DIE GEOPHYSIKALISCHE PROSPEKTION
"Deshalb soll man nie müde werden, immer neue Methoden zu erproben." (Columella)



Einleitung

In der archäologischen Feldforschung werden verschiedenste sogenannte Prospektionsmethoden eingesetzt, durch deren Anwendung man im Vorfeld der eigentlichen Ausgrabungstätigkeit schon eine Vielzahl von Informationen über den späteren Befund erhält. Die wohl bekannteste Methode ist die Luftbildarchäologie, weniger geläufig ist die geophysikalische Prospektion, bei der im Boden verborgene Strukturen durch Messungen physikalischer Eigenschaften des Bodens erfaßt werden können. Die Geomagnetik und die Geoelektrik sind dabei die wichtigsten in der Archäologie angewandten Methoden die auch zur Prospektion der römischen Villen in Altheim zum Einsatz kamen. Die durch diese Arbeiten gewonnen zerstörungsfreien Einblicke in den Boden zeigen einen Überblick über die vorhandenen Strukturen und dienen dem Archäologen zur effizienten Planung der folgenden Ausgrabungen.

Methodische Grundlagen

Voraussetzung für die Meßbarkeit von Bodendenkmälern ist ein Kontrast zwischen deren physikalischen Eigenschaften und jener der sie umgebenden Materialien. Für archäologische Anwendungen werden meist eigene Meßkonfigurationen verwendet, mit denen eine flächige, rasterförmige Erkundung mit Meßpunktabständen von unter einem Meter in kurzer Zeit möglich sind. Die Auswertung der großen Datenmengen geschieht mit Hilfe der digitalen Bildverarbeitung. Durch diese graphische Darstellung der gemessenen Kontraste steht rasch eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung, die zur Planung von Ausgrabungen eine enorme Hilfe sind.

Die geomagnetische Prospektion basiert auf dem Erdmagnetfeld, dessen Entstehung nicht völlig geklärt ist, jedoch wird im allgemeinen angenommen, daß sich der feste Erdmantel mit einer anderen Geschwindigkeit um die Erdachse dreht als die obere plastische, metallische Sphäre des Erdkerns. Dabei entstehen Strömungen, die als Verursacher für das Magnetfeld angesehen werden. Das Feld ist an der Oberfläche ziemlich regelmäßig und wird in der Einheit nT (Nanotesla) gemessen, wobei es in unseren Breiten eine Stärke von ca. 48000 nT aufweist. Um nun archäologische Strukturen erkunden zu können, erfaßt man punktgenau und mit hoher Auflösung sogenannte magnetische Anomalien, die durch die Bodendenkmäler im Erdmagnetfeld erzeugt werden. Es sind dies sehr geringe lokale Abweichungen von etwa 0,1 bis 100 nT, die durch die unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften des Bodens entstehen.

Die Magnetisierbarkeit (Suszeptibilität) des Untergrundes hängt im wesentlichen von den im Boden enthaltenen Eisenverbindungen (Magnetit, Maghämit und Hämatit - letzterer ist schwächer magnetisch als die beiden anderen) ab. Die oberen Bodenschichten zeigen, verglichen mit den unteren Horizonten, eine erhöhte Suszeptibilität. Dadurch sind mit Oberflächenmaterial gefüllte Gruben und Gräben mit ursprünglich mehr oder weniger organischem Inhalt prospektierbar, die als positive Anomalien im Magnetfeld erscheinen. Objekte aus Lehm oder Ton erhalten durch das Brennen eine bleibende Magnetisierung (thermoremanente Magnetisierung). Dadurch sind Feuerstellen, Herde, Öfen oder Lehmziegel meßbar. Negative Anomalien werden von Straßen, Mauern, Fundamenten und dergleichen verursacht, sofern das unmagnetische Steinmaterial in einer magnetischen Umgebung eingebettet ist.

Zur magnetischen Prospektion bedarf es natürlich eines hochempfindlichen Meßgerätes. In Österreich konnte in mehrjähriger Entwicklungsarbeit ein fahrbares Cäsium-Gradiometersystem für den Einsatz in der Archäologie aufgebaut werden (Abb. 1). Es besteht aus zwei Cäsiumsensoren, der entsprechenden Meßelektronik, einer automatischen Datenerfassung, einem Positionierungssystem und der Stromversorgung. Vereinfacht gesagt stellt ein Cäsiumsensor eine kleine atomare Absorptionseinheit dar, von der ein Signal proportional der herrschenden Magnetfeldstärke abgeleitet wird. Die entsprechen Meßelektronik verarbeitet dieses Signal, so daß die Feldstärke in Nanotesla (nT) angezeigt oder registriert werden kann. Das Erdmagnetfeld ist jedoch nicht konstant, sondern zeigt beträchtliche zeitliche Variationen in Größenordnungen weit über den Störungen, welche durch archäologische Objekte verursacht werden. Aus diesem Grund wird mit zwei Sensoren im Differenz- oder Gradientenmodus gearbeitet. Die zeitlichen Schwankungen werden von beiden Sensoren gleichzeitig erfaßt und sind in der Differenz der beiden Meßwerte nicht mehr enthalten.


Abb. 1: Cäsiumgradiometersystem zur magnetischen Prospektion im Einsatz
Bei dem verwendeten Cäsiumgradiometer sind die Sensoren in einem Plexiglasrohr variabel montierbar. Die Standardanordnung beläßt den ersten Sensor 0,5 m, den zweiten Sensor 2,0 m über dem Boden. Um einen vertikalen Gradienten zu erhalten, darf dieses Rohr jedoch mit dem Meßwagen nicht fest verbunden sein, weshalb es mit einer kardanischen Aufhängung an einer Platte befestigt ist, die wiederum gefedert in einem Aufbau aufliegt. Der Wagen selbst ist aus unmagnetischen Materialien, Holz und Hartplastik, gebaut. Damit in regelmäßigen Abständen Meßpunkte gesetzt werden, wird die Raddrehung abgetastet, um daraus Distanzimpulse zu erzeugen. Diese Impulse werden über ein Kabel an die Meßelektronik und Datenerfassung weitergegeben. Die Kontrolle des Meßvorganges geschieht durch zwei akustische Signale, deren erstes die Meßwerte in ein variierendes Brummen umsetzt, wobei das zweite, ein kurzes Piepsen, jeden gespeicherten Meßwert markiert.

Für die Meßaufnahme wird das Gebiet mit einem Theodoliten in 20 x 40 m Quadranten unterteilt und absolut in Gauß-Krüger Koordinaten eingemessen. Gemessen werden diese Quadranten in einem Raster von 50 x 50 cm. Zur Markierung des Rasters werden leicht zu spannende Meßleinen mit Markierungen verwendet. Aufgrund der sich ständig ändernden Oberflächenbeschaffenheit und der unterschiedlichen Rauheit von einzelnen Feldern werden die Positionsimpulse zuerst für jeden Quadranten auf einer Testlinie gezählt und zur Kalibrierung verwendet. Das ganze System wird von vier Personen bedient, wobei eine Person frei ist für den Datenaustausch, Problembehebung, Kontrolle der Ergebnisse usw. Unter normalen Bedingungen können an einem Tag, einschließlich der Auf- und Abbauarbeiten bis zu einem Hektar magnetisch prospektiert werden.



Abb. 2: Magnetogramm der römischen Villa rustica in Altheim / Weirading. Meßdynamik [-3.9/3.3] nT in 256 Graustufen.
Für die Auswertung werden die Meßdaten gespeichert und später mittels einer eigens entwickelten Software in Graustufen übersetzt. Jeder einzelne Meßwert wird durch ein Pixel (Bildpunkt) auf dem Bildschirm repräsentiert. Bei der Verwendung von 8 Bit für die Darstellung der Meßwerte können 256 Graustufen in Anspruch genommen werden, von 0 (schwarz) bis 255 (weiß). Soll die Meßgenauigkeit auch im digitalen Bild (Abb. 2) erhalten bleiben, muß jedes Zehntel nT zumindest durch einen Grauwert abgebildet werden, jedoch kann dadurch nur ein Schwankungsbereich von ± 12,7 nT visualisiert werden. Hierbei wird dem Meßwert 0,0 nT der mittlere Grauwert 127 zugewiesen, Werte größer als 12,7 werden dadurch weiß, solche kleiner als -12,7 nT schwarz. Durch die Graustufen im Bild (Magnetogramm) werden die Anomalien gut sichtbar.
Schlecht erhaltene Mauerstrukturen oder Fundamentreste zeigen meist nur geringe magnetische Kontraste. Sie sind jedoch durch die Geoelektrik gut zu erfaßen. Dabei wird durch das Einbringen von Strom in den Boden mit zwei Elektroden ein Feld aufgebaut. Über zwei weitere Elektroden wird eine Potentialdiffernz gemessen, die es erlaubt den scheinbaren, spezifischen Bodenwiderstand zu ermitteln. Mauern oder Steinstrukturen zeigen bedeutend höhere Widerstandswerte als humoses oder lehmiges Material. Nach einer ersten Lokalisierung der Mauerreste durch die magnetische Prospektion werden die entsprechenden Flächen mit der zeitaufwendigeren Widerstandskartierung zusätzlich untersucht. Die Auswertung der Daten erfolgt in Kombination mit den magnetischen in Form eines Bildes (Abb. 3). Die durch die Prospektion festgestellten Befunde werden in einem eigenen Interpretationsplan herausgezeichnet und dienen als Grundlage für die weiteren archäologischen Untersuchungen.


Abb. 3: Digitales Bild der Widerstandskartierung der Villa rustica in Altheim / Weirading. Meßdynamik [90/190] m in 256 Graustufen.

Prospektion in Altheim

Von 1991 bis 1996 wurden im Gebiet Altheim immer wieder Prospektionsarbeiten durchgeführt. Dabei wurden die römischen Villen in Simmetsberg, Wagham und Weirading mit magnetischen und elektrischen Verfahren untersucht. Aus Anlaß des Beginns der systematischen Ausgrabungsarbeiten in Weirading sollen die Ergebnisse der Prospektion exemplarisch für die anderen Villen dargestellt werden.

Bereits 1991 wurde in Weirading eine erste magnetische Prospektionsmessung durchgeführt. Aufgrund von oberflächlichen Funsdstreuungen (Kalktuffe, Ziegelfragmente, Keramikscherben) konnte die Lage der Villa grob lokalisert werden. Die erste Messung zeigte dann auch bereits die Fundamente des Hauptgebäudes. Aufgrund der guten Ergebnisse und zur Beurteilung der umliegenden Fläche wurde im Jahr darauf die magnetische Messung in einem Raster von 0.5 m auf eine Fläche von 200 x 185 m ausgedehnt, das entspricht 145.450 Einzelmessungen (Abb. 2). Die bereits aus dem Magnetogramm erschließbaren Mauerstrukturen konnten durch eine Widerstandsmessung (Abb. 3) noch verdeutlicht werden. Dabei wurden bisher 24.000 Einzelmessungen vorgenommen und als Bilder visualisiert.



Abb. 4: Kombinationsbild der magnetischen und elektrischen Prospektion der villa rustica in
Altheim / Weirading.



Abb. 5: Kombinationsbild der magnetischen und elektrischen Prospektion der villa rustica in
Altheim / Weirading.
Aufgrund der bisherigen Prospektionsergebnisse (Abb. 4, 5) konnte eine ausgedehnte Villa rustica kartiert werden. Das Hauptgebäude liegt an der nordöstlichen Seite eines vermutlich quadratischen ummauerten Innenhofes von 48 m Seitenlänge. Entlang der nordwestlichen Hofseite führt ein ursprünglich wohl überdachter Gang zu einer Badeanlage die an der südwestlichen Ecke des Inenhofes liegt. Das Hauptgebäude scheint eine Grundfläche von 700 bis 1000 m2 zu besitzen, ein stattlicher Hof. Aufgrund der Messergebnisse lassen sich auch die Raumaufteilung im Inneren der Gebäude deutlich ausmachen. Im Magnetogramm lassen sich thermoremanent magnetisierte Anomaliebereiche als große weiße Flächen erkennen. Dabei könnte es sich um die Reste der Fußbodenheizungen (Hypokauste) oder auch teilweise um Dachziegel handeln. Aufgrund der Widerstandsmessung lassen sich im Inneren der Badeanlage noch Reste der ehemaligen Estriche vermuten.
Nördlich und südöstlich der Villa lassen sich zwei ausgedehnte Flächen mit strukturiert angeordneten, äusserst starken Anomalien im Magnetogramm erkennen. Ihre Ursache dürfte in thermoremanent magnetisierten Objekten oder Strukturen liegen. Die zukünftigen Widerstandsmessungen werden zeigen ob wir es hier vielleicht mit einem Ziegelbrennofen oder einer Töpferei zu tun haben. Die Meßarbeiten werden im Herbst 1996 weitergeführt.

© W. Neubauer - P. Melichar


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