Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 77 / XII / 2015

INSTITUT FÜR SÜDOSTALPINE BRONZE- UND EISENZEITFORSCHUNG / ISBE

Das Institut für südostalpine Bronze- und Eisenzeitforschung ISBE ist eine interdisziplinäre Dienstleistungs- und Forschungseinrichtung auf Vereinsbasis. Das Interesse gilt hierbei vor allem dem Südostalpenraum in allen Perioden menschlicher Besiedlung (Altsteinzeit bis Neuzeit), mit einem Schwerpunkt in der Bronze- und Eisenzeit. Schutz, Erhalt und Dokumentation von Boden- und Baudenkmälern sowie von Funden steht hierbei an vorderster Stelle.
Besonderes Augenmerk legen wir auch auf eine fundierte wissenschaftliche Bearbeitung der gewonnenen Fakten und eine rasche Publikation der Ergebnisse. Dabei ist uns die allgemein zugängliche Präsentation unserer Forschungen stets ein besonderes Anliegen. Zahlreiche Vorträge zu unseren jeweils aktuellen Forschungen, Führungen während unserer Ausgrabungstätigkeit, die Durchführung von interaktiven Schulprojekten, die Konzeption und Gestaltung von Ausstellungen gehören neben der fundierten wissenschaftlichen Erforschung zu den Hauptanliegen von ISBE.
Zwei landschaftsarchäologische Projekte bilden unseren derzeitigen Forschungsschwerpunkt.

ALEA – Archaeology – Landscape – Environment – Aichfeld/Murtal
Das im Bezirk Murtal/Steiermark gelegene Aichfeld stellt nicht nur eines der größten inneralpinen Becken dar, sondern vor allem auch einen wichtigen Kreuzungspunkt von überregional bedeutenden Verkehrswegen, wie etwa der von Hallstatt aus Richtung Süden verlaufenden Salzstraße, auf der Händler mit Luxuswaren aus dem Süden vorbeizogen, um sie gegen das „weiße Gold“ zu tauschen. Wegen seines Reichtums an landwirtschaftlicher Nutzfläche, Wald, damit Holz und Wasser sowie auch an Bodenschätzen (Kupfer und Eisen), bietet das Aichfeld mit den einmündenden Tälern äußerst siedlungsgünstige Verhältnisse, die dieser Region zusammen mit den glänzenden wirtschaftlichen Voraussetzungen zu einer wichtigen Position verhalfen.

Seit dem 5. Jahrtausend v.Chr. lässt sich in diesem Bereich eine durchgehende Besiedlung nachweisen, die insbesondere in der älteren Eisenzeit bzw. Hallstattzeit einen Höhepunkt erfuhr, als dessen bedeutendste Zeugen die prominenten „Fürstengräber“ von Strettweg (Abb. 1) bei Judenburg gelten. Die prunkvolle Gestaltung und Ausstattung (Abb. 2) dieser monumentalen Grabhügel zeugt noch heute von den weitreichenden kulturellen Verbindungen der hier bestatteten Elite der älteren Eisenzeit.

Eine zentrale Rolle, zumindest in der Zeit vom 8. bis zum 5. Jahrhundert v.Chr., nimmt die zugehörige ausgedehnte Siedlung auf dem Falkenberg ein, deren Kontinuität und wahrscheinlich andauernde bedeutende Stellung bis in die frühe Latènezeit nachweisbar ist (Abb. 3). Der Abbau des auf diesem Berg vorkommenden Eisens, die anschließende Verhüttung und wohl auch der Handel mit dem wertvollen Rohstoff dürften eine wichtige Quelle für die Macht und den Reichtum der auf dem Falkenberg ansässigen Bevölkerung und deren Herrscher gebildet haben. In ihrem Umfeld konnte bislang eine Reihe weiterer, teils ausgedehnter Siedlungsstellen, wie etwa die Höhensiedlungen auf dem Zuckenhut bei Fentsch oder auf dem Schlossberg bei St. Lorenzen/Knittelfeld, nachgewiesen werden, sowie auch zahlreiche zugehörige, heute weitestgehend verschliffene Hügelgräber.

Vor allem die Ausgrabung im sogenannten „Bleikolmhügel“ bei Waltersdorf erbrachte neben dem im Vorfeld durch geophysikalische Untersuchungen bereits eindeutig identifizierten monumentalen „Fürstengrab“ mit steinerner Grabkammer und Zugangskorridor, unerwartete Ergebnisse (Abb. 4). So konnten ein Teil eines frühmittelalterlichen Friedhofes freigelegt und dislozierte Funde aus römerzeitlichen Gräbern entdeckt werden.

Weiters stieß man im Zuge der Ausgrabung auf dem Schlossberg bei St. Lorenzen auf einige weitere überraschende Befunde. Dieser, auf einer steilen Kuppe gelegene, sehr kleinflächige Platz wurde bereits in der Frühbronzezeit (17.−16. Jahrhundert v.Chr.) erstmals besiedelt. Doch auch für die späte Bronzezeit bzw. Urnenfelderzeit (11.−9. Jahrhundert v.Chr.), die ältere Eisen- bzw. Hallstattzeit (8.−6. Jahrhundert v.Chr.) bis hin zur frühen und späten Latènezeit (spätes 5. und 2./1. Jahrhundert v.Chr.) konnte eine Siedlungsnutzung festgestellt werden. Außerdem stand hier im 10. und 11. Jahrhundert n.Chr. eine der ältesten bislang archäologisch erfassten mittelalterlichen Burganlagen der Steiermark. Im Zuge des ALEA-Projektes sollen die einstige Besiedlung der Region Aichfeld/Murtal diachron mit Hilfe der Auswertung von Luftbildern, LIDAR-Scans, Begehungen/Surveys, geophysikalischen Messungen und Ausgrabungen möglichst großflächig erfasst sowie spezifische Entwicklungen und Veränderungen des Siedlungsbildes und der damit verbundenen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Strukturen nachgezeichnet werden. Hierbei stellt sich schließlich die auch aus heutiger Sicht brisante Frage, inwieweit die intensive Ausbeutung vorhandener Ressourcen (z.B. Holz), gesellschaftspolitische Veränderungen, wie etwa einen Wandel der Machtverhältnisse oder aber auch klimatische Schwankungen, Auswirkungen auf die Dichte und das Bild der Besiedlung zeitigten.

RaabArch – Raabtal Archäologie
Das im südöstlichen Teil der heutigen Steiermark gelegene mittlere Raabtal stellt eine wichtige Verbindung zwischen den letzten Ausläufern der südöstlichen Voralpen und der pannonischen Tiefebene dar. Die fruchtbaren Böden, das milde Klima und ein Reichtum an Wasser boten günstige Voraussetzungen für die Besiedlung. Aus diesem Grund lässt sich schon seit dem Ende des 6. Jahrtausends v.Chr. eine erste bäuerliche Besiedlung dieses Gebietes nachweisen. Besonders in der späten Bronze- bzw. Urnenfelderzeit (10./9. Jahrhundert v.Chr.) und in provinzialrömischer Zeit (1.−4. Jahrhundert n.Chr.) ist eine bemerkenswert dichte Erschließung dieses Gebietes festzustellen. Sowohl die großen Höhensiedlungen auf dem Fötzberg bei Eichkögl/St. Margarethen a. d. Raab oder auf dem Steinberg bei Feldbach, als auch die römischen Dörfer bzw. Vici von Gleisdorf und auf dem Saazkogel bei Paldau belegen dies eindrucksvoll.
Dem bei Fladnitz im Raabtal gelegenen Fuchskogel, der noch heute durch seinen deutlich sichtbaren, steil abbrechenden Wall an seiner Ostseite auffällt, galt in den letzten Jahren ein besonderes Augenmerk. Die Ausgrabungen förderten hier überraschende Erkenntnisse zutage: der Wall samt vorgelagertem Graben und einer dahinter aufragenden Holzpalisadenstellung war in der Frühbronzezeit (21. Jahrhundert v.Chr.) errichtet worden, wie anhand von Radiokarbondatierungen festgestellt werden konnte. Die auf dem Hügelsporn gelegene Siedlung setzte bereits in der sog. Somogyvár-Vinkovci-Kultur (2500-2300/2000 v.Chr.) ein und wurde in der sog. Kisapostag-Kultur (2100−1800 v.Chr.) mittels eines Walles und vorgeblendeten Holzpalisaden befestigt. Die bronzezeitliche Besiedlung auf dem Fuchskogel bricht am Ende des 3. bzw. zu Beginn des 2. Jahrtausends v.Chr. ab. Beinahe 2000 Jahre später wird der Fuchskogel in der späten Latènezeit im 2. bzw. 1. Jahrhundert v.Chr. wieder besiedelt und auch erneut befestigt. An den frühbronzezeitlichen Wall wurde an der Innenseite eine rampenartig ansteigende Anschüttung angelegt, die die älteren Siedlungsreste überlagerte und unter massiven Erdschichten vor einer weiteren Zerstörung schützte (Abb. 5).
Im Zuge des RaabArch-Projektes soll die einstige Besiedlung dieses Raumes diachron mithilfe der Auswertung von Luftbildern, LIDAR-Scans, Begehungen/Surveys, geophysikalischen Messungen und Ausgrabungen möglichst großflächig erfasst werden. Spezifische Entwicklungen und Veränderungen des Siedlungsbildes und der damit verbundenen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Strukturen sollen damit nachgezeichnet werden. Das Arbeitsgebiet erstreckt sich hierbei von St. Margarethen a.d. Raab im Westen bis Fehring im Osten, wobei der Bereich rund um Kirchberg a. d. Raab aufgrund der intensiven Kooperation mit dem Historischen Verein für das Kirchberger Ländchen schon seit einigen Jahren die „Kernzone“ dieses Forschungsprojektes bildet.

Neben den Forschungsprojekten, die größtenteils auf externe Finanzierungsmöglichkeiten wie öffentliche und private Förderungen und Spenden angewiesen sind, bietet das Institut für südostalpine Bronze- und Eisenzeitforschung ISBE auch Dienstleistungen für öffentliche und private Auftraggeber an:
Für in Planung befindliche Baumaßnahmen, die aufgrund der Auflagen des Denkmalschutzes einer archäologischen Betreuung bedürfen, führen wir vorbereitende Geländeerkundungen, topographische und landschaftsarchäologische Untersuchungen, Luftbild- und LIDAR-Analysen, terrestrische und geophysikalische Messungen, Bodensondierungen sowie wissenschaftliche Recherchen durch und erstellen Gutachten zu den erforderlichen archäologischen Maßnahmen.
Im Rahmen von archäologischen Baubegleitungen gehören neben der eigentlichen Grabungstätigkeit selbstverständlich auch die digitale und analoge Befundaufnahme, die fachgerechte Bergung, Verwahrung und Dokumentation der Funde und die anschließende wissenschaftliche Auswertung der gewonnenen Daten und Fakten zu unseren Aufgaben.
Wir bieten außerdem archäologische Bauaufnahmen von historischen Gebäuden sowie Beweissicherungen von Bestandsgebäuden zur Dokumentation eventueller Folgeschäden aufgrund von Baumaßnahmen an.
Jede Recherche, Ausgrabung und Baubegleitung will nicht nur exakt analysiert und dokumentiert, sondern schließlich auch ansprechend präsentiert werden. Daher gehören Plan- und Kartenerstellungen (CAD & GIS) und 3-D Visualisierungen ebenso wie die Text- und Bilderstellung für etwaige Publikationen zu den von ISBE angebotenen Dienstleistungen. Denn die Vermittlung und Präsentation von archäologischen Themen sowie von Forschungs- und Ausgrabungsergebnissen, ist uns ein besonderes Anliegen!

Kontakt
Institut für südostalpine Bronze- und Eisenzeitforschung ISBE, ZVR:101631654
Vereinssitz: Gewerbestraße 6, A-8750 Judenburg
Postadresse: Eichenweg 19/E/2, A- 8042 Graz
Tel.: +43/699/12587560 oder +43/699/12587559
E-Mail: office@isbe-archaeologie.at
Web: http://www.isbe-archaeologie.at
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BIC: STSPAT2GXXX


© Susanne Tiefengraber
e-mail: susanne.tiefengraber@isbe-archaeologie.at

This article should be cited like this: S. Tiefengraber, Institut für südostalpine Bronze- und Eisenzeitforschung / ISBE, Forum Archaeologiae 77/XII/2015 (http://farch.net).



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