Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 20 / IX / 2001

KONSERVIERUNG VON KERAMIK DER SAMMLUNG DES INSTITUTS FÜR KLASSISCHE ARCHÄOLOGIE DER UNIVERSITÄT WIEN

Im SS 2001 konnten im Zuge einer Lehrveranstaltung des Institutes für Konservierungswissenschaften und Restaurierung-Technologie, o.Prof. Mag.Dr. Gabriela M. Krist, der Universität für Angewandte Kunst Wien, im Fachbereich Bodenfunde folgende Keramikobjekte aus der Sammlung des Institutes für Klassische Archäologie der Universität Wien konserviert werden: schwarzfigurige Lekythos, Inv.-Nr. 1243; schwarzfigurige Augenschale, Inv.-Nr. 1217; rotfigurige Loutrophoros, Inv.-Nr. 1245.
Zusammenfassend waren nach einer genauen Befundung des Erhaltungszustandes und der bisherigen Restaurierungsmaßnahmen folgende Eingriffe erforderlich: Lösen der alten Klebungen, Entsalzung, Festigung der Objekte Inv.-Nr. 1243 und 1245, Kleben und Ergänzen.

Lösen der alten Klebung
In der Überzeugung eine exaktere Klebung der einzelnen Fragmente bewerkstelligen zu können, wurden die alte Klebung (Weißleim, Polyvinylacetat) und gleichzeitig auch über Bruchränder hinaus verschmierte Klebereste im Acetonbad völlig gelöst.

Entsalzung [1]
Die Objekte sind der Gruppe "porösen Irdenware mit Tonschlickermalerei" zuzuordnen - ein produktspezifisches Merkmal, das auch die Verfallsmöglichkeiten wesentlich bestimmt: Von porösen Scherben werden Salzlösungen, z.B. während der Bodenlagerung aufgenommen, die bei Trocknungs- und Feuchtphasen ihren Aggregatzustand (und ihr Volumen) verändern, dabei im Scherben drücken, diesen zermürben und mit der Zeit die Festigkeit der Ware reduzieren sowie auch dichtere Überzüge absprengen können. Neben der Aufnahme von Bodensalzen ist gerade bei Altbeständen in Museen und Sammlungen eine häufig festzustellende hohe Versalzung auch auf die lange Zeit allgemein übliche Reinigung mit Salzsäure zurückzuführen.
Zur Substanzkonservierung erfolgte daher ein mit dem Leitwertmesser kontrolliertes Auswaschen aller wasserlöslichen Salze aus den Keramikfragmenten im deionisierten Wasserbad. Zur Aufarbeitung der Salzproblematik wurden die Objekte beprobt.

Festigung [2]
Keramik kann schon vom Herstellungsprozeß oder wie eben beschrieben durch Salz- und Frostsprengung so geringe Festigkeit aufweisen, daß sie, als Einzelfragment und erst recht im wieder zusammengeklebten Verband aufbewahrt, vielen Beschädigungsmöglichkeiten ausgesetzt bleibt. Derart weiche Keramik als Scherbenhaufen nur mit der Vorkehrung "Vorsicht zerbrechlich" aufzubewahren oder andererseits doch zu festigen - das Für und Wider eines derartigen Eingriffs muß selbstverständlich im Einzelfall immer neu diskutiert und abgewogen werden. So sind bei den Keramikkomplexen Inv. 1243 und 1245 zahlreiche Oberflächenschäden und vor allem ihre sehr stark abgerundeten und verschliffenen Bruchkanten sicher auf mehrmals wiederholte Klebeversuche bei nicht ausreichender Festigkeit zurückzuführen, was als letzte Konsequenz ein erneutes Kleben dieser Fragmente ohne vorausgegangener Festigung ausschloß.
Bei den sehr weichen Scherben der Objekte 1243 und 1245 war es daher notwendig, eine Festigung mittels Kieselsäureester über Kapillarsogaufnahme vorzunehmen.



Kleben und Ergänzen [3]
Zum erneuten Kleben fand Paraloid in Aceton gelöst Verwendung.
Die Keramik war bei allen Ergänzungsarbeiten zum Schutz mit einer Latexhaut überzogen.
Beim Abformen der Keramikoberfläche und Abdecken der Fehlstellen kam Ton oder auch Silikon als Negativmasse zum Einsatz. Die Fehlstellen wurden, wann immer möglich, beidseitig geschlossen, um ein Nacharbeiten der Ergänzungen zu umgehen. Das Füllen der Fehlstellenhohlräume wurde durch Injizieren von oder Ausgießen mit (wie sonst auch üblich) Gips als Ergänzungsmaterial bewerkstelligt, die stark abgerundeten Bruchkanten allerdings mit Kreidegrund gekittet, der ein überaus originalschonendes Abarbeiten und Anpassen mit angefeuchteter Watte erlaubt. Um beim trotzdem nicht zu umgehenden Nacharbeiten Keramik und Ergänzung klar voneinander unterscheiden zu können, blieben die verwendeten Ergänzungsmassen (Gips und Kreidegrund) vor dem Auftragen unpigmentiert. Das Kolorieren der Fehlstellen erfolgte mit Acryl im Keramikton mit Airbrush oder Pinsel. Mit dieser abschließenden Retusche ist in Zukunft eine dem Kunstwert angemessene Präsentation möglich.

[1] R. Wihr, Restaurieren von Keramik und Glas (1977) 99ff. 252; K. Herold, Konservierung von archäologischen Bodenfunden. Metall, Keramik, Glas (1990) 98ff.
[2] Wihr a.O. 92ff.; Herold a.O. 101f.; E. Sander-Conwell, Tränkung poröser Keramik, Arbeitsblätter für Restauratoren 2, 1995, Gruppe 4, 94-97.
[3] Wihr a.O. 101. 114ff.; Herold a.O. 105ff. 107ff.; C.H. Wunderlich, Kleben archäologischer Keramik mit Cellulosenitrat - Die Hintergründe zur Rezepturenentwicklung von Archäocoll 2000, Arbeitsblätter für Restauratoren 2, 1997, Gruppe 4, 98-105.; U. Strnischtier, Ergänzungsverfahren bei griechischer, schwarz- und rotfiguriger Keramik mit eingefärbtem Moltofill, Arbeitsblätter für Restauratoren 1, 1987, Gruppe 4, 71-75; R. Fischer - T. Brugnoni, Fehlstellenergänzung auf Wachsbasis - "Archeo Stucco", Arbeitsblätter für Restauratoren 2, 2000, Gruppe 4, 107-110.

© Ursula Egger, Marlene Sprenger, Petra Süß (Studentinnen des Fachbereichs Bodenfundkonservierung, SS 2001)
Karl Herold (Lehrbeauftragter)
e-mail:
mailbox@oeai.univie.ac.at

This article will be quoted by K. Herold et.al., Konservierung von Keramik der Sammlung des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Wien, Forum Archaeologiae 20/IX/2001 (http://farch.net).



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