Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 8 / IX / 1998

Peter W. Haider
Die Peloponnes in ägyptischen Quellen des 15. und 14. Jhs. v.Chr.

Eine der Ortsnamenlisten auf den Statuensockeln im Totentempel des Pharaos Amenophis III. (1392-1355/54) in Theben-West (Kom el-Hetan) stellt gegenüber allen anderen sowohl hinsichtlich ihres Inhalts als auch wegen ihrer formalen Gestaltung eine bislang einmalige Ausnahme dar. Da trotz etlicher kritisch-analytischer Studien zu diesem Dokument in jüngeren Publikationen immer wieder methodisch wie sachlich unhaltbare Identifizierungen der dort genannten Toponyme vorgelegt werden, soll eine nochmalige Analyse dieser Ortsnamenliste, die zweifellos ein Itinerar entlang der kretischen Nordküste von Osten nach Westen zur Peloponnes und von dort über Kythera zurück nach Nordkreta in Richtung Osten darstellt, die fraglichen Lokalisierungen behandeln. Sie bleibt hier aber auf die Peloponnes beschränkt und kann zeigen, daß die Orte Mukanu-Mykene, Dig/kaias, Mizania (Nichoria?), Nupir/laji (Nupir/lija) (Vaphio oder Ayios Stephanos?) und Kutir/la-Kythera mit dem Oberbegriff „Tanaja" in der Überschrift der Liste zu verbinden sind.

Ein" (oder: „der") Herrscher von Tanaja hatte bereits knapp vor 1440 diplomatische wie wirtschaftliche Kontakte zum ägyptischen Hof aufgenommen gehabt, wie die Annalen unter Thutmosis III. lehren. Diese Beziehungen scheinen dann unter Amenophis III. offensichtlich ihre intensivste Form erreicht zu haben. Im Auftrag dieses Pharaos hatte nämlich eine offizielle ägyptische Delegation eine Reise in die minoisch-mykenische Welt unternommen und dabei politische wie wirtschaftliche Zentren auf Kreta wie in der östlichen Peloponnes und auf Kythera aufgesucht. Doch es kann weiters gezeigt werden, daß diese Kontakte zwischen Ägypten und der mykenischen Peloponnes auch noch unter dem Pharao Haremhab (1321-1294) gepflegt worden waren. Ob sie im 13. Jahrhundert noch weiter bestanden hatten, bedarf einer eigenen Untersuchung.

© Peter W. Haider



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