Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 11 / VI / 1999

DIE VILLA VON HÖFLEIN - AUBÜHELN
EIN SPÄTANTIKES LANDGUT

Die Weinbaugemeinde Höflein liegt 5 km südlich der Donau an den hügeligen Ausläufern des Maria Ellender Waldes, nahe Bruck an der Leitha. Bezogen auf die antike Topographie gehören die in Höflein von der Limeskommission am Ende des vorigen Jahrhunderts festgestellten und jüngst durch die Tätigkeiten des Projektes 'Archäologie in Höflein' weiter untersuchten römischen Denkmäler sowohl zum Hinterland des Limes als auch zum Umfeld der Provinzhauptstadt Carnuntum. Beide Aspekte prägten nachhaltig die Art und Zusammensetzung der römerzeitlichen Anlagen. Die militärische Sicherung wichtiger Straßen, in diesem Fall der Verbindung Carnuntum - Scarabantia, wird durch die in der Flur 'Geißbergen' und 'in der Sulz' festgestellten Wachtürme, vor allem aber durch das auf dem Kirchenberg in Höflein nachgewiesene Kleinkastell vertreten. Einen, besonders auch für die Versorgung der antiken Großstadt Carnuntum, wesentlichen Gesichtspunkt stellt die bisher zu wenig intensiv beleuchtete landwirtschaftliche Infrastruktur des Umlandes von Carnuntum dar.
1992 - 1996 erfolgte im Rahmen des Projektes 'Archäologie in Höflein' die Untersuchung einer bislang unbekannten villa rustica in der nordwestlich von Höflein gelegenen Flur Aubüheln. Die Baureste des Hauptgebäudes der villa rustica wurden am Nordhang der ein sanftes Tal bildenden Flur entdeckt. Das Gebäude war dem Hanggefälle folgend angelegt und nach Süden auf den anhand von Grabfunden und eines Wachturmes zu erschließenden Verlauf einer antiken Straße ausgerichtet. Der rechteckige Baukörper besaß eine Ausdehnung von 19,6 x 13,6 m und war an der Südfront mit je einem rechteckigen Vorbau und einer Apsis ausgestattet. Wohntrakt und Wirtschaftsräume der deutlich in zwei Bereiche geschiedenen Anlage gruppierten sich um einen wohl von der Ostseite her zugänglichen offenen Innenhof. Die Westhälfte der Villa wird dabei von den größtenteils durch Schlauchheizungen temperierten Wohnräumlichkeiten eingenommen, deren zentrales Element ein mit einer Apsis ausgestatteter Saal bildet.

Abb. 12: Die villa rustica von Aubüheln im heutigen Zustand;
die Heizkanäle sind durch rote Schotterungen angezeichnet

Bedingt durch die landwirtschaftliche Nutzung des Geländes war der Baubefund nur in den untersten Fundamentscharen bzw. durch Ausrißgruben dokumentiert. Trotzdem ließ sich anhand der Stratigraphie und der Baureste eindeutig erkennen, daß die villa rustica nur eine einzige Bauperiode besaß. Die Verwendung von Schlauchheizungen verweist dabei auf die spätantike Epoche. Details der Fußbodenheizung, wie die Verwendung von tubuli als Ersatz für Hypokaustpfeiler, finden ihre engste Parallele in den Wohnbauten der sog. valentinianischen Bauperiode 5 im Legionslager von Carnuntum.
Dieser chronologischen Einordnung entspricht auch die Zusammensetzung des Fundmaterials aus der Villa in Aubüheln. Hier sind zunächst 72 antike Fundmünzen zu nennen. Sie stammen aufgrund der Fundlage zum Großteil von einem durch den Pflug zerstreuten Hortfund, der ursprünglich in einem Raum in der Nordwestecke des Gebäudes verwahrt wurde. Dieser kleine Hort beinhaltet Münzen aus dem Zeitraum von Constantin d. Gr. bis Arcadius. Der Schwerpunkt liegt dabei bei Emissionen der späteren 2. Hälfte des 4. Jhs. Bedingt durch die lange Laufzeit spätantiker Münzen, läßt sich der Nutzungszeitraum der villa rustica von Aubüheln klarer durch die Evidenz der übrigen Fundgattungen stützen. Zwar waren die Bodenniveaus der einzelnen Räume zum größten Teil zerstört, dennoch blieben im tiefer gelegenen Hofareal und in einigen unmittelbar anschließenden Bereichen wichtige Fundkomplexe unterhalb des verstörten Ziegeldachs des Gebäudes erhalten. Sie können mit der Aufgabe des Gebäudes und seiner Zerstörung in Verbindung gebracht werden.
Im nordöstlichen Hofbereich fanden sich in einem Kontext mehrere beinahe vollständige Gefäße. Neben einem grautonigen Topf mit sichelförmigem Rand lagen glasierte Gefäße: ein Henkelbecher, eine Reibschale und ein Krug. Wichtig für die Chronologie der Villa ist jedoch der ebenfalls in diesem Fundensemble enthaltene Oberteil eines grautonigen Kruges mit Einglättverzierung, der anhand von Parallelen in das frühere 5. Jh. datiert werden kann.
Basierend auf dieser chronologischen Einordnung stellt die Villa von Höflein bisher den ersten Beleg für die spätantike Neugründung eines Landgutes im Carnuntiner Raum dar. Die vermehrte Anlage kleiner Landgüter in der Art von Aubüheln stellt - Untersuchungen im Südostbalkanraum zufolge - im 4. Jh. eine allgemein zu beobachtende Entwicklung dar. Kleine landwirtschaftliche Produktionseinheiten, oft in Abhängigkeit von größeren Domänen, lösen die bisher vorherrschende Struktur unabhängiger, mittelgroßer Landgüter ab. In dieser Hinsicht bildet die villa rustica von Aubüheln eine wichtige Ergänzung zu der in der Spätantike großzügig ausgebauten Herrschaftsvilla von Bruckneudorf.
Die im Grundriß des Wohngebäudes von Aubüheln dominierende Stellung des großen quadratischen Saales mit Apsis, der sog. Aula, zeigt, daß der Besitzer der Villa von Aubüheln zu den gleichen Repräsentationsbauformen griff wie sein vermutlich imperialer Nachbar in Bruckneudorf. Ob sich in diesem herrschaftlichen Anspruch reale Besitzverhältnisse über Grund und Boden oder lediglich projektierte Wunschvorstellungen widerspiegeln, bleibt auf der Basis zusätzlicher Evidenz noch zu untersuchen. Dem bislang in der Forschung noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkten Bild der Spätantike im Gebiet um Carnuntum fügt die Villa von Höflein - Aubüheln einen weiteren wichtigen Mosaikstein hinzu.

Literatur:
R. Kastler, Archäologie in Höflein. Tätigkeitsbericht 1995 und 1996, CarnuntumJb 1998, 136ff.

© Raimund Kastler
e-mail: Raimund.Kastler@oew.ac.at



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