Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 88 / IX / 2018

IM AUGE DES BETRACHTERS. BEMERKUNGEN ZUR VISUELLEN PRÄSENZ DES ANTONINUS PIUS UND SEINER FAMILIE

Eine der wichtigsten Gattungen innerhalb des visuellen Kommunikationssystems im Imperium Romanum waren Porträts. Für alle Bewohner des römischen Reiches und vorrangig natürlich für den regierenden Kaiser und seine Familie waren diese von hoher Bedeutung. Dementsprechend kann man der Darstellungsweise der Bildnisse, den Aufstellungsorten der Monumente sowie den durch Ikonographie und Kontext vermittelten Botschaften eine kaum zu unterschätzende Rolle attestieren.
Im Vergleich zu anderen Herrschern hat die übergreifende Untersuchung der Porträtrepräsentation des Antoninus Pius in der archäologischen Forschung bislang eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Man hat zwar eine typologische Einordnung der überlieferten Bildnisse vorgenommen und die erhaltenen Statuen und Basen zusammengestellt, aber weiterführende Kontextualisierungen in der Regel unterlassen. Dies mag unter anderem damit zusammenhängen, dass Antoninus Pius zumindest unterschwellig nicht selten als „Übergangslösung“ auf dem Thron angesehen wird, so dass er auf den ersten Blick weniger interessant als andere Kaiser erscheint. Aber gerade aufgrund seiner besonderen historischen (Klammer-)Position ergibt sich die Chance, durch eine umfassende Analyse einen erhellenden Einblick in die Funktionsweise von kaiserzeitlichen Repräsentationsmechanismen zu erhalten.
Vor dieser Folie sollen in diesem Beitrag drei Aspekte diskutiert werden:
1. Wie ist die Konzeption der Porträttypen des Antoninus Pius zu verstehen? Von seinen beiden Vorgängern Traian und Hadrian haben sich in vergleichbar langen Regierungszeiten deutlich mehr Typen erhalten. Welche Erklärungsmodelle lassen sich für dieses „statische“ Element anbringen? Wie verhält es sich mit den gleichzeitigen Bildnissen der kaiserlichen Familie?
2. Gibt es Spezifika bei den Aufstellungskontexten der Porträtstatuen in Rom und in den Provinzen? Hierbei geht es um die Frage, ob für die Regierungszeit des Antoninus Pius besondere Akzentuierungen nachzuweisen sind oder ob sich die unter seinen Vorgängern etablierten Mechanismen weiterhin finden lassen.
3. Aufbauend auf den ersten beiden Punkten soll die Frage nach der Wahrnehmung der bildlichen Darstellungen des Antoninus Pius und seiner Familie gestellt werden. Lassen sich im Zentrum Rom und in den Provinzen Unterschiede in bestimmten Kontexten nachweisen?
In diesem Beitrag werden sowohl die Adressaten als auch die Rezipienten in den Blick genommen, so dass durch diese ganzheitliche Analyse konzeptionelle Fragen ebenso wie Rezeptionsaspekte analysiert werden können. Auf diese Weise ist es eventuell möglich, die visuelle Präsenz des Kaisers Antoninus Pius und seiner Familie angemessen in einen breiten kulturgeschichtlichen Hintergrund einzuordnen.

© Thoralf Schröder
e-mail: thoralf.schroeder@uni-koeln.de

This article should be cited like this: Th. Schröder, Im Auge des Betrachters. Bemerkungen zur visuellen Präsenz des Antoninus Pius und seiner Familie, Forum Archaeologiae 88/IX/2018 (http://farch.net).



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