Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 73 / XII / 2014

Instrumentum – EINE ARCHÄOLOGISCHE BIBLIOGRAPHIE ZUR HANDWERKLICHEN PRODUKTION

Bibliographien erleichtern das Leben. Bibliographien sind auch in Zeiten des World Wide Web unverzichtbar. Und dort auch am einfachsten zugänglich. Bibliographien sind immer mehr oder weniger lückenhaft. Und daher sind Bibliographien immer auch ein Ärgernis. Bibliographien müssen erst einmal erstellt werden. Und zum Erstellen von Bibliographien muss jemand Interesse, Geduld und Zeit aufwenden. Besonders dann, wenn ein solches Unterfangen nicht institutionalisiert ist und Freizeitaktivität bleibt. Manche Bibliographien sind wenig bekannt, andere Bibliographien mehr. Manche Bibliographien werden viel benützt, andere Bibliographien kaum. Keine Bibliographie ist in Echtzeit auf dem neuesten Stand. Usw.
Dies soll ein kleiner Denkanstoß dafür sein, dass Bibliographien eine unentbehrliche Arbeitsgrundlage sind; und dass sie immer auch ein problematisches Unterfangen sind und bleiben werden. In besonderem Maße zeigt sich das ja bei gedruckten Spezialbibliographien, die letztlich nicht ergänzbar sind bzw. nur im Fall von Neuauflagen oder laufenden Nachträgen Ergänzungen erfahren. Letztere sind irgendwann nicht mehr überblickbar; so vor allem dann, wenn sie z.B. in verschiedenen Medien abgelegt wurden. Daher wäre es wünschenswert, wenn schon Arbeitsmittel von Bibliographien bis Corpora aller Art erstellt werden, diese ins Netz zu stellen und auf laufende Ergänzungen und Aktualisierungen zu achten – also eine gute Datenbankpflege zu garantieren, was wiederum auch nur durch eine Institutionalisierung auf Dauer gewährleistet werden kann (Abb. 1). Denn im Allgemeinen sind solche Hilfsmittel, wenn sie im Druck erscheinen, auch schon wieder überholt, da nicht aktualisierbar.
Solche Feststellungen sind für alle „digital natives“ vermutlich von vorgestern, entsprechen allerdings in weiten Teilen gelebter Realität. Darüber hinaus werden in den großen Online-Datenbanken meist nur die eigenen Bibliotheksbestände der jeweiligen Institution erfasst, und daher bleibt vieles unerwähnt, weshalb das Recherchieren trotz digitaler Hilfsmittel mühsam bleibt. Hier mag man an die Standardeinrichtungen der online gestellten Bibliographien wie Dyabola und Verwandtes denken, welche trotz des enormen Umfangs auch enorme Lücken aufweisen. Viele gut gemeinte bibliographische (und bei weitem nicht nur solche!) Datenbankprojekte bleiben in den Kinderschuhen stecken bzw. bleiben ewige Baustellen und lassen alle hoffnungsvollen NutzerInnen schnell wieder das Weite suchen, sofern (jahrelange) Demoversionen oder Ähnliches überhaupt im Netz zugänglich sind.
Die archäologische Fundbearbeitung wird von der Keramikforschung dominiert, die ihre eigenen Netzwerke und Portale betreibt. Will man sich mit anderen Arten von Kleinfunden beschäftigen, wird die Sache weniger einfach. Gerade die Lücken in den Standardbibliographien haben dazu geführt, dass 1994 in Frankreich eine Zeitschrift namens „Instrumentum. Bulletin du groupe de travail européen sur l’artisanat et les productions manufacturées dans l’Antiquité“ ins Leben gerufen wurde, die es sich zum Ziel gesteckt hat, eine möglichst breite Erfassung jener Publikationen zu erarbeiten, die sich mit allen Formen der handwerklichen Produktion und den nicht-keramischen Kleinfunden auseinandersetzen. Der zeitliche Rahmen war zunächst vom 7.Jh. v.Chr. bis in das 5.Jh. n.Chr. gesteckt und umfasste die eisenzeitliche, griechische und römische Archäologie, ist inzwischen jedoch, aufgrund der vielen entsprechenden Funde und Befunde gerade bei Notgrabungen, bis in die Neuzeit ausgeweitet worden. Daher lautet der Titel seit 2012 „Instrumentum. Bulletin du groupe de travail européen sur l’artisanat et les productions manufacturées de l’Antiquité à l’époque moderne“. Obwohl im Titel als „europäisch“ apostrophiert, bleibt der geographische Rahmen letztlich in alle Richtungen offen. Es sollten länderweise Bibliographien erarbeitet und in jährlich zwei Heften gedruckt werden, zusammengefasst in 33 Rubriken (Abb. 2); darüber hinaus sollten universitäre Abschlussarbeiten, die Schwerpunkte in der handwerklichen Produktion erkennen lassen, einfließen.


Aus der Taufe gehoben wurde das Unterfangen im Jahr 1994, das erste Heft erschien im Juni 1995. Instrumentum ist als Verein aufgestellt und finanziert sich aus den Beiträgen der Mitglieder. Als treibende Kraft stand von Anfang an Michel Feugère (Montagnac/F) dahinter, der in den ersten Jahren als Vereinssekretär fungierte. 1997 übernahm Ortolf Harl die Aufgabe, die österreichische Forschung bei Instrumentum einzubringen, von 2000-2002 Rita Chinelli (beide Forschungsgesellschaft Stadtarchäologie Wien), 2004/2005 Sonja Jilek (Universität Wien) und seit 2006 die Verfasserin (unabhängige Wissenschafterin). Derzeit liegen Sekretariat und Redaktion der Zeitschrift in den Händen von Isabelle Betrand, die Vereinspräsidentschaft bei Max Aubrun (beide Musées Chauvigny, Chauvigny/F).
Die Zeitschrift wurde dahingehend angelegt, dass kurze Artikel zu unterschiedlichsten Themen aus dem Bereich der handwerklichen Produktion aufgenommen, wenig bekannte oder kuriose Funde einem breiteren Publikum zur Diskussion gestellt oder bestimmte Kleinfundgruppen eingehender betrachtet werden. Das zugehörige Portal unter http://www.instrumentum-europe.org/1.html dient der raschen Orientierung, der Ankündigung von Aktivitäten, vor allem aber ging die Bibliographie darin online und kann dort abgerufen werden (Abb. 3). Letztere erschien für die Jahre 1994-2001 zusätzlich noch zusammengefasst als Monographie im Druck, begleitet von der Datenbank auf CD-ROM [1]. Derzeit beläuft sich der Umfang der Zeitschrift auf jährlich knapp 100 Seiten. 1997 wurde zudem unter dem Titel Monographies Instrumentum zusätzlich eine Reihe ins Leben gerufen, die zwischenzeitlich an die 50 Bände umfasst [2].


Soweit der Anspruch. In der Realität lässt der Enthusiasmus allerdings bisweilen – sehr – nach, und da eine Institutionalisierung in den wenigsten Fällen möglich wurde, gehen weite Teile der europäischen Forschungslandschaft nach Phasen intensiver Tätigkeit wieder völlig verloren [3]. Zwar erscheint das Bulletin nach wie vor zweimal jährlich mit Bibliographie, Aufsätzen, Buchanzeigen, Buchbesprechungen, Vorankündigungen und Nachlesen zu Tagungen usw. und kann mit Heft 40 im Dezember 2014 auf eine zwanzigjährige Tradition zurückblicken. Dennoch war die Landkarte schon einmal mit weniger grauen Flecken gepflastert – die hier nicht hergezeigt werden. In der Online-Version ist die Bibliographie derzeit bis ca. 2009/2010 abrufbar [4], harrt folglich der Ergänzung. Was also in der Einleitung moniert wurde, trifft in einigen Aspekten durchaus auch auf Instrumentum selbst zu. Die Zeitschrift ist darüber hinaus in keiner wissenschaftlichen Bibliothek in Österreich vollständig vorhanden.
Unter welchen Gesichtspunkten die Bibliographie bestückt wird, sei hier kurz angemerkt. Keramik ist nicht als Thema angedacht, wohl aber die Produktion mit allen ihren Einrichtungen, Werkzeugen und Abfallprodukten (Töpferwerkstätten, Töpferöfen, Werkzeuge, Fehlbrände etc.). Desgleichen sind Stempel und Graffiti jeglicher Art in die Bibliographie aufgenommen (Abb. 4). Ansonsten sind von der Rohstoffquelle über die Fertigung bis zu Abfall und Recycling alle Stadien eines Produkts, die Einrichtungen für seine Produktion und Verwendung und die zugehörigen archäologische Kontexte Thema der einzelnen Rubriken (Abb. 1‒4). Über die Jahre verteilt kamen im Bulletin darüber hinaus wichtige Beiträge zur experimentellen Archäologie in Druck wie z.B. zur Holz- oder Buntmetallverarbeitung.
Aufgenommen werden Publikationen zu Fundorten in Österreich, mit Schwerpunkt römische Antike. Wenn sich der Inhalt einer Publikation nicht aus dem Titel eindeutig erschließt, wird die teils sehr neutral gehaltene Formulierung der Rubriken etwas schwierig zu handhaben. In solchen Fällen ist die Verfasserin in manchen Fällen dazu übergegangen in Klammern zusätzlich anzumerken, worum es sich handelt, so z.B. bei „22 Personal ornament“ [Fibeln, Gürtelbestandteile]. Manches wurde bei den Rubriken auch gar nicht bedacht wie Blei als Rohmaterial und daraus hergestellte Produkte; daher sind z.B. Bleiabfälle aus Gießereien oder Bleivotive aus dem römischen Österreich unter „33 Miscellaneous“ abgelegt.
Instrumentum ist in die Jahre gekommen und es stellt sich die berechtigte Frage, wie es weitergeht. Für die Beiträge in den einzelnen Bulletins werden ab 2015 thematische Schwerpunkte angepeilt: Heft 41/2015 steht unter dem Thema „Funde aus Brunnen (Bergung, Bearbeitung und Konservierung)“, für Heft 43/2016 ist „Präzisions-Messinstrumente (Waagen, Maßstäbe, Zirkel …)“ als Thema angekündigt. Zudem haben sich seit 2014 die Tagungsaktivitäten (Abb. 5) erfreulicherweise wieder verstärkt, die in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Themen viel Zuspruch erfahren konnten. Vom 27.-29. Oktober 2014 stand in Poitiers/Frankreich das Thema „Archaeological objects in context, from Gaul to the Eastern Mediterranean: function and status“ im Zentrum, in Sarthe/Frankreich wird vom 4.‒6. Juni 2015 ein Kolloquium unter dem Titel „Artefacts and Sanctuaries in the Roman Provinces (late 1st c. BC ‒ 5th c. AD). The place of the craftsman and artefacts in sacred contexts and religious practice” stattfinden [5]. Weitere sind in Planung.

Wer gut vernetzt in der Forschung arbeitet, überblickt die eigenen Teilbereiche hinsichtlich der Literatur, kennt die Fortschritte und Ergebnisse laufender Forschungsarbeiten und kennt vor allem viel Unpubliziertes. Die in Bibliographien erfassten Publikationen zu verschiedenen thematischen Schwerpunkten haben meistens für ForscherInnen, die sich mit verwandten Sachthemen beschäftigen, mehr Bedeutung als für die jeweiligen SpezialistInnen selbst. Angesichts der Fülle an einschlägigen Forschungsarbeiten zu den unterschiedlichen handwerklichen Produktionen und Kleinfundgattungen sind die Aktivitäten von Instrumentum jedoch ein wichtiger Beitrag dafür, die breite Palette aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln zu betrachten.
Die Verfasserin wird im Lauf des Jänner 2015 die von ihr seit 2006/2007 zusammengestellte Österreich-Bibliographie, wie sie laufend an die Redaktion von Instrumentum geschickt wird, im pdf-Format online stellen [6]. Darüber hinaus ist ein- bis zweimal jährlich ein Update geplant, zumindest solang die Verfasserin für die Instrumentum-Redaktion tätig ist; Anregungen und Ergänzungen hierzu sind willkommen, eine Vollständigkeit wird jedoch nicht angestrebt. Die Zusammenstellung ist als Provisorium belassen, da über die für die Zeitschrift geforderten Richtlinien hinaus keine weiteren Stichworte, Ergänzungen oder Inhaltsangaben angefügt werden. Die älteren Bibliographien sind der Druckversion des Bulletins zu entnehmen.

[1] M. Feugère et coll., Bibliographie Instrumentum, 1994‒2001. Monographies Instrumentum 17 (Montagnac 2001).
[2] http://www.instrumentum-europe.org/monographs.html.
[3] Vgl. das Organigramm für 2012-2014 in Bulletin Instrumentum 39, 2014, 47.
[4] http://www.instrumentum-europe.org/bibliography.html.
[5] www.instrumentum-europe.org/ColloqueleMans2015.doc.
[6] https://www.academia.edu/8606966/Kordula_Gostencnik_Bibliographie_Instrumentum_%C3%96sterreich.

© Kordula Gostenčnik
e-mail: kgosten@gmx.at

This article should be cited like this: K. Gostenčnik, Instrumentum – Eine archäologische Bibliographie zur handwerklichen Produktion, Forum Archaeologiae 73/XII/2014 (http://farch.net).



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