchen- und Tafelgeschirr, aber auch für Lampen und Dinge des täglichen Bedarfs bieten.

2. Raum 19 [5]

Die für uns interessanten Wände sind die Ost-, die Süd- und die Westwand. Die Westwand besteht aus drei Teilen. Der Mittelteil ist 0,65 m breit und 0,45 m dick. Es handelt sich um einen Mittelpfeiler, vor dem ein Laufbrunnen steht. 30 cm über dem Becken ist eine 5 cm tiefe Nut vorhanden, die auf ein Wandbrett aus Holz oder Marmor schließen lässt.
Die Ostwand ist 5,33 m lang, die erhaltene Höhe beträgt 2,20 m. Vor der Wand befindet sich südlich der Tür zum Vestibül 4 ein Tiefbrunnen. Wegen der Durchgänge zu den im Osten angrenzenden Räumen 4 und 5 ist die Wand zweimal für Türöffnungen durchbrochen. Das Fundensemble in der Südostecke weist auf einen Wandschrank oder ein Wandregal zwischen Nymphenbrunnen und Südwand hin. Ein weiteres Indiz für ein solches Möbel ist ein auf der Südmauer vor deren Abtragung noch sichtbarer unverfugter östlicher Wandstreifen und Reste einer Ziegelaufmauerung an der Südseite der Brunneneinfassung. Würde man hier einen Schrank rekonstruieren, wäre das unverfugte Mauerstück nicht sichtbar gewesen und die Ziegelaufmauerung könnte als Begrenzung des Möbels interpretiert werden.

2.1 Rekonstruktion eines Bords an der Westwand[7]

Die oben angeführte 5 cm tiefe Nut an der Westwand über dem Laufbrunnen lässt die Rekonstruktion eines Bordes zu. Sie ist 77,5 cm lang und etwa 2,5 cm hoch [6]. Aus dem Vergleich mit modernen Regalen aus Porzellan, die meist ebenfalls mit 5 cm langen Dübeln an der Wand befestigt und ebenso hoch sind, schlage ich eine Tiefe von 13 cm vor (Abb. 3). Um einen Eindruck von deren Aussehen zu bekommen, wird auf zwei Reliefs im Istanbuler Nationalmuseum mit Darstellungen solcher Borde verwiesen [7].

2.2 Rekonstruktion eines Schrankes in der Südecke der Ostwand

In der Beschreibung des Raumes 19 wurde bereits darauf hingewiesen, dass in der Südostecke möglicherweise ein Schrank stand. Für die Rekonstruktion eines solchen gibt es mehrere Anhaltspunkte: Der Abstand zwischen der südlichen Einfassungsplatte des Tiefbrunnens und der Südmauer beträgt 0,63 m [8]; der unverfugte östliche Wandstreifen dieser Mauer wird nach einer alten Aufnahme (Abb. 4) [9] und dem Vergleich mit den umliegenden Mauern, deren Maße bekannt sind, auf 0,48 x 1,8 m geschätzt. Damit wären die Maximalmaße für den Schrank vorgegeben. Die Südmauer steht in einem Winkel von 88 Grad zur Ostmauer [10], der Schrank wird jedoch rechtwinkelig rekonstruiert. Die unverfugten Wandstreifen an der Südmauer könnten ein weiteres Indiz für einen Schrank sein, da diese Stelle sonst sichtbar und störend gewesen wäre. Bei Mols sind einige Beispiele für Schränke aus Herculaneum zu finden [11], wobei jener aus dem Haus der Insula V 17 [12] am Besten als Vorbild geeignet scheint. Für den Schrank in Raum 19 sind aufgrund seiner Höhe von 1,80 m aber mehr Regalbretter anzunehmen (Abb. 5). Die Abstände zwischen den Regalbrettern des Schrankes in Herculaneum betragen 32 cm, 36 cm und fast 40 cm [13], für die Regalbretter des Schrankes in Raum 19 wird ein Abstand von 35 cm plus Reserve für die Dicke der Bretter vorgeschlagen. Hier hätte man auch das größte in diesem Raum gefundene Gefäß, eine Kanne mit einer Höhe von 20 cm problemlos abstellen können [14].

[1] Allgemein zum Hanghaus 2 s. Beitrag Thür.
[2] Die Baubeschreibung folgt Thür, WE 4, 46-48 Taf. 29, 30, 82.1 (Plan der Bauphase IV').
[3] Mols, Wooden Furniture, Plannr. 155.
[4] Mols, Wooden Furniture, 62 Plannr. 155.
[5] Die Baubeschreibung folgt Thür, WE 4, 49-51 Taf. 31-33, 82.1 (Plan der Bauphase IV').
[6] Thür, WE 4, Taf. 33.3.
[7] Richter, furniture, 115 Abb. 583 und 584.
[8] Thür, WE 4, Taf. 32, 34.3.
[9] Thür, WE 4, Taf. 34.4.
[10] Thür, WE 4, Taf. 82.1 (Plan der Bauphase IV').
[11] Mols, Wooden Furniture, Plannr. 160, 165, 166.
[12] Mols, Wooden Furniture, Kat. 37 Plannr. 160.
[13] Mols, Wooden Furniture, Plannr. 160.
[14] S. Ladstätter, Keramik, in: Thür, WE 4, 348 K 817 Abb. 47 Taf. 200 und 220.

© Georg Zluwa
e-mail: pfarre.neuerlaa@netway.at


This article should be cited like this: G. Zluwa, Rekonstruktion von Mobiliar in den Räumen 14 und Raum 19 der Wohneinheit 4 im Hanghaus 2 von Ephesos, Forum Archaeologiae 44/IX/2007 (http://farch.net).



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