Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 52 / IX / 2009

DIE ZEITGEMÄSSE RUINE
"Archäologischer Park Ephesos": eine studentische Entwurfsübung der TU Wien

Das Fachgebiet Baugeschichte und Bauforschung der Technischen Universität Wien ist im Rahmen von gemeinsamen Forschungsprojekten mit dem Österreichischen Archäologischen Institut und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im Bereich der Bauforschung schon seit mehreren Jahren der Grabung Ephesos verbunden [1]. Die Mitarbeiter des Fachgebiets kommen dabei allesamt primär aus der Architektur. Daher bleibt es nicht aus, dass die Aufgaben der Bauforschung vor Ort nicht auf das Theoretische - im Sinne von Dokumentation, baulicher Analyse und Interpretation der antiken Ruinen - beschränkt betrachtet werden, sondern dass sie auch im Hinblick auf die Gesamtsituation des Architektonischen und Räumlichen der Grabung Ephesos zum Tragen kommen.
Im Wintersemester 2008/09 wurde vom Fachgebiet eine Entwurfsübung zum Thema "Archäologischer Park Ephesos" durchgeführt, begleitet von zwei im November vor Ort abgehaltenen Lehrveranstaltungen [2].

Nutzungsaspekte in Ephesos - Optimierungsbedarf?
Mit rund 1,8 Millionen Touristen pro Jahr wird der Besuch in Ephesos als ein absolutes Muss der Tourismusindustrie der Ägäisregion gehandelt - und das, obwohl bei einer kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Situation bezüglich Funktionseffizienz und Schlüssigkeit der Erschließungskonzeption und nicht zuletzt bezüglich der Informationsvermittlung schnell offensichtlich wird, dass die touristische (Be-)Nutzung hier höchst problematisch ist. Wichtigster Auslöser und Grund dafür ist Ephesos´ einzigartige Lösung der touristischen Massenerschließung und Wegeführung mit stark ambivalenten Auswirkungen auf die unterschiedlichen Nutzergruppen: die "Zwangswegeführung" vom oberen Eingang am Magnesischen Tor über die Kureten- und Marmorstraße zum unteren Ausgang. Sie ermöglicht dem Massentouristen den Besuch der Anlage in einer veranschlagten Rekordzeit von durchschnittlich nur 40 Minuten Dauer, wobei er stets bergab gehen kann, den Großteil der Anlage durchquert und an den in den Medien als archäologische Highlights ausgewiesenen Orten wie dem Bouleuterion, den Hanghäusern, der Celsusbibliothek und dem Theater vorbeigeführt wird.

Abgesehen von der klaustrophobischen Enge, in der die Menschen in den Hauptstoßzeiten in einer Art künstlichen Schlucht durch eine Galerie von Sehenswürdigkeiten geschleust werden, gibt es kaum geleitete Alternativmöglichkeiten einer individuellen Erfahrung des Ortes.


Massentourismus in Ephesos: Video (647 MB)

Weitere einschneidende, nutzerproblematische Eigenschaften sind in Ephesos darüber hinaus die unorganisierte Ankunfts- und Eingangssituation für Besucher am oberen Eingang, das bisherige Fehlen definierter Orte zur Informationsgewinnung, sanitärer Einrichtungen in genügender Anzahl und Verteilung auf dem Gelände, ausgewiesener Schattenplätze und Ruheorte mit der Möglichkeit, sich mit Erfrischungen zu versorgen. In diesem Spannungsfeld nun kollidieren die Ansprüche und Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzergruppen: Touristen (Pauschal-/Massentouristen, Individualtouristen), Geschäftemacher/Organisatoren, die die Anlage für ihre Zwecke instrumentalisieren können sowie Wissenschaftler und vor Ort Forschende aus den unterschiedlichsten Disziplinen und schließlich die Verantwortlichen des Denkmalschutzes: sie reglementieren nach den Richtlinien der Charta von Venedig [3] die Gratwanderung zwischen der Pflicht zur Erhaltung der Ruinenstätte und der Pflicht der Zugänglichmachung des Ortes für die Öffentlichkeit.
In der Zusammenschau zeigt sich, dass in Ephesos in allererster Linie die beiden größten Nutzergruppen, bei denen gleichzeitig wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen, zufriedengestellt werden: nämlich erstens die Teilgruppe der Massentouristen und zweitens diejenige, die an ihr verdient. Der Pauschaltourist kann Ephesos an einem Ausflugstag seines Reiseveranstalters als einen Event von vielen (zwischen Derwischtanz, Teppichkauf und Raki-Verkostung) "abhaken", ohne auf die Erfahrung des fühlbar Authentischen des historischen Ortes verzichten zu müssen. In einer knappen Stunde bekommt er mundgerecht und leicht verdaulich die Essenz von Ephesos, verkürzt auf die Basics und die Hauptsehenswürdigkeiten, serviert. Bei seinem Kurzaufenthalt, geleitet von einem Guide seines Reiseveranstalters, ist der Pauschaltourist auch derjenige, der die genannten Defizite an Versorgung, Infrastruktur und Information am geringsten zu spüren bekommt. Schneller und größtmöglicher Profit für die Veranstalter und schnelle Abwicklung des kulturellen Pflichtprogramms für die Touristen - geradezu perfekt .... !?
Umfassende Wissensvermittlung hinsichtlich der Gesamtanlage in ihrem gewachsenen, historischen Kontext und das Erleben von Ephesos als Teil einer Jahrtausende alten Kulturlandschaft ist so allerdings unmöglich.

Orts- und Situationsanalyse in der Lehre
2008 entstand die Idee, gemeinsam mit Studierenden der Architekturfakultät der TU Wien im Rahmen einer Lehrveranstaltung optimierende Lösungsansätze für die aktuelle Situation in Ephesos zu finden. Folgende Fragen standen dabei m Raum: Welche zeitgemäßen Möglichkeiten der Präsentation, Information, Wegeführung bietet das 1km² große Grabungsgelände? Wie lassen sich die Anforderungen der denkmalgeschützten musealen (Stadt-) Landschaft einerseits und die Bedürfnisse und Auswirkungen moderner Tourismusindustrie inklusive der hierzu erforderlichen Infrastruktur andererseits aufeinander abstimmen? Welche architektonischen und/oder landschaftsplanerischen Gestaltungskonzepte können/dürfen im vorliegenden Spannungsfeld von a) Erhalten und von b) Erleben des einzigartigen historischen Stadtkontextes mit Objekten von archaischer bis byzantinischer Zeit angewandt werden [4]?
Da es sich dabei für ein studentisches Entwerfen um eine außergewöhnlich komplexe Aufgabenstellung handelte, die Vermittlung von vertieften Kenntnissen über den planerischen Umgang mit archäologischen Stätten aber auch nicht ansatzweise im Studienplan der Architekturfakultät der TU Wien verankert ist [5], musste den Studenten schon im Vorfeld die Möglichkeit geboten werden, Erfahrungen sowohl mit der facettenreichen Materie "Bauen im historischen Kontext" (in der Extremvariante "Antike") als auch mit den Themen Tourismus und Denkmalschutz zu sammeln. Voraussetzung für den aussichtsreichen Umgang mit der eigentlichen Entwurfsaufgabe "Archäologischer Park Ephesos" war gleichzeitig die Aneignung einer intensiven Orts- und Objektkenntnis, die wiederum durch die Kombination der Kernaufgabe mit weiterführenden Lehrveranstaltungen sowie durch eine multidisziplinäre Zusammenstellung des Lehrteams gewährleistet werden sollte. So konnten durch die Erfahrung der Betreuer in ihren jeweiligen Spezialgebieten in Forschung und Lehre die Bereiche Entwerfen, Landschaftsarchitektur, Orts- und Objektanalyse, Planen und Bauen im historischen Kontext und Aspekte der Baugeschichte und des Denkmalschutzes - sich gegenseitig überlappend und ergänzend - abgedeckt werden [6].

Als verpflichtend gekoppelte Lehrveranstaltungen wurden die "Exkursion zur Baukunst II" (Besuch und Analyse der Grabungen in Priene, Milet, Pergamon und Aphrodisias sowie der archäologischen Stätten in der unmittelbaren Umgebung von Ephesos), und ergänzend die "Stadt-Bauaufnahme II" als angeboten. Letztere setzte sich nicht vordergründig mit Ephesos selbst auseinander, sondern mit Selçuk, das trotz hochkarätiger Bau- und Kunstdenkmäler wie der Johanneskirche, der Isa-Bey-Moschee, der Zitadelle und nicht zuletzt dem Artemision und dem Archäologischen Museum stets ein Schattendasein neben Ephesos führte. Gerade diese unausgewogene und doch so starke Beziehung zu Ephesos sowie die jeweiligen Identitätsmerkmale wurden innerhalb von verschiedenen Bearbeitungsthemen wie bspw. "Funktionssysteme des Ortes", "Typologien", "Zentren", "Entwicklungslinien" analysiert. Diese dokumentierenden Untersuchungen der Stadt-Bauaufnahme mit abschließendem Workshop wurden besonders von der Stadt Selçuk und dem dortigen Ephesos Museum mit großem Interesse verfolgt und engagiert unterstützt [7].

Entwurfsaufgabe "Archäologischer Park Ephesos"

Bedürfnisse und Erwartungen der Nutzer
Die Ergebnisse der vorbereitenden Lehrveranstaltungen flossen direkt in die präzisierte Aufgabenstellung des Entwurfs ein. So hatte sich bei der Auswertung der Vor-Ort-Analysen und der geführten Interviews herauskristallisiert, dass trotz der jeweiligen höchst unterschiedlichen Charakteristika, Eigenheiten und nicht zuletzt der unterschiedlichen Ausdehnung der besuchten archäologischen Stätten für folgende Kriterien von Seiten des Besuchers übereinstimmend Berücksichtigung erwartet wird:
Das Bedürfnis, "Überblick" zu haben, bezieht sich sowohl auf klar verständliche Darstellungen in Lageplänen, Schautafeln, Modellen etc., möchte aber auch - sofern die Geographie dies erlaubt physisch erlebt werden. Wiederholt wurde der Wunsch nach individuell abgestimmten und leicht verständlichen Routen gemäß der eigenen Interessen und Bedürfnisse geäußert (Themenpfade).
Interessant und auch ein wenig überraschend war die Erkenntnis, dass in allen besuchten Grabungen in gewisser Weise - und natürlich unterschiedlich stark - immer noch ein historisch gewachsenes Muster spürbar wird: zuerst kamen die Archäologen, dann die ersten Bildungsreisenden, dann die Erfrischungs- und Souvenir-Verkäufer, dann die Umzäunung, dann der Ticketschalter und dann der Massentourismus. Auch bei den gut organisierten und touristisch durchdachten Grabungen wie z.B. Aphrodisias und Pergamon bleibt stellenweise zu spüren, dass das Wegesystem und die Anleitung, es zu benutzen, keinem unabhängigen Konzept folgt, sondern in erster Linie mit dem Blick des Insiders, des mit dem Ort und seiner Besonderheit intensiv Vertrauten entwickelt wurde. Oft ist der Laie mit den Gegebenheiten überfordert: unbekanntes Gelände, Lesen ungewohnter (Lage-) Pläne, Informationsflut zu historischen und baugeschichtlichen Details. Er kann die gebotenen Möglichkeiten nicht selbstverständlicher Weise mit dem zur Verfügung stehenden Informationsmaterial, womöglich noch kreativ, ausschöpfen.
Iin weiterer und in seiner geäußerten Dringlichkeit unerwarteter Aspekt, bei dem die Archäologen wohl kaum ein Schmunzeln verbergen können, ist das von den Medien transportierte Bild der Archäologie, das sich tendenziell auch in den Erwartungen vieler Besucher an das Funktionieren einer archäologischen Stätte widerspiegelt: beeinflusst durch Action-Filme, in denen Archäologie als reiner Nervenkitzel und als Krimi verkauft wird, sollen archäologische Stätten möglichst auch noch den Romantik- und Abenteuer-Faktor bedienen. Die mittlerweile zum alltäglichen TV-Programm zur besten Sendezeit gehörenden Sendungen der Science Channels wiederum führen dem Zuseher direkt (quasi live) an die archäologische Stätte. Stark verkürzt und verallgemeinernd werden hier - belebt durch das Nachspielen historischer Ereignisse mit aufwändigen Ausstattungen - archäologische Sachverhalte mehr oder weniger seriös, aber immer leicht nachvollziehbar, präsentiert. Diese spielerische Aneignung von Information für Erwachsene ("Infotainment") wünschen sich viele Besucher auch für archäologische Parks, wobei hier die Erfahrung durch das Authentische des Ortes noch gesteigert werden soll.

Konzeptideen "Archäologischer Park Ephesos"
Die Entwurfsübung "Archäologischer Park Ephesos" teilte sich in zwei aufeinander abgestimmte Aufgabenbereiche, erstens die Entwicklung eines neuen Wegekonzeptes nach selbst bestimmten Parametern unter Berücksichtigung landschaftsplanerischer Aspekte und zweitens in eine Vertiefungsphase, die die punktuelle Ausarbeitung der Konzeptidee in einem Entwurf (z.B. Eingangsgebäude, Servicepoints, Ausstellungsfläche, Informationszentrum) beinhaltete. In der Zusammenschau der allgemeinen Erkenntnisse über die Idealvorstellungen des fachfremden Besuchers über archäologische Stätten und der Untersuchungsergebnisse zur speziellen Situation in Ephesos konzentrierten sich schließlich die Aufgaben auf die Schaffung von Lösungsvorschlägen für folgende Aspekte:
a. Einrichten eines organisierten und sicheren Ankommens in Ephesos, Gelegenheit zur Orientierung im Grabungsgelände
b. Entwicklung und Angebot alternativer Besucher-Routen ("Navigationssysteme")
c. Bereitstellung von Einrichtungen zur Wissensvermittlung
d. Schaffung der Möglichkeit, dem Besucher physisch einen Überblick über die Gesamtanlage zu verschaffen, um gleichzeitig auch ein Verständnis für die Einbettung der Anlage in den Kontext von Natur und (Kultur-)Landschaft zu vermitteln.
Ein Hauptanliegen der Studierenden wäre die Entlastung der "Hauptverkehrsader" Kureten- und Marmorstraße gewesen, aber da die dort herrschende Situation der beteiligten Mehrheit nur Vorteile bringt, wurde dieser Umstand als ein (momentan) unabänderlicher, im Entwurf zu berücksichtigender Parameter gewertet. Alle StudentInnen haben daher versucht, zusätzliche Alternativ-Routen zu entwickeln, die sowohl die Kureten- und Marmorstraße nur abschnittsweise einbeziehen als auch themenorientiert (Stätten historischer Persönlichkeiten oder religiöser Bedeutung, Wasser in Ephesos, Sichtachsen etc.) und/oder bedürfnisorientiert (Kinder, eingeschränkte Mobilität durch Alter/Krankheit etc.) und/oder gestaffelt nach der veranschlagten/gewünschten Besichtigungsdauer aufgebaut waren. Erkennbar war in den Konzepten durchgehend der Wunsch, Abstand zur Hektik der "Hauptstraße" zu erreichen. Damit verknüpfte Mittel waren dabei oft weitere Punkte aus dem Aufgabenkatalog, wie beispielsweise die Ermöglichung der physischen Übersicht über die Gesamtanlage durch entsprechende Vorschläge wie die Einbeziehung einer (teilweisen) Begehung der hellenistischen Stadtmauer oder die Reaktivierung der Akademiegasse, die - einen Weitblick nicht nur über das Grabungsgelände, sondern auch über die Mäanderebene bietend - den Embolos mit dem Theater verbindet. Durch die Einbeziehung von bisher nur am Rande oder gar nicht zugänglichen Bereichen der Grabung wurden umfassende Konzepte für Themenpfade möglich.

Bei der vertiefenden Ausarbeitung der Konzeptideen waren bei den vorgelegten Arbeiten drei Schwerpunktthemen auszumachen: Die Inszenierung des Ankommens, die Planung von Orten der Informationsvermittlung und Entwürfe, die verstummte Orte verstehbar machen sollten. Häufig wurden dabei mehrere Aspekte gleichzeitig bedient, wie bei dem Entwurf "Hafentheater", der eine Annäherung an Ephesos von der Hafenseite - wie sie in der Antike möglich war - entwickelte oder dem Entwurf "Finde den Weg", dessen Grundidee für ein Informationsleitsystem von dem in Ephesos heute kaum wahrnehmbaren, antiken Straßenraster abgeleitet wurde. Ein weiteres Projekt, das die narrativen Elemente des Ortes nutzte, konzipierte eine Hommage an einen der antiken Haupteingänge in die Stadt, an das Magnesische Tor, indem der Moment des Heraustretens aus der modernen und das Eintreten in die antike Welt inszeniert wird. Eine wohl durch die Ortsanalyse beeinflusste Tendenz war darüber hinaus hinsichtlich der Einbindung des Artemision-Geländes erkennbar: gleich in vier von zwölf (Gruppen-) Arbeiten wählten die Studierenden diesen heute besonders stark verunklärten Ort, der jedoch die unmittelbarste Kontaktstelle - sowohl räumlich als auch historisch - zwischen Selçuk und Ephesos bildet, als Vertiefungsthema. Sie beschäftigten sich mit der Idee eines Haupt-Zugangbereichs und/oder eines Informationszentrums an dieser Stelle, z.B. sensibel ausgearbeitet in der Arbeit "Piazza and Avenue". Konsequenterweise fand die ehemalige Prozessionsstraße als Mittler zwischen Ephesos und dem Artemision ebenfalls wiederholt in den Konzepten Berücksichtigung.

Die Ergebnisse des Entwurfseminars und der Stadt-Bauaufnahme wurden im April 2009 im Rahmen einer kleinen Ausstellung im Ephesos Museum vorgestellt [8].

Fazit
Archäologische Stätten befinden sich häufig noch in einem historisch gewachsenen Dornröschenschlaf. Mittlerweile macht sich jedoch ein verstärkter Bedarf an planerischen Lösungen für die besucherorientierte Nutzung archäologischer Stätten bemerkbar - nicht zuletzt unter dem Druck des Rentabilitätserhalts. Auch auf internationaler Ebene ist durch die momentan auffallende Häufung von Veranstaltungen mit entsprechenden Inhalten eine diesbezügliche Tendenz bemerkbar [9]. Die Architekturfakultäten und besonders diejenigen, die sich auch im Bereich Bauforschung bewegen, würden das nötige, bisher wenig genutzte Potenzial aufweisen, sich mit der Materie "Zeitgemäße Ruine" auseinanderzusetzen. Es wäre wünschenswert, dieses von den Architekten bisher wenig genutzte Betätigungsfeld - im interdisziplinären Schulterschluß mit Archäologen, Landschaftsarchitekten, Raumplanern und Denkmalpflegern - dementsprechend zu aktivieren.
Das Entwerfen "Archäologischer Park Ephesos" stellte für die beteiligten StudentInnen und nicht zuletzt auch für die Betreuer trotz der vorbereitenden und begleitenden Lehrveranstaltungen sicher eine große Herausforderung dar. Für die Architekturfakultät der TU Wien stellte dieses Entwurfsthema, bei dem der historische Bestand, die antike Architektur, im unantastbaren Mittelpunkt der Analyse und der Planung stand, ein eher ungewohntes Betätigungsfeld dar. Es konnte auf wenig vorhandenen Erfahrungsschatz zurückgegriffen werden, die Instrumente für den adäquaten Umgang mit der archäologischen Stätte mussten in ihrer ganzen Komplexität erst neu erarbeitet werden. Darüber hinaus waren das Anwenden der vor Ort erlangten Erfahrungen und das interdisziplinäre Herangehen in besonderer Weise erforderlich. Was sich alle Beteiligten gewünscht hätten, wäre mehr Zeit für vertiefende Analysen und für weiterführende Recherchen gewesen, vielleicht sogar für eine Wiederholung der Reise nach Ephesos - mit geschärftem Blick und mit vielen neuen Fragen [10].

[1] Laufende Kooperationsprojekte in Ephesos: a) Großes Theater, Bauforschung; b) Sog. Oktogon, Dokumentation und Analyse.
[2] Während der 14-tägigen Dauer der Arbeiten vor Ort wurde den Studierenden und den Betreuern das Grabungshaus des ÖAI in Selçuk mitsamt seiner Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Hierfür sei der stellvertr. Leiterin der Grabung Ephesos, Dr. Sabine Ladstätter, nochmals herzlich gedankt.
[3] Internationale Charta über die Erhaltung und Restaurierung von Kunstdenkmälern und Denkmalgebieten, II. Internationaler Kongress der Architekten und Techniker der Denkmalpflege, Mai 1964, Art. 15 (das 1964 verabschiedete Dokument bildet die einzig verbindliche Grundlage für den Umgang mit historischer Bausubstanz auf internationaler Ebene).
[4] siehe Lehrveranstaltungsankündigung (http://tuwis.tuwien.ac.at/zope/_ZopeId/35284139A2ordV5Ygnc/tpp/lv/lva_html?num=250419&sem=2008W)
[5] Die meisten Studenten hatten bisher Ausgrabungsgelände der Antike allgemein nur selten besucht, viele waren zum ersten Mal in der Türkei.
[6] Dr.techn. Vittoria Capresi (Objekt- und Ortsanalyse, Entwerfen), Univ.Prof. Dr. Marina Döring-Williams (Objekt- und Ortsanalyse, Baugeschichte und Bauforschung), Uni.Prof. DI Richard Stiles (Landschaftsarchitektur), Dipl.-Ing. Gudrun Styhler-Aydin (Entwerfen, Objekt- und Ortsanalyse), Dipl.-Ing. Andreas Vass (Planen und Bauen im historischen Kontext).
[7] Die Unterstützung erfolgte in erster Linie in der Bereitstellung von zuverlässigem Informationsmaterial, in der Zugänglichmachung von für die Öffentlichkeit (zur Zeit) unzugänglichen Bereichen und in der Gewährung von Experten-Interviews bezügl. Planung und Entwicklung in Selçuk und Ephesos. An dieser Stelle sei für die Hilfe vor Ort nochmals Bürgermeister Hüseyin Vefa Ülgür und Museumsdirktor Cengiz Topal herzlich gedankt. Der Bürgermeister nahm außerdem mit mehreren Mitgliedern der Stadtverwaltung an der Diskussion im Rahmen der Endpräsentation der Lehrveranstaltung (Workshop) im Grabungshaus teil.
[8] Für die Ausstellung und die Eröffnungs-Veranstaltung stellte das Ephesos Museum seine Räume zur Verfügung. Hierfür seien dem Hausherrn HR Dr. Kurt Gschwantler und Dr. Georg Plattner nochmals größter Dank ausgesprochen.
[9] Beispiele von diesbezüglichen Tagungen/Workshops: Konferenz "The Image of Heritage: Changing Perception, Permanent Responsibilities", Florenz, 5.-8. März 2009; - ECLAS Conference 2009 "Landscape and Ruins. Planning and design for the regeneration of derelict places. Genua, 23.-27. September 2009; - Konferenz "Schutzbauten und Rekonstruktionen in der Archäologie - von der Ausgrabung zur Präsentation". Internationale Tagung vom 21.-23. Oktober 2009, LVR-Archäologischer Park Xanten / LVR-Römer-Museum ; - Workshop für Studenten: "The importance of cultural heritage for tourism - Comparison of different countries (towns)", Florenz, 16.-23. November 2009.
[10] Vielen Dank nochmals für den geleisteten Einsatz an alle studentischen Teilnehmer: A. Balic, E. Borowan, C. Daim, T. Divoky, M. Falkensammler, K. Gießenbacher, C. Helth, A. Hübl, H. Kovar, J. Linsberger, N. Lovse, D. Marcucci, V. Pass, A. Rosic, M. Sahin, S.B. Sappert, I. Schmitzer, B. Somogyvary, C. Stallforth, R. Strelec, S. Topal, I. Zlatkovic.

© Marina Döring-Williams
e-mail: doering-williams@tuwien.ac.at


This article should be cited like this: M. Döring-Williams, Die zeitgemäße Ruine. "Archäologischer Park Ephesos": eine studentische Entwurfsübung der TU Wien, Forum Archaeologiae 52/IX/2009 (http://farch.net).



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