Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 29 / XII / 2003
10. Österreichischer Archäologentag

ÜBERLEGUNGEN ZUM BRUSTSCHMUCK DER ORIENTALISCHEN PRIESTER DER KYBELE [*]

Als im Jahre 205 v.Chr. der Kult der Magna Mater in Rom offiziell eingeführt wurde, kamen gemeinsam mit der Göttin auch ihre Priester, Galli genannt, von Kleinasien nach Rom, um die traditionellen Riten der Gottheit auch am Tiber auszuüben. Neben ihrem fremdartigen Aussehen, ihren bunten wallenden Gewändern und ihrem Übermaß an Schmuck waren vor allem das ekstatische Gehabe ihrer Riten, die blutigen Selbstzüchtigungen und die Tatsache für die Römer erschreckend, daß es sich bei ihnen um Eunuchen handelte, eine rituelle Selbstkastration also für die Aufnahme in die Priesterschaft unabdingbare Voraussetzung war.
Ein besonders kennzeichnendes, über mehrere Jahrhunderte sowohl in der Literatur wie auch dem Denkmälerbestand nachgewiesenes Element der Schmuckausstattung, nämlich auf der Brust getragene ädikulaförmige reliefierte Täfelchen aus Edelmetall, dürfen wohl als charakteristischer traditioneller Priesterornat der Galli angesprochen werden.
Durch Schriftquellen ist diese Art von Brustbehang bereits ab archaischer Zeit bezeugt. Herodot bezeichnet sie als agalmata und bei Polybios und Dionysios von Halikarnassos schmückt der Gallus seine Brust mit kleinen Bildchen, die typoi genannt werden. Während nun der Begriff agalma generell für "Schmuckstück" und "Götterbild" verwendet wird, bezeichnet typos ein "eingedrücktes, geprägtes Bild" d.h. wohl ein reliefiertes Täfelchen, wie es auch auf Darstellungen orientalischer Priester vorkommt.
Auf einem Relief aus Lanuvium begegnet ein solcher Priester in orientalischer Tracht umgeben von kultischen Gegenständen. Auf einer kleinen naiskosförmigen, sich wohl aus dünnem Blech zu denkenden Platte auf seiner Brust ist Attis dargestellt. Von gleicher Form, aber um vieles detailreicher, ist der Brustschmuck einer Marmorstatue aus Rom (Abb.). Im Hauptfeld steht Kybele flankiert von Merkur und Jupiter.
Sowohl Darstellungen wie auch schriftliche Quellen belegen zwar das Tragen solcher Götterbilder auf der Brust, erwähnen aber nichts über ihre Bedeutung. Ein Amulettcharakter, wie üblicherweise bei solchen Schmuckstücken, wird wohl, wenn überhaupt, erst in zweiter Linie in Erwägung zu ziehen sein. Wir haben somit die Objekte auf der Brust der Priester zunächst als einen Bestandteil des Priesterornats zu verstehen, der entweder als eine Art Ausweis für die Anhängerschaft der Kybele diente oder eine besondere Auszeichnung bzw. einen bestimmten Status des Trägers vermittelte.

[*] Dieser Artikel stellt einen Teilaspekt der durch den Verfasser erstellten Diplomarbeit "Zu Attributen, Schmuck und Trachtbestandteilen der orientalischen Priester der Kybele. Archäologische und literarische Quellen zu Galli und Archigalli" (unpubl. Diplomarbeit Innsbruck 2003) dar.
vgl.:
http://www.uibk.ac.at/c/c6/c614/Institut/Diplomarbeiten/MuellerDipl.html

© Florian Martin Müller
e-mail: csad2099@uibk.ac.at

This article will be quoted by F.M. Müller, Überlegungen zum Brustschmuck der orientalischen Priester der Kybele, Forum Archaeologiae 29/XII/2003 (http://farch.net).



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