Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020

DIE SEGGAUER RÖMERSTEINWAND
Zeitgemäße Dokumentation in 3D

Im Zuge der Sanierung der Außenfassade der sogenannten Römersteinwand im südsteirischen Schloss Seggau wurde im Frühsommer 2019 an der Außenfassade sowie in den drei Durchgängen, die in einen dahinterliegenden Gang führen, der das Mauerwerk schädigende Zementverputz abgeschlagen und mit einem Kalkverputz ersetzt.
Durch diese Arbeiten war es möglich, die 98 freiliegenden Römersteine erstmals seit der Errichtung der Wand 1831 ohne Verdeckung durch den Verputz umfassend zu dokumentieren. Dabei kamen nach einer vorsichtigen Reinigung einige archäologisch relevante Details in den Randbereichen der Steine und an den in die Wand hineinragenden Seitenflächen zutage.
Aufgrund des knappen Zeitfensters von nur zwei Wochen wurde für die Dokumentation der gesamten Wand, des dahinterliegenden Ganges und des angrenzenden Stiegenhauses ein Terrestrischer Laserscanner verwendet, für die einzelnen römerzeitlichen Werksteine Structure-from-Motion. Das Ergebnis sind eine hochgenaue Punktwolke des Gebäudeteils sowie hochaufgelöste texturierte 3D-Modelle der einzelnen Römersteine im Mauerverband (Abb.). Das umliegende Mauerwerk in diesen 3D-Modellen wurde in einem weiteren Schritt virtuell entfernt, um eine optimale Dokumentation der sichtbaren Steinoberfläche zu erreichen. Sämtliche Daten sind mit Hilfe tachymetrischer Einmessung georeferenziert und skaliert.

Auf Basis einer Fusion des Laserscans mit dem Structure-from-Motion wurden orthogonale Ansichten und vertikale Schnitte des Gebäudeteils entsprechend einer modernen Bauaufnahme erstellt. Von allen Römersteinen liegen maßstabgetreue Orthoansichten der sichtbaren Seitenflächen vor.
Mit diesen Daten konnten zusammengehörende Bruchstücke von an verschiedenen Stellen eingemauerten Römersteinen dreidimensional zusammengestellt und die vielfach bisher nicht genau bestimmten Maße der Steine festgestellt werden.
Daraus ergibt sich die Möglichkeit, neben neuen Erkenntnissen zur Baugeschichte der Römersteinwand, Fragen zum ursprünglichen Aussehen der Grabbauten zu beantworten und unter Zuhilfenahme der gewonnenen exakten Steinmaße Werkstattzusammenhänge zu erschließen.
Im Frühjahr 2020 wird die Erneuerung des Verputzes an der Innenseite des Ganges fortgesetzt. Im Zuge dieser Arbeiten werden auch die dort eingemauerten Römersteine mit derselben Methodik dokumentiert. Nach Abschluss der Dokumentation sollen die 3D-Modelle frei zugänglich gemacht werden.

© Paul Bayer, Stephan Karl
e-mail: paulbayer@gmx.net, stephan.karl@chello.at

This article should be cited like this: P. Bayer – S. Karl, Die Seggauer Römersteinwand. Zeitgemäße Dokumentation in 3D, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).



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