Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 64 / IX / 2012

RÖMISCHE LEBENSWELTEN UND DAS VERMÄCHTNIS DER RÖMER AN DIE WELT VON MORGEN
Buchbesprechung zu N.H. Ramage und A. Ramage, Das alte Rom. Leben und Alltag

N.H. Ramage und A. Ramage, Das alte Rom. Leben und Alltag (Konrad Theiss Verlag Stuttgart 2012)
Englische Originalausgabe mit dem Titel „Ancient Rome“ (London 2008).
Kosten der dt. Ausgabe: 29,95-.
Übersetzung der dt. Ausgabe: Elisabeth Begemann.

Das Buch gliedert sich nach Vorwort (S. 6f.) und Einleitung (S. 8–17) in zehn Hauptkapitel. Danach kommen Anmerkungen (S. 176–179), eine Bibliographie (S. 180–182), der Bildnachweis (S. 183), eine Zeittafel (184f.), eine Gegenüberstellung von griechischen und römischen Göttern (S. 186), eine Auflistung von Museen mit Sammlungen römischer Kunst (186f.) und ein Register (S. 188–192).
Nancy H. Ramage und Andrew Ramage, die Autoren, sind arrivierte Wissenschaftler der altertumswissenschaftlichen und kunstgeschichtlichen Fächer, denen einerseits umfangreiches theoretisches Wissen zu attestieren ist, und die sich andererseits durch ihre langjährige Mitarbeit an den Ausgrabungen in Sardis / Türkei unmittelbar mit Befunden und Funden auseinandergesetzt haben.
Die Übersetzerin Elisabeth Begemann kommt ebenfalls vom Fach, sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Religionswissenschaft an der Universität Erfurt und war bereits mehrfach als Übersetzerin von englischen Publikationen tätig.
Das hier zu besprechende Buch zeichnet sich durch eine sehr gute Auswahl von Plänen und, auch wenig bekannten, sehr interessanten Abbildungen in angemessener Größe aus. Diese wurden, auch dies ein Vorteil für den Leser, komplementär zum Text ausgewählt. Gut und prägnant sind die Bildunterschriften; bei jenen, die unter die Kaiserporträts gesetzt sind, wäre jedoch darauf hinzuweisen gewesen, dass es sich hier nicht um die Regierungsdaten der Herrscher, sondern um die Entstehungszeit der Bildnisse handelt. Für die Benutzung des Buches überaus nützlich ist der umfangreiche Index am Ende. Leserfreundlich sind ferner die Angabe der Museumssammlungen römischer Kunst und der chronologische Abriss der römischen Geschichte inklusive der Regierungsdaten der römischen Kaiser. Diese als Ergänzungen zum Text aufzufassenden Teile hätten jedoch im Inhaltsverzeichnis Berücksichtigung finden sollen. Positiv hervorzuheben ist die umfangreiche Bibliographie, die sich jedoch beinahe ausschließlich aus englischsprachigen Publikationen zusammensetzt.

Nun zu den einzelnen Kapiteln: In der Einleitung wird von den Autoren betont, dass es sich nicht primär um ein Geschichtsbuch handelt, sondern dass „spezifische Themen in den Mittelpunkt eigener Kapitel gerückt“ werden, da „auf diese Art und Weise Aspekte der römischen Lebensart besser illustriert werden“ können, ein Ziel, das bei dieser Publikation als durchaus sehr gelungen bezeichnet werden kann.
In der Einleitung werden in Unterkapiteln „Griechen und Etrusker“, „Epochen der römischen Geschichte“ und „Veränderte Einstellungen“ behandelt. Es wird knapp auf die mythisch-historische Gründung Roms und die geographische Ausdehnung des römischen Reiches sowie auf das Verhältnis der Römer zu ihren Nachbarn, den Etruskern und den Griechen, eingegangen. Die Übersetzung könnte in diesem Kapitel besser sein: Sätze wie jener auf S. 12 „Von Beginn an hatten die Römer italisches Blut“ oder auf derselben Seite weiter unten „Auch die Römer verwandten zunächst minderwertigen Stein für die Errichtung ihrer Gebäude und Denkmäler…“ erscheinen nicht passend. Ferner hätte man die auf S. 15 getätigte Feststellung römische Kaiser hätten vom späten 1.Jh. v.Chr. bis zum 5.Jh. n.Chr. regiert näher erklären müssen. Das Imperium Romanum wurde nach dem Tod Theodosius I 395 n.Chr. in das West- und Oströmische Reich geteilt, wobei im Oströmischen Reich weit über das 5.Jh. n.Chr. hinaus römische Kaiser regierten.
Kapitel I (S. 18–37), Stadt und Bürgerschaft, ist in die Unterkapitel „Bürgerschaft und Politik“, „Gaius Iulius Caesar und das Ende der Republik“, „Die Kaiser“, das „Römische Privat-Porträt“ sowie „Rom und die Fremden“ unterteilt. Einleitend wird hier auf die geographische Lage und die historische Entwicklung Roms Bezug genommen. Das Forum Romanum wird als politisches, religiöses und wirtschaftliches Zentrum beleuchtet. Thematisiert wird, wer rechtlich überhaupt als römischer Bürger gelten konnte; die Constitutio Antoniniana von 212 n.Chr., die allen freien Bewohnern des Römischen Reichs das Bürgerrecht gewährte, fällt aber nicht in die Regierungszeit des Caligula, sondern in die des Caracalla. Das Bürgerrecht ist Basis des cursus honorum, der politischen Karriereleiter, die im Anschluss gut und prägnant erklärt wird. Das Unterkapitel zu Caesar stellt die historische Überleitung zu den Kaisern dar, deren Geschichte anhand von Bildnissen erzählt wird. Die Kaiser abzubilden, hat sicher den Effekt, sich die politische Geschichte und die Taten dieser Herrscher besser vergegenwärtigen zu können, bezweifeln möchte ich jedoch, dass in den Porträts die den Herrschern in der Literatur zugeschriebenen schlechten Charaktereigenschaften wiedergegeben waren (vgl. z.B. die Beschreibung von Caracalla-Bildnissen auf S. 30). Die Porträts wurden von den Herrschern selbst in Auftrag gegeben und im gesamten Römischen Reich als politisches Propagandamittel verbreitetet. Auf die Kaiserporträts folgen die Privatporträts, da diese oft den kaiserlichen Bildnissen nachgebildet sind.
Kapitel II (S. 38–51) behandelt die römische Armee. In diesem insgesamt sehr gelungenen und interessanten Teil wird die geschichtliche Entwicklung der römischen Armee von einem Bürgerheer zu einem Berufsheer behandelt. Es gibt ein Unterkapitel zur Organisation der Truppen, die in Legionen und Auxiliareinheiten unterteilt waren. Lebendig gestaltet ist dieser Teil des Buches durch die Abschrift eines antiken Textes aus dem hervorgeht, wie groß die Gesamtanzahl einer bestimmten Kohorte hätte sein sollen, jedoch aus Gründen wie Krankheit, Verwundung etc. nicht war. Das Unterkapitel „Triumph“ widmet sich den siegreichen Feldherrn und den ihnen zugeteilten Ehren, wobei in diesem Zusammenhang der Triumphbogen des Titus in Rom näher beschrieben wird, ebenso wie der Umgang mit den Gefangenen während der Triumphzüge (S. 43 mit Abb. 35 und 36). Thema ist auch die Ausrüstung, unter der einer Paradeuniform aus Krokodilhaut zu Recht ein eigener Exkurs gewidmet ist (S. 46 mit Abb. 41 = hier Abb. 1). Private Aspekte der Soldaten werden anhand von Grabdenkmälern (Abb. 42) und schriftlichen Quellen beleuchtet. Genannt werden u.a. Briefe, aus denen etwa hervorgeht, dass sich in Britannien stationierte Soldaten Oliven, Pfeffer, Bier und Kleidung („Socken, Sandalen und zwei Paar Unterhosen“) schicken ließen (S. 48 f.). Den Abschluss bildet ein Exkurs zu den Grenzwällen in Britannien.
Im Kapitel III (S. 52–67), Industrie, Landwirtschaft und Kommunikation werden auf anschauliche Weise die Straßen und das römische Verkehrsnetz thematisiert; darüber hinaus auch die Leitungsrohre als wichtiger Teil der auf hohem Niveau entwickelten römischen Wasserwirtschaft. Dem römischen Ingenieurswesen widmen sich die Unterkapitel „Bögen, Brücken und Aquädukte“, „Hafenanlagen“, „Bergbau“ und „Bewässerung“, die alle ausführlich und gut bebildert auf das jeweilige Thema eingehen. Gezeigt werden in diesem Zusammenhang ein hölzernes Wasserrad aus einer Kupfermine in Spanien (Abb. 56) und eine bronzene Wasserpumpe aus Italien (Abb. 58).
Im Kapitel IV (S. 68–81), Währung und Handel, werden die ursprünglichen Zahlungsmittel (Kupferklumpen, signierte Kupferbarren auf Abb. 59–60) und das Aufkommen der ersten römischen Münzen (aes grave) im 3.Jh. v.Chr. im Zuge der Handelstätigkeit mit den Griechen besprochen. Vorgestellt werden im Folgenden die Handelsplätze, die Handelsgüter und deren Transport. Unter den beliebtesten Gütern, die meist in unterschiedlichen Amphorentypen gehandelt wurden, werden die Fischsauce garum (Abb. 63), Olivenöl und Wein, sowie Getreide und Marmor besprochen. Für die Stadt Rom werden als Umschlagplätze die Häfen Ostia und Portus angeführt, von denen die Waren auf kleineren Schiffen in die Stadt gelangten, wo sie auf den zahlreichen Märkten, die im folgenden beschrieben werden, an die Kunden verkauft wurden. Als Exempel werden in diesem Zusammenhang die Traiansmärkte, ein riesiges antikes Einkaufszentrum, vorgestellt (S. 76f. mit Abb. 65). Den Abschluss bildet ein Abriss zum Agrarhandel und dem Messen von Waren sowie zu jenen Ländern, mit denen die Römer Handel trieben.

Kapitel V (S. 82–97) widmet sich Spektakeln und Spielen. Es beschäftigt sich mit dem „Amphitheater“, dem „Zirkus“, den „Thermen“ und dem „Theater“. In ersterem stehen die Gebäude und die hier ausgetragenen Kämpfe, die Ausbildung und Ausrüstung der Gladiatoren sowie die Tiere der Tierhetzen im Mittelpunkt. Der Zirkus (= das Stadion) als Austragungsort von Wagenrennen wird dem Leser anhand des Stadion des Domitian in Rom (Abb. 78 und 79), die moderne Piazza Navona, näher gebracht. Diskutiert werden die Rennwagentypen und deren Lenker, die die bunten Farben ihrer Sponsoren trugen und so gut zu unterscheiden waren. Das Kapitel Thermen widmet sich der Körperpflege, geht aber auch auf die Bäder als Orte der körperlichen Ertüchtigung und des Freizeitvergnügens ein. Die Theater und die hier veranstalteten Schauspiele beenden den Einblick zu den römischen Unterhaltungsstätten.
Im Kapitel VI (S. 98–117) „Religionen, nah und fern“ wird einer der zentralsten Aspekte römischer Kultur in angemessener Länge in den Unterkapiteln „Götter und Göttinnen“, „Der Kaiserkult“, „Mythologie“, „Die Tempel der Götter“, „Votive und religiöse Haushaltsgegenstände“ sowie „Fremdeinflüsse“ thematisiert und durch Abbildungen von Göttern, Opfertieren, Altären in unterschiedlichen Medien veranschaulicht. Neben der typisch römischen Göttertrias Jupiter, Juno und Minerva, wird auch auf andere Götter, darunter italische wie Silvanus (Abb. 104) und solche aus den eroberten Gebieten wie Mithras, Men und die ägyptischen Gottheiten Isis und Sarapis (Abb. 106–109) Bezug genommen. Berücksichtigt werden zudem der Kaiserkult sowie die jüdische und christliche Religion.
Im Kapitel VII (S. 118–133) „Haushalt“ werden Häuser und ihre Ausstattungen anhand von Beispielen aus den Vesuvstädten Pompeji und Herculaneum vorgestellt (Abb. 113–117). Neben der Architektur der Häuser werden auf die Funktionen der Räume und Gärten, aber auch Details wie die natürliche und künstliche Belichtung thematisiert. Besprochen wird die familia, das sind alle in einem Haus lebenden Personen, die die Akteure der häuslichen Kultausübung waren. Kurz vorgestellt wird in diesem Zusammenhang der römische Hauskult mit der Verehrung der Laren, des Genius und der Penaten (Abb. 123–124). Danach wird die Rolle der Frau (hier Abb. 2), vor allem die als Ehefrau und Mutter, und jene der Kinder behandelt, wobei unter letzteren die Spiele der Erwachsenen subsumiert sind. Den Abschluss bilden das Essen, die Ernährung und die Küche. Das Unterkapitel beginnt mit einem Auszug aus dem „Gastmahl des Trimalchio“ des römischen Schriftstellers Titus Petronius, das den römischen Tafelluxus der frühen Kaiserzeit karikiert. Informiert wird der Leser nicht nur über das Speisegeschirr (Aussehen, Material) (hier Abb. 3), sondern auch über die Speisen selbst. Diese sind uns aus literarischen Quellen und durch antike Darstellungen, sehr konkret aber aus den archäozoologischen und archäobotanischen Resten bekannt.
Im Kapitel VIII (S. 134–149), „Gesundheit, Tod und Jenseits“, wird einleitend die Abhängigkeit des Gesundheitswesens der Römer von jenem der Griechen betont, aber auch auf deren Weiterentwicklung in der Römischen Kaiserzeit hingewiesen und in diesem Zusammenhang auch auf Galenus, einen Arzt des 2.Jhs. n.Chr. Als Quellen für die Krankheiten werden die schriftlichen Quellen angeführt sowie die meist bronzenen medizinischen Instrumente (Abb. 141), die ebenso Auskünfte dazu liefern. Das Thema Aberglaube wird insofern berücksichtigt, als kranke Körperteile in Ton nachgebildet und den für Krankheiten zuständigen Göttern geweiht wurden (Abb. 142). Bei dem auf S. 136 folgenden Unterkapitel „Tod“ wurde vergessen, eine Überschrift zu setzen, weshalb der Übergang von Gesundheit zu Tod sehr abrupt erfolgt. Hier werden die Lage der Nekropolen an den Ausfallstrassen der Städte, die unterschiedlichen Bestattungsarten (Brand- und Körperbestattung), die Grabbeigaben und die Bestattungsrituale behandelt. Im Unterkapitel Sarkophage und Grabsteine werden die auf diesen angebrachten Inschriften, die nähere Auskünfte über die Bestatteten geben, gebührend berücksichtigt. Der Einblick in das Bestattungswesen des kaiserzeitlichen Ägypten bildet mit den gemalten Mumienporträts (Abb. 159–161, hier Abb. 4) einen würdigen Abschluss zu diesem Thema.
Den Quellen widmen die Autoren in Kapitel IX (S. 150–169) einen eigenen Teil des Buches. Es wird der Frage „Woher wissen wir das überhaupt?“ nachgegangen. Aufgezählt und näher erörtert werden als Quellen „Antike Autoren“, „Archäologie“, „Frühe Sammlungen und die Italienreise“, „Wichtige frühe Sammler und Sammlungen“ sowie „Restaurierung, Rekonstruktion und Erfindung“, die interessante Einblicke in die tatsächlichen Quellen und deren Rezeption in nachfolgenden Epochen liefern.
Im Schlusskapitel X (S. 170–175), „Das Vermächtnis des antiken Rom“ wird thematisiert, was nach dem Studium des Buches eigentlich jedem Leser klar sein sollte: Nämlich, dass die Römische Kultur, auch nach dem Ende des West- und Oströmischen Reiches, in unseren heutigen modernen Kulturen fortwirkt.

© Elisabeth Rathmayr
e-mail: elisabeth.rathmayr@oeaw.ac.at

This article should be cited like this: E. Rathmayr, Römische Lebenswelten und das Vermächtnis der Römer an die Welt von morgen. Buchbesprechung zu N. H. Ramage und A. Ramage, Das alte Rom. Leben und Alltag, Forum Archaeologiae 64/IX/2012 (http://farch.net).



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