Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 9 / XII / 1998

STADTARCHÄOLOGIE WIEN.
Fundort Wien - Berichte zur Archäologie

Wer je Europa von West nach Ost oder von Nord nach Süd durchqueren wollte, hatte fast zwangsläufig seinen Weg über Wien zu nehmen. Zu dieser vorteilhaften Verkehrslage gesellten sich ein ausgesprochen günstiger Lebensraum mit hochwassersicheren Terrassen für die Siedlung, fruchtbaren Lössböden für die Landwirtschaft, sonnenbeschienenen Hängen für den Weinbau, Flüsse mit reichen Fischbeständen und Wälder mit Holz für den Haus- und Schiffbau. Alle, die hier durchzogen, und alle, die hier seßhaft wurden, haben ihr Erbe hinterlassen – genetisch wie materiell. Auch wenn andere Städte mit spektakuläreren Bodenfunden aufwarten können, so ist doch kaum eine andere Region in Europa in der Vielfalt des archäologischen Erbes mit Wien vergleichbar. Dieser Vielfalt gilt die neu konzipierte Schriftenreihe* "Fundort Wien – Berichte zur Archäologie".

Ab nun berichtet die Stadt Wien über jene Teile ihrer Vergangenheit, die für kurze Zeit aus dem Boden auftauchen, um sofort und auf immer zu verschwinden. Doch wie fast bei allem in Österreich, findet auch die archäologische Fundberichterstattung bereits unter dem Doppeladler ihre Vorgänger: Zuerst in der Fundchronik von J. G. Seidl, die zwischen 1846 und 1867 erschien, dann in den Fundberichten (1896–1910) von Fr. v. Kenner, die den Bauboom vor dem ersten Weltkrieg spiegeln, und schließlich in den Ausgrabungen und Funde im Wiener Stadtgebiet (1948-1950) von A. Neumann, die als archäologisches Nebenprodukt bei der Beseitigung des Bombenschuttes anfielen.

Abb. 1: Awarengrab in Wien - Simmering. Photo: C.P. Huber
Abb. 2: Die Ausgrabungen im spämittelalterlichen Judenviertel Wiens

An diese Spur in die Vergangenheit soll "Fundort Wien – Berichte zur Archäologie" anschließen. Die Zeitschrift will über die aktuellen Ausgrabungsergebnisse auf Wiener Stadtgebiet berichten und die Monographienserie "Wiener Archäologische Studien", von der bisher ein Band erschienen ist und sechs in Vorbereitung sind, ergänzen. „Fundort Wien" bedeutet - in einem erweiterten Sinn - "in Wien zu finden". Damit können auch Themen und Fragestellungen, die in der Wiener Archäologie auf Parallelen treffen oder gar zur Erhellung der Fundsituation in Wien beitragen können, aber im rein geographischen Sinne außerhalb der Stadtgrenzen angesiedelt sind, berücksichtigt werden.

Inhalt des im November erschienenen ersten Bandes "Fundort Wien":

Fundchronik
Grabungsberichte 1997

Aufsätze

Forschungen am Wiener Judenplatz

  • Helgert H., Die Or Sarua-Synagoge auf dem Judenplatz. Ausgrabungen im spätmittelalterlichen Judenviertel Wiens
  • Chmelar W. - Helgert H., Die römischen Kasernen unter dem Judenplatz
  • Mitchell P., Siebenhundert Jahre Wiener Hausgeschichte am Beispiel Judenplatz Nr. 8
  • Helgert H., Das archäologische Projekt Judenplatz 1995-97

    Öffentlichkeitsarbeit

  • Strohschneider-Laue S., Über die Unbezahlbarkeit freiwilliger Helfer
  • Strohschneider-Laue S., Initiative Juniorarchäologie oder: Wieviel Archäologie braucht die Schule?
  • Kleinecke G., Wenn Tonscherben wieder zu Gefäßen werden: Keramikrestaurierung mit der Unterstützung von SeniorarchäologInnen

    Stadtarchäologie und Computer

  • Börner W., Archäologie und Computer
  • Hofmeister U., DAWISA 1.0: Die Grabungs- und Funddatenbank der Stadtarchäologie Wien
  • Bauer I., Ausgrabung Judenplatz 1995--97: Die digitale Erfassung der archäologischen Zeichnungen und ihre Bearbeitung
  • Börner W. - Öllerer Ch., Der 'Archäologische Kataster' im Rahmen des Schutzzonenprojekts der Stadt Wien
  • Stipanits U., Über 100 Jahre handschriftliche Fundmeldungen und ihre EDV-gestützte Erfassung
  • Mosser M., Das Legionslager Vindobona - EDV-gestützte Erfassung alter und neuer Grabungen
  • Mader I., Die EDV-gestützte Erfassung der archäologischen Fundstellen im 3. Wiener Gemeindebezirk
  • Sakl-Oberthaler S., Die archäologische Betreuung der U3-Baustelle in Wien, Simmering

    Grabung und Aufarbeitung

  • Ranseder Ch., Die hallstattzeitliche Siedlung in Wien-Oberlaa
  • Wölfl K., Ausgrabung Unterlaa - Ein Siedlungskomplex im Hinterland des Limes
  • Huber E.H., Neu entdeckte Awarengräber in Wien, Simmering
  • Müller M., Neue Forschungen zu Schloß Kaiserebersdorf: Stand 1997
  • Czeika S., Tierknochenfunde - Archäozoologie
  • Chinelli R., Die Reibschalen der Grabung Michaelerplatz 1990-91: Archäometrische Analysen

    Vorschau:

    Fundort Wien – Berichte zur Archäologie 2, 1999 erscheint im Herbst 1999.
    Geplant sind u.a. Beiträge zu folgenden Themen:

    Abb. 4: Die Weihinschrift eines römischen Soldaten aus der Zeit des ausgehenden Heidentums. Ein antikes Heiligtum unter einer der größten mittelalterlichen Synagogen Europas?
    Photo: N. Sautner, 1999
  • Die zweite Genius-Weihung aus Wien – Ein Neufund vom Judenplatz (Abb. 4)
  • Altgrabungen im Bereich des Legionslagers – Teil 1: Judenplatz und Umgebung.
  • Ein Trifoliarkannenhenkel aus Wien.
  • Der Kleinmariazeller-Hof – Ein spätmittelalterlicher Befund aus dem Wiener Stadtkern.
  • Römische Befunde aus der Hafengasse, Wien 3.
  • Ein urnenfelderzeitlicher Pfostenbau am Leberberg, Wien 11.
  • Frühe urnenfelderzeitliche Siedlungsspuren im Bereich von Etrichstraße und Csokorgasse, Wien 11.
  • Die Haupt- und Nebenmonumente pannonischer Grabbezirke nach ihren Inschriften.
  • Die Priscianeraedicula von Sempeter – Architektur und Statik.
    Neue Methoden der Restaurierung von Tierknochen.
  • In der Fundchronik wird ausführlich über die Ausgrabungen der Stadtarchäologie Wien des abgelaufenen Jahres berichtet.

    * "Fundort Wien – Berichte zur Archäologie" ist beim Phoibos-Verlag zu beziehen. Im Rahmen des Aufbaus unserer Bibliothek sind wir gerne bereit, Schriften auch zu tauschen.

    © Forschungsgesellschaft Wiener Stadtarchäologie
    e-mail: KRO@gku.magwien.gv.at



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