Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 68 / IX / 2013
Symposion "Pflanzen und Tiere auf griechischen Vasen" / Abstracts

PFLANZEN UND TIERE IN DER MYTHOLOGIE

Keynote

Lorenz Winkler-Horaček, Berlin
Tiere, Monster, Pflanzen: zwischen mythologischer Erzählung und beschreibendem ‚Dekor’


In zahlreichen Epochen finden sich Tiere, Mischwesen und Pflanzen als Leitthema der Bilderwelten. Ganz besonders aber bestimmen diese Motive im Griechenland des späten 8. bis mittleren 6. Jahrhunderts v.Chr. die verschiedensten Bildträger, seien es Vasen, Metallarbeiten, Schmuck oder Reliefs und Bauplastik. Aufgrund der guten Überlieferungslage kommt den Vasen hierbei eine besondere Bedeutung zu.
Unter den frühesten figürlichen Szenen der spätgeometrischen Stilphasen sind bereits die Kämpfe des Menschen gegen monströs wirkende Tiere – oft als Löwen bezeichnet – zu finden. Diese Tierkämpfe zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit einer Natur, in der sich der Mensch den Gewalten einer fremden Wildnis konfrontiert sieht. Der Übergang von dem, was etwas unglücklich als ‚Lebensbilder’ bezeichnet wurde und den ersten Mythen-bildern ist dabei fließend. Manche Jagdszenen – auch solche gegen Mischwesen – können nicht immer sicher mythologischen Erzählungen zugewiesen werden und bleiben auch später Teil einer konstruierten ‚Lebenswelt’ (Abb. 1). Doch im 7. Jahrhundert v.Chr. häufen sich die identifi-zierbaren Mythenbilder und unter ihnen nimmt der Kampf des Helden gegen Monster und wilde Tiere eine bis in das 6. Jahrhundert v.Chr. andauernde bevorzugte Stellung ein. Es sind vor allem die Taten des Herakles gegen die Kentauren, gegen die lernäische Hydra oder den nemeischen Löwen, die Taten des Bellerophon gegen Chimaira, des Perseus gegen Gorgo oder des Odysseus gegen Polyphem, die immer wiederkehrend die Relevanz des Themas in dieser Epoche belegen.


Parallel dazu entwickelt sich ein in den verschiedenen Landschaften unterschiedlich ausgeprägter ‚ornamentaler’ Dekor heraus, der als Tierfries bekannt besonders die Vasen Korinths und ostgriechischer Produktionszentren bestimmt. Unter dem Begriff des ‚Ornamentalen’ oder des ‚Dekorativen’ wurde diesen Tierfriesen in der Forschung oft ein weitergehender Inhalt abgesprochen. Aber auch wenn es sich um redundante und serielle Bilder handelt, so sind sie doch keineswegs inhaltslos. Sie beschreiben vielmehr eine Welt der Tiere, Pflanzen und Mischwesen, die konkrete Ansichten von einer fremden Natur umfassen. Durch ihre scheinbar massenhaft auftretende Redundanz visualisieren gerade sie Vorstellungen, die als unhinterfragte und kollektive Annahmen gelten können. Dass die Bilder nicht beliebig waren, zeigen besonders die Tierfriese auf den korinthischen Vasen (Abb. 2). Hier folgt die Zusammenstellung von Tieren, Mischwesen und Pflanzen-Mustern, in denen gegensätzlichen Prinzipien wie aggressiv–friedlich, fremd–vertraut, todbringend–fruchtbar u.a. in verschiedenen Stufen vorgeführt werden und in denen jedes Tier und Mischwesen eine festgelegte Stellung einnimmt. Es ist eine konstruierte Welt, in der einerseits Grenzen verschwimmen – so erscheinen zwischen den Tieren und Pflanzen gerade die hybriden Kreaturen, in denen Mensch, Tier und Pflanze zu einer Einheit verschmelzen – gleichzeitig aber wird durch die Struktur der Friese eine Ordnung geschaffen. Diese Ordnung definiert nicht nur eine Hierarchie der Tiere, in ihr erhält auch das Grenzüberschreitende der hybriden Monster einen konkreten Platz in der Tierwelt. Den Mischwesen und damit dem ‚Nichteindeutigen’ wird so ein Raum innerhalb der fremden Natur gegeben.
In welchem Verhältnis stehen die Tierwelten der Friese zu denen der Mythen? Gemeinsam ist den Mythenbildern des 7. Jahrhunderts v.Chr. und den Tierfriesen eine spezifische Art der Grenzziehung. Das Ambivalente der Natur wird in die Welt der wilden Tiere projiziert. Monster, auch solche mit menschlichen Anteilen, werden in der Wildnis bekämpft oder sie werden mit den Tierfriesen in die Struktur und damit in die Hierarchie der wilden Tiere eingeordnet. In den Kämpfen der Helden und in der Ordnungen der Friese werden gleichermaßen die grenzüberschreitenden und ordnungszerstörenden Elemente des Hybriden gebannt.
Es gibt darüber hinaus weitere sichtbare Gemeinsamkeiten und Unterschiede: Die Löwen oder Eber der Jagdszenen finden sich ebenso in den Friesen wieder, wie die Kentauren oder Chimaira aus den mythologischen Szenen. Andererseits finden sich in den Friesen viele exotische Tiere und Mischwesen, die in den Mythenbildern fehlen: Vom Panther über das Nashorn zum Greifen- und Panthervogel oder zu den erst später in die Mythen bildlich integrierten Menschenvögel (Sirenen) und geflügelten Menschenlöwen (Sphingen). Einzelne Bilder mögen im Tierfries als pars pro toto für eine hinter ihnen stehende Geschichte stehen. Insgesamt verbinden sich hier aber Tiere und Mischwesen gemeinsam zu einer Welt, die einen fremden Raum beschreibt. Dabei werden auch die mythologischen Kämpfe im Bild zusätzlich in die Tierfriese integriert, oder von einzelnen Tieren und Mischwesen flankiert, sowie von pflanzlichen Ornamenten umgeben. Für das Verhältnis zwischen Held und Tier bzw. Held und Monster gibt es daher zwei Kategorien: Zum einen sind Tiere und Mischwesen Teil der Handlung, zum zweiten umgeben Tiere, Mischwesen und Pflanzen die Handlung ohne narrativen Bezug.
Tiere, Pflanzen und Monster beschreiben eine Welt in verschiedenen Etappen der Fremdheit. Eber, Stiere, Hirsche, aber auch Wasservögel und Wildziegen, kannten die meisten Betrachter aus der eigenen Anschauung heraus. Von Löwen wird man vermutlich gehört, ohne sie je gesehen zu haben. Panther und Nashörner sind schon jenseits des real Erfahrbaren und lassen die Grenze zu den Mischwesen verschwimmen. Die hybriden Kreaturen schließlich gehören einer fiktionalen Welt an, die an den Rändern des Bekannten zu lokalisieren ist. Hier werden Räume greifbar, in denen sich real erfahrbares und fiktionales zu einer Einheit verbinden. Die Mythen agieren in dieser Welt. Die flankierenden Tiere und Mischwesen ohne direkten Bezug zum Narrativen des Mythos begleiten die Helden nicht nur im Kampf gegen die Monster, sie legen auch den Raum der Handlung fest.
Es gibt weitere Aspekte bzw. weitere Ebenen. Die Tierwelt umgibt ja nicht nur die Helden, sondern auch den Menschen bei seinen Handlungen. Jagd, Hoplitenkämpfe, Symposion, Tanz und andere kulturell bestimmte Tätigkeiten sind ebenso wie die Mythenbilder in den Tierfries integriert oder werden von Tieren und Mischwesen flankiert. Aber nur bei der Jagd ist die Tierwelt wie bei den Monsterkämpfen unmittelbar der Raum der Handlung. Symposion, Hoplitenkampf etc. finden nicht in der Wildnis statt. Das gilt ebenso für die zahlreichen weiteren Mythenbilder, die keinen Kampf des Helden gegen eine Bestie zum Thema haben, aber dennoch von Tieren und Mischwesen begleitet werden. Hier löst sich das räumliche Verhältnis auf. Stattdessen werden Bildchiffren kulturellen Handelns kontrastiv solchen einer wilden und fremden Tierwelt gegenübergestellt. Diese kontrastive Gegenüberstellung von Kultur und Natur im Bild – sei es im sog. Lebensbild oder im Mythenbild – verdeutlicht, wie sehr die frühe griechische Gesellschaft ihr zivilisatorisches Sein aus dem Gegensatz zur fremden und bedrohlichen Natur heraus entwickelt hat.
Das Kontrastive von Kultur und Natur äußert sich auch in der Funktion der Bildträger. Bemalte Vasen waren Gegenstände eines gehobenen gesellschaftlichen Handelns und wurden im Symposion, bei der Hochzeit als Behälter für Luxusartikel, im Kult, im Grab und vielen weiteren Bereichen genutzt. All dies sind Handlungen eines sich kulturell definierenden Gemeinwesens. Mit den massenhaft verbreiteten Tierfriesen und den selteneren Mythen-bildern hielt man sich hierbei beständig eine Welt der wilden Tiere und Pflanzen vor Augen.

© Lorenz Winkler-Horaček
e-mail: lwh@zedat.fu-berlin.de


Gunnar R. Dumke, Halle
Λέγειν τὰ λεγόμενα. Zur Semantik exotischer Tiere


Viele exotische Tiere waren den Griechen nicht aus eigener Anschauung bekannt, sondern lediglich aus mehr oder minder phantastisch ausgeschmückten Berichten der Schriftsteller. Nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – finden wir eine ganze Reihe von ihnen auf griechi-schen Vasen dargestellt, in einer ganzen Reihe von verschiedenen Handlungszusammen-hängen. Das Spektrum reicht hierbei von Straußen, die als Reittiere benutzt werden, über Kamele und Leoparden, die natürlich oft in einem dionysischen Zusammenhang gezeigt werden, bis hin zu Krokodilen, die einen Schwarzafrikaner angreifen. Diese Tiere sind sowohl in der schwarz- als auch in der rotfigurigen Vasenmalerei zu finden, auf einer Vielzahl von Gefäßformen und im Falle des Sotades sind es sogar vollplastische Gefäße, die verwendet werden.
Der Großteil dieser Vasen und Vasenbilder ist bereits mehrfach in der Forschung behandelt worden, jedoch nie von der Seite der dargestellten Tiere aus. Daher soll im Vortrag untersucht werden, ob diesen Darstellungen eine gemeinsame Semantik von exotischen Tieren zugrunde liegt, oder ob es jeweils spezifische Bedeutungen sind, mit denen diese Tiere in unterschiedlichen Handlungskontexten in Verbindung gebracht werden. Dabei soll das Hauptaugenmerk weniger auf friesähnlichen Darstellungen von wilden Tieren mit Beutetieren liegen, sondern eher auf komplexeren Szenen, in denen exotische Tiere mit Menschen vergesellschaftet werden. Diese entstammen meist dem dionysischen Bereich, zeigen Theatersituationen oder führen dem Betrachter exotische Landschaften vor Augen, bei denen gerne auch auf Genrethemen (wie z.B. ‚Zwerge’) zurückgegriffen wird.
Zentrale Fragen des Vortrags werden daher sein: Wie ist nun der Einsatz dieser exotischen Tiere zu deuten? Gibt es Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Handlungskontexten? Lassen sich Vorlieben erkennen, nicht nur, was die dargestellten Tiere und Szenen, sondern auch, was die Verwendung von einzelnen Gefäßformen für bestimmte Darstellungen angeht?

© Gunnar R. Dumke
e-mail: gdumke@web.de


Eva Hofstetter, Berlin
Tiere als Tanzpartner auf schwarz- und rotfigurigen attischen Vasen


Tanzen ist in der Antike wie auch heute alleine, in Gruppen und als Paar möglich. Als Tänzer auf attischen Vasen begegnen uns u.a. Satyrn, Mänaden, Nymphen, Komasten und Hetären. Auf einigen Darstellungen sind mit ihnen Tiere verbunden, die ebenfalls tanzen bzw. die Bewegungen der Tänzer aufgreifen und auf eine ihnen adäquate Weise umsetzen oder reflektieren. Die Paarzusammenstellungen sind unterschiedlich: Satyrn tanzen zusammen mit Rehen, Ziegenböcken und vor einem Steinhuhn (Abb. 3). Auf eine besondere Beziehung von Satyrn zu Steinhühnern lässt die Beschreibung Strabons eines verlorenen Gemäldes des Protogenes schließen, auf dem auf einer Säule ein Steinhuhn gemalt war, daneben ein Satyr. Seine Haltung oder seine Tätigkeit ist nicht erwähnt. Als Tanzpartner der Mänaden begegnen neben Rehen und Ziegenböcken auch wilde Tiere wie Panther, Leoparden und Löwen und, mit den Händen festgehalten, Schlangen, die auf die Bewegungen der Mänaden unterschiedlich reagieren, wodurch sie vom bloßen Requisit zu Mittänzern werden. Auf dem Boden tanzende Panther, Löwen und Rehe spiegeln ebenfalls die Bewegungen der Mänaden und werden zum Mitglied von Gruppentänzen mehrerer Mänaden. Der Charakter des Mänadentanzes ist im Unterschied zu dem der Satyrn dämonischer: Die Mänaden verfügen über mehr Kraft, sie tanzen mit Panthern und Ziegenböcken auf den Schultern oder im Arm, tragen mittanzende Rehe und Löwen auf einer Hand, während Satyrn Hebefiguren lediglich mit Mänaden ausführen. Das Tanzen der Satyrn mit Rehen, Ziegenböcken und einem Steinhuhn gleicht eher dem unbekümmerten Spiel Jugendlicher mit diesen sämtlich als Haustiere belegten Tieren. Der Panther, Begleittier des Dionysos, kann auf die Tanzschritte der Zecher reagieren, auch wenn sein Herr ruhig auf der Kline liegt.


Als Partner bei Tänzen von Menschen begegnen lediglich Hunde, die als Begleiter eines Komasten Mitglied des Komos werden und ihre Schritte anpassen. Auch beim Symposion ahmen die Hunde, wenn um die gelagerten Hauptpersonen wie etwa Dionysos und Ariadne getanzt wird, die Haltung einer einzigen Bezugsperson nach, sie liegen entweder ruhig unter der Kline oder imitieren, auf dem Bauch liegend, mit dem Anheben der Vorderbeine die Armbewegung ihres jeweiligen Partners.
Bekanntlich fehlt Tieren die Fähigkeit, Rhythmus und Melodien zu empfinden und umzusetzen, wie z.B. die Kobra eines Schlangenbeschwörers nicht auf die Musik reagiert, sondern auf die Bewegungen des Flötenspielers. Allerdings übt klassische Musik eine positive Wirkung auf Tiere aus. Tiere tanzen also nur, indem sie die Bewegungen eines Tänzers nachahmen. Voraussetzung ist ein Ambiente, auch hervorgerufen durch die Musik, in dem sie sich wohlfühlen. Wahrscheinlich war dies den Vasenmalern durch Erfahrung bekannt.
Im antiken Mythos versammeln sich wilde Tiere um Orpheus, angelockt vom Zauber seiner Musik. Viele griechische Tänze sind nach Tieren benannt (Eule, Löwe, Fuchs, Kranich etc.), Euripides vergleicht die Sprünge einer Bacchantin mit denen eines Rehs, Pindar nennt Pferd und Hund als Vorbilder für menschlichen Tanz. Diesen Quellen zufolge war der Tanz Nachahmung tierischer Bewegungen. Daneben gibt es andere Vorbilder: die Pyrrhiche ahmt Kampfgeschehen nach, der Reigen wird von Homer mit der schnell rotierenden Töpferscheibe verglichen. Demnach stellen die tierischen Tanzpartner eine Charakterisierung des Tanzes und der Tänzer dar.

© Eva Hofstetter
e-mail: ehofstetter@arcor.de


Eleni Manakidou, Thessaloniki
Eros und seine Tiere auf attischen Vasen


Die treibende Kraft und die Allmacht des Liebesgottes waren tief im Gedankengut der Griechen verwurzelt, wie die kosmologischen Anschauungen und die zeitgleichen Erwäh-nungen in Epik und Lyrik der Früharchaik deutlich dokumentieren. Die ursprünglichen Genealogien von Eros weisen ihm eine ebenso wichtige Stellung zu, wie den anderen Ur-Elementen Chaos, Gaia und Nyx.
Dass die archaischen, schriftlichen Belege die bildlichen Beweise bei weitem übertreffen, sollte nicht verwundern, weil allgemein die Darstellung von personifizierten und zugleich geflügelten Gestalten (wie z.B. Nike und Eris) in der gesamten archaischen Kunst eher nebensächlich ist, im Gegensatz zu den vielen geflügelten dämonischen Mischwesen. Nicht seltsam ist es deswegen, dass die gesicherten Darstellungen des Eros erst ab spätarchaischer Zeit allmählich zunehmen, als auch seine ersten Abbildungen in Verbindung mit bestimmten Tieren auftreten. Dieselbe Feststellung gilt ebenfalls für andere eponyme oder anonyme Flügelwesen und ihre zunehmende Erscheinung in der spätarchaischen Bildkunst.
Die frühesten bekannten Erosbilder mit Tieren in der attischen Vasenmalerei sind so spät, dass sie mit der Erfindung des Rotfigurigen zusammenfallen und es nur eine geringe Anzahl von spätschwarzfigurigen Beispielen gibt. Darüber hinaus stimmen die zwei Begleittiere, nämlich Hase und Hahn, mit den bevorzugten Tiergeschenken bei hetero- und homo-erotischen Vasenbildern jener Zeit überein. Diese wenigen Szenen beziehen sich mittelbar auf die damalige Jugenderziehung.
Obwohl im Laufe des 5. Jahrhunderts v.Chr. bei den entsprechenden rotfigurigen Vasen sowohl die Anzahl der Vertreter aus dem Tierreich, als auch die Vielfalt ihrer Darstellungs-weise und ihrer Symbolik zunehmen, sind sie insgesamt in der Minderzahl im Vergleich zu den Szenen mit anderen Eros-Attributen, wie besonders Kränzen und Tänien, Musik-instrumenten, Haushaltsgegenständen und Kultgeräten.
Der Hase bleibt auch im Rotfigurigen das beliebteste Tier, kann aber dann eine doppeldeutige Funktion haben – ähnliches gilt für das Reh; einerseits erscheint er als Verlockung für den verfolgten Jungen auf der anderen Gefäßseite, andererseits tritt er als reizvolles Requisit im idyllischen Aphrodite- und Frauenbereich auf. Auf diese letzten verweisen auch die meisten Szenen, bei denen Eros zusammen mit typischen aphrodisischen Tieren und Vögeln, wie Gänsen, Schwänen, Wendehälsen (Jynx) und Ziegen dargestellt ist. In denselben Rahmen fällt die „Verdoppelung“ der Eros-Gestalt als Zugtier im Zweigespann der Aphrodite, von der Göttin selbst gelenkt. Im Gegensatz dazu übernimmt Eros nur gelegentlich die Rolle des Wagenlenkers bei verschiedenartigen Tiergespannen auf attischen Vasen.
Das im 5. Jahrhundert seltene Bild des delphinreitenden Eros wird einige Male durch eine musikalische Komponente geprägt, wurde aber erst ab dem 4. Jahrhundert und später in mehreren Kunstgattungen beliebter. Alle anderen attischen Vasendarstellungen des ,reitenden‘ Eros (auf Reh, Pferd und Panther) erscheinen erst ab dem letzten Viertel des 5. Jahrhunderts und bei einigen mischen sich aphrodisische und dionysische Elemente bei (Abb. 4).


Nach den bekannten Beispielen zu urteilen, könnte man gewisse Bildtypen der Hochklassik dem erfinderischen Pinsel bestimmter Vasenmaler zuschreiben, so Aphrodites Biga dem Meidias-Maler oder den auf einem Reh reitenden Eros dem Polion. Die Werkstatt des Meleager-Malers (und der Q-Maler) sowie später die Maler der Gruppe-G haben bestimmt zur Gestaltung der Pferdeszenen mit Eros als Reiter-Verfolger von Frauen beigetragen.

© Eleni Manakidou
e-mail: hmanak@hist.auth.gr


Valeria Meirano, Turin
The Representation of Thyrsos on Greek Vases: A Vegetable Attribute in the Dionysian Imagery


The thyrsos is probably the most common and recurrent element characterizing the Dionysian sphere. From the archaic age till Roman times, it acts as a distinctive attribute of Dionysus himself and of its entourage, essentially consisting of satyrs and maenads. Focusing on Attic and Western figured ceramic productions, the communication aims to trace the ways this object was inserted in figured scenes and to investigate its symbolic values. The botanical identification of the plant used to make thyrsoi which is sometimes possible on the basis of the analysis of the most detailed iconographies, will offer further contribution to the understanding and evaluation of this object in the Dionysian imagerie.

© Valeria Meirano
e-mail: valeria.meirano@unito.it


Jennifer Neils, Cleveland
"The Voyage Out": Fish in Attic Vase-Painting


Attic vase painting is noteworthy for the absence of scenes of fishing in spite of the fact that fish were an important part of the Greek diet. In my preliminary survey of fish on Attic vases from the Geometric period to the end of the 5th century BC, it became apparent that fish do not simply reference the sea in a metonymic manner, but in fact are associated closely with sea voyages. In the Late Geometric period shipwreck scenes in particular feature multiple fish, and this close association between the depictions of fish and sea faring continues in black and red figure. Before the advent of fish plates in the late fifth century, specific species are not represented and fish are restricted to mythological scenes of heroes (Herakles, fig. 5, Odysseus) and gods (Dionysos) voyaging overseas. It can be tentatively concluded that fish for Greek 6th and 5th century vase painters had negative connotations, representing the perils at sea, and only later became a symbol of luxury and status.


© Jennifer Neils
e-mail: jxn4@case.edu


Laura Puritani, Marburg
Fufluns und seine Pflanzen in der archaischen Vasenmalerei


Der Name Fufluns ist in etruskischen Inschriften aus dem 5. Jahrhundert v.Chr. erstmalig belegt. Fufluns gilt dabei in der Forschung als die etruskische Entsprechung des griechischen Gottes Dionysos.
Wie schon in den letzten Jahrzehnten vor allem von M. Cristofani gezeigt werden konnte, fand die Assimilation der dionysischen Ikonographie in Etrurien bereits im 6. Jahrhundert v.Chr. im Kontext der intensiven Kulturkontakte zwischen Attika und Etrurien statt. Im Rahmen eines komplexen Akkulturationsprozesses, der nicht nur religiöse, sondern auch ideologische Aspekte der etruskischen Gesellschaft umfasste, identifizierten die Etrusker den griechischen Gott Dionysos mit ihrem Gott Fufluns. Obwohl die archaischen Darstellungen, die Fufluns zeigen, nie Beischriften aufweisen, ist die Identifikation durch den Vergleich mit etwas jüngeren Darstellungen möglich, wie z.B. auf einem Spiegel des 5. Jahrhunderts v.Chr. in Bologna, auf dem Fufluns inschriftlich benannt ist. Hier wird der Gott – ähnlich wie auf attischen Gefäßen – mit seinen charakteristischen Elementen dargestellt: einem Efeukranz, einem langen Gewand und einem Kantharos. Alle diese Elemente sind bereits in Bildern des Gottes aus dem ausgehenden 6. Jahrhundert v.Chr. zu finden. In dem Vortrag wird auf die Frage eingegangen, ob bei der Assimilation des griechischen Dionysos in Etrurien das Verhältnis zur Pflanzenwelt eine Rolle spielte. Da einige Forscher, vor allem G. Radke und M. Cristofani, den ursprünglich etruskischen Namen Fufluns mit einem Stamm *bhlĕu-, *bhlŏu mit der Bedeutung „Schwellen, Sprießen“ verbinden, und somit aus etymologischen Gründen diesen Gott als Natur- und Vegetationsgottheit interpretieren, drängt sich die Frage auf, ob diese Deutung durch die ikonographische Analyse der Fufluns-Darstellungen eine Bestätigung findet.
In meinem Beitrag wird eine Auswahl an Vasenbildern untersucht, die zu den frühesten Vasendarstellungen des Gottes in Etrurien zählen. Ausgehend von einer Amphora der Efeu-Gruppe in Berlin und anderen schwarzfigurigen Gefäßen (Abb. 6), die Efeu, Rebe und andere Pflanzen der dionysischen Welt zeigen, werden die Funktion und die Bedeutung der Vegetation in den frühesten Vasenbildern des Gottes in Etrurien analysiert.


Ein zweiter Aspekt, auf den im Beitrag eingegangen wird, ist das Verhältnis des Gottes und seiner Pflanzen mit dem Jenseits. Die Tatsache, dass der Kult des Dionysos/Fufluns seit dem 5. Jahrhundert v.Chr. eine Verbindung mit der sepulkralen Sphäre hatte, wurde bereits in der Forschung bemerkt (es sei hier zuletzt auf die Beiträge von M. Cristofani, G. Colonna, S. Bruni und C. Pizzirani hingewiesen). In dem Vortrag werden Vasenbilder aus dem Ende des 6. Jahrhunderts mit gleichzeitigen Darstellungen auf Basen von Cippi, Stelen und in der Wandmalerei im Grab verglichen. Es wird überprüft, ob die Pflanzen des Dionysos/Fufluns auf Vasenbildern bereits in der archaischen Zeit mit dem sepulkralen Bereich assoziiert werden konnten.

© Laura Puritani
e-mail: puritanl@staff.uni-marburg.de


Diana Rodríguez Pérez, Edinburgh
Guardian Snakes and Combat Myths: An Iconographical Approach


Due to its behaviour and elemental biological characteristics the snake is a very rich and potentially meaningful animal. A thick net of symbolic meanings stemming from the peculiar nature of the animal was gradually built around it in the ancient Greek world. Defined as “das vieldeutigste Tier” by E. Küster, it shaped a very powerful religious symbol and enjoyed a privileged place in the Greek imagination, being involved in many myths and ritual situations. In this paper I will focus on one of the most long-lasting iconographical motifs concerning this animal: the guardian snake. Sleepless snakes were usually set as antagonists to great Greek heroes to prevent them from trespassing to a particularly sacred territory where they had been sent to carry out the ultimate task of their life: steal an object of particular significance from the jaws of a drakon.
My analysis will centre on the visual rendering of the encountering of several heroes with the snake (Apollo, Jason, Kadmos and Herakles) (fig. 7). The study of these images in their visual contexts will help us dwell on the paradoxical status of this animal in the Greek world, and will show how the snake – or its image – becomes less dangerous over the years and why that was so. Also, special consideration will be given to the different ways in which Athenian and South Italian workshops rendered the same myths and to the implications of the variations both to the myth itself and to the meaning of the snake. The pictorial definition of the liminal landscapes settings of these battles will be addressed and particular attention will be paid to a series of iconographical elements introduced in the scenes over the years that contributed to eventually turn the dangerous and misty garden of the Archaic and Classical periods into a garden of love in the 4th century.


The study of the guardian snake motif in the mythical realm also brings light into obscure non-mythical scenes. In this way, I hope to show that the snakes involved in a couple of doubtful Archaic scenes on two lekythoi by the Cactus Painter so far considered Erynis should be placed in the more generic realm of the guardian snake instead.

© Diana Rodríguez Pérez
e-mail: diana.rodperez@gmail.com


Michaela Stark, Gießen
Eine Stierreiterin aus Kalapodi. Zur Interpretation mythischer Reittiere in der griechischen Vasenmalerei


Bei der Grabungskampagne 2008 wurden im Apollonheiligtum von Abai (Kalapodi) auf dem verbrannten Lehmfußboden des in den Perserkriegen zerstörten archaischen Südtempels, zusammen mit weiteren Gefäßresten, zahlreiche Fragmente einer figürlich verzierten Schale geborgen. Die zum Großteil anpassenden Fragmente gehören zu einer attisch schwarz-figurigen Kylix, die sich stilistisch der Leafless Group zuordnen lässt. Das größte, aus mehreren Fragmenten zusammengesetzte Teilstück der Schalenaußenseite zeigt eine ungewöhnliche Szene: ein Satyr wendet sich in weit ausgreifender Tanzbewegung zu einer Figurengruppe um. Von dieser sind der detailliert in Binnenritzung angegebene Kopf und Bug eines stattlichen Stieres sowie der in Deckweiß angegebene Arm und die ausgestreckte Hand einer Frau erhalten. Der Bildhintergrund ist mit drei großen Weinranken gefüllt (Abb. 8). Weitere zugehörige Gefäßfragmente belegen, dass auf beiden Schalenaußenseiten ein Fries von tanzenden Satyrn dargestellt war. Die nur bruchstückhaft erhaltene, zentrale Figurengruppe lässt sich durch die Positionierung der Frauenhand und aufgrund von Vergleichen als Bild einer Stierreiterin rekonstruieren.


Stierreitende Frauen sind auf einer Vielzahl spätschwarzfiguriger Vasen zumeist attischer Provenienz präsent. Auch in der rotfigurigen Vasenmalerei finden sich vereinzelt Beispiele. In wenigen Fällen lässt sich die dargestellte Frau durch den Bildkontext oder durch Namensbei-schrift als Europa identifizieren und sich somit ein konkreter, dem Bild zugrunde liegender Mythos fassen. Zumeist bleibt die Frau jedoch namenlos. Attribute und Begleitfiguren ver-weisen häufig, jedoch nicht immer, in den dionysischen Bereich. Die Reiterinnen werden in der Forschung als Mänaden angesprochen, der Stier entweder als das Opfertier für Dionysos oder sogar als Inkarnation des Gottes in Gestalt eines Stieres.
Diese Deutung kann jedoch m. E. aufgrund mehrerer Faktoren nicht überzeugen.
Zum einen sind außer dem Stier eine Reihe anderer Reittiere belegt, darunter Ziegenböcke, Widder und Maultiere. Zudem sind auch Dionysos selbst sowie weitere olympische Götter wie Hermes oder Poseidon, in Vasenbildern als Reiter dargestellt.
So begegnet Dionysos auf einem attisch rotfigurigen Stamnos im Louvre in auffällig gelagerter Haltung auf einem Ziegenbock, während die Rückseite desselben Gefäßes Hermes in gleicher Haltung als Widderreiter zeigt. Beide Götter halten einen Kantharos.
Wie sind die Darstellungen zu deuten? Die Reiterrinnen tragen stoffreiche, festliche Gewänder, sowie einen Kranz oder eine Binde im Haar. Häufige Attribute sind Ranken, Weinreben, Kranz, Schale oder Kantharos. Der Opferbezug ist in einigen Darstellungen durch ein Becken oder einen Altar konkret fassbar. Die Begleiter des Zuges tragen Weingefäße oder spielen den Diaulos. Zwei Opferkomponenten wiederholen sich in den Bildern: ein unblutiges Opfer, meist die Weinspende, in Kombination mit einem Tieropfer. Die eigentliche Opfer-handlung wird in den Bildern jedoch nicht gezeigt. Was ist die Funktion solcher Gefäße und in welchen Kontexten waren sie aufgestellt? Die Kylix aus dem Heiligtum von Abai kann auf-grund des Fundkontextes als Votivgabe gedeutet werden. An wen richtet sich die Weihung? Geben die Darstellungen das für die jeweilige Gottheit spezifische Opfer wieder, oder sind die Bildträger solcher Szenen vielmehr als eine Art Pars pro toto für ein kostspieliges Opfer zu verstehen?
In dem Beitrag soll, neben einer Vorstellung und Einordnung des Fundstücks aus Kalapodi, auch eine Neuinterpretation des Bildthemas, ausgehend von der Ikonographie der Dar-stellungen, vorgeschlagen werden.

© Michaela Stark
e-mail: Michaela.Stark@archaeologie.uni-giessen.de


This article should be cited like this: ΦΥΤΑ ΚΑΙ ΖΩΙΑ / Abstracts: Pflanzen und Tiere im Mythos, Forum Archaeologiae 68/IX/2013 (http://farch.net).



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