Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 20 / IX / 2001

KURZBERICHT ÜBER DIE ARBEITEN IN PALMYRA 2001

Im Rahmen des deutsch-syrischen Kooperationsabkommens fand vom 3. April bis 16. Mai 2001 eine weitere Kampagne im Areal der hellenistischen Stadt von Palmyra statt (Abb. 1). Für die weitere Finanzierung der Arbeiten ist der Fritz-Thyssen-Stiftung zu danken, für Trägerschaft und administrative Unterstützung der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts, dem Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien und der Generaldirektion der Altertümer und Museen Syriens. Für die bewährte Gastfreundschaft und logistische Unterstützung danken wir allen Mitarbeitern der Außenstelle Damaskus.
Ein Vorbericht über die Ergebnisse der Arbeiten der letzten drei Jahre ist erschienen (DaM 12, 2000, 61ff.) und wird in Wien im September 2001 auf der International Conference on Archaeological Prospection zur Diskussion gestellt.
In der Kampagne 2001 wurde die Grabungsmethodik gegenüber dem Vorjahr modifiziert: Das digitale Dokumentationssystem LISCAD (Abb. 2, vgl. Bericht des Vorjahres) wurde mit der herkömmlichen Methode zeichnerischer Aufnahme von Befunden kombiniert.

Die Kampagne hatte drei Ziele:

  1. Die Erweiterung des Schnittes (I) der Vorjahre sollte gesichertere und genauere Daten liefern über einzelne Bauphasen.
  2. Ein neuer Schnitt (II) im Zentrum des prospektierten Areals der hellenistischen Stadt sollte erste archäologische Hinweise geben über eine monumentale Anlage, die an dieser Stelle im Magnetogramm sichtbar ist (Abb. 3).
  3. Die Bearbeitung der Kleinfunde sollte weitere Aufschlüsse über die Chronologie einzelner Bauphasen aber auch über die Handels- und Wirtschaftsgeschichte Palmyras in früher Zeit geben.

In Schnitt I wurden die Ergebnisse der Vorjahre bestätigt und präzisiert. Mehrere Bau- bzw. Konstruktionsphasen zeichnen sich ab: Sowohl im Bereich der "Hauptstraße" als auch in den Räumen 1 und 2 lassen sich erste bauliche Aktivitäten eindeutig für die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts v.Chr. nachweisen. Größere Umbauten haben im ausgehenden 2. Jahrhundert v.Chr. stattgefunden. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang ein Brunnen in der Hauptstraße (Abb. 4), der bis zu einer Tiefe von 15 Metern unter technisch schwierigen Bedingungen demontiert bzw. ausgehoben werden konnte, und für den die auf dem Boden des Brunnens im Grundwasser geborgenen Funde eine Benutzung im 2. Jahrhundert v.Chr. belegen. Eine dritte Bauphase datiert in frühaugusteische Zeit in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts v.Chr. Nach weiteren baulichen Veränderungen im Laufe des 1. Jahrhunderts wurden im 2. Jahrhundert n.Chr. offenbar keine Baumaßnahmen durchgeführt, was sich möglicherweise damit erklärt, daß in diese Zeit der Hauptausbau der römischen Stadt nördlich des Wadi fällt. Erst für die severische Zeit läßt sich erneut umfangreichere Bautätigkeit nachweisen. Die Nutzung des Areals reicht dann bis an das Ende des 3. Jahrhunderts bzw. Anfang des 4. Jahrhunderts, was möglicherweise mit der Eroberung der Stadt durch Aurelian bzw. den diokletianischen Mauerbau zusammenhängt.
In dem neu angelegten Schnitt II wurden auf einem Areal von 10 auf 11,50 m bis zu drei Meter Tiefe die Mauern eines monumentalen Baus freigelegt (Abb. 2. 5). Auch hier waren die unteren Mauerlagen aus Kalkstein, die weiter aufgehende Wand in Lehmziegelkonstruktion errichtet. Der obere Wandabschluß war mit reichen Stuckgesimsen dekoriert, die Wände selbst mit farbiger Wandmalerei mit z. T. vegetabilischen Motiven in kräftigen bunten Farben (rot, grün, gelb, blau, weiß, Abb. 6). Stuckgesimse und Malerei lassen sich aus den zahlreichen Fragmenten rekonstruieren, die im Versturz geborgen werden konnten. Eine erste Sichtung des zugehörigen Fundmaterials legt eine Nutzung des Baus vom 1. bis in das 3. Jahrhundert n.Chr., eine Datierung des Stuckes und der Wandmalerei in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts n.Chr. nahe.
Unter den gemachten Kleinfunden sind die große Menge an Keramikscherben, Lampen, Webgewichte, Glas-, Bronze- und Beinfragmente sowie einige Münzen hervorzuheben. Alle diese Funde müssen noch untersucht und ausgewertet werden. Vorläufig lassen sich aber einige der früher gemachten Beobachtungen bestätigen: So lassen sich bei den Amphoren lokale und auswärtige Produktionen (u. a. aus Rhodos, Nordafrika, Ägypten, Palestina, Mesopotamien), aber auch verschiedene Inhalte (Wein, Olivenöl, garum) unterscheiden. Auch der übrige Keramikbefund (etwa Kochgeschirr aus Tarsus und Antiochia, nordafrikanische Ware und parthische Glasurkeramik) bestätigen die weitreichenden Handels- und damit Kulturbeziehungen Palmyras bereits seit dem 3. Jahrhundert v.Chr.
Einige der Kleinfunde verdienen besondere Erwähnung: Ein kleines Kalksteinrelief mit der Darstellung eines Kriegers oder eines Palmyrenischen Gottes (Abb. 7); eine Tessera aus Ton (Abb. 8) mit der bisher auf diesen Denkmälern unbekannten Darstellung der sitzenden Stadtgöttin mit einer Abbreviation der Efqa-Quelle zu ihren Füßen und (auf dem Revers) der Darstellung eines Priesters mit der Inschrift "Moqimo, Sohn des [...]"; eine komplett erhaltene Öllampe mit der Darstellung des Sonnengottes (Abb. 9 links) und eine Lampe mit der bisher auf Lampen nicht nachgewiesenen Nennung des Gottes "Jarhibol" (Abb. 9 rechts); eine Haarnadel aus Elfenbein (Abb. 10 links) und eine fragmentarisch erhaltene Münze wahrscheinlich des Kaisers Caracalla aus der Münzstätte von Tripolis/Phönizien (Abb. 10 rechts).

Für künftige Kampagnen ist geplant, einerseits die Testschnitte zu erweitern, andererseits durch eine "Gegenprobe" an anderer Stelle, weiter im Osten des "hellenistischen Hügels", die Ergebnisse zu verifizieren bzw. modifizieren. Parallel dazu sollen die Stuck- und Wandmalerei-Fragmente sowie die Kleinfunde, insbesondere Keramik und Münzen bearbeitet werden. Insgesamt sollen dabei die Funde und Befunde aus Palmyra mit jüngsten Grabungsergebnissen anderer Orte in der Region, insbesondere Apamea, Dura-Europos und Hatra, verglichen werden, an denen in den letzten Jahren ebenfalls hellenistische Straten des 3. Jahrhunderts freigelegt und untersucht worden sind.

© Andreas Schmidt-Colinet & Mitarbeiter
e-mail: andreas.schmidt-colinet@univie.ac.at

This article will be quoted by A. Schmidt-Colinet, Kurzbericht über die Arbeiten in Palmyra 2001, Forum Archaeologiae 20/IX/2001 (http://farch.net).



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