Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 11 / VI / 1999

WERKSTÄTTEN
HELLENISTISCHER RELIEFBECHER DER PELOPONNES:
Bisher bekannte 'Töpfersignaturen' und ihre Bedeutung

Ausgehend von den Arbeiten zu hellenistischen Reliefbechern aus der Stadt Elis sowie besonders jenen aus Lousoi [1] (Abb. 6) stellt sich der Verfasserin immer wieder die Frage nach der Definition und Abgrenzung lokaler Töpferateliers, ihrer betrieblichen Organisation oder nach den Verkaufs- und Vertriebsmöglichkeiten bezüglich ihrer Produkte. Als Ausgangspunkt für eine derartige Untersuchung boten sich die relativ gut publizierten Reliefbecher-Werkstätten der Peloponnes an [2].
'Töpfersignaturen' und besonders die ihnen so weit als möglich zugeordneten Einzelstempel oder Punzen bilden die Basis für eine methodische Aufarbeitung mittels Punzenvergleich von mit Einzelstempeln dekorierter Keramik eines Töpfers oder Töpferateliers [3].

Abb. 6: Reliefbecherfragmente mit den Signaturresten KEP aus Lousoi

Als 'Töpfersignaturen' werden hier ausschließlich jene graphischen Markierungen bezeichnet, welche - vermutlich vom Töpfer selbst - vor dem Brand in das noch feuchte Gefäß eingetieft, eingeritzt oder eingestempelt wurden, bezogen auf das vorliegende Thema also auf die Formschüssel (oder das Model) für den Reliefbecher. Dies ist genauso vorzustellen, wie z. B. bei der bekannteren Arretina.
Als Grundlage wurde eine Tabelle zur Erfassung der Töpfersignaturen erstellt. Sie gibt einen Überblick über die vor Ort produzierenden und signierenden Töpfer innerhalb der Produktionszeit von hellenistischen Reliefbechern, sprich in der Zeit vom dritten oder vierten Viertel des 3. Jhs. bis zum frühen oder zur Mitte des 1. Jhs. v.Chr. In einem Anhang dazu wurden auch die bekanntgewordenen exportierten Reliefbecher mit Signatur gesammelt.
Nur kurz sei auf einige Töpfer der Peloponnes verwiesen, die von Protomachos in Elis, Philokles in Sparta, Kleagoras in Argos oder dem dort bekanntesten Atelier, welches mit einem Monogramm signierte, stammen. Insgesamt konnten bis jetzt 161 Signaturen bzw. Signaturreste aufgefunden werden. Davon sind ca. zwei Drittel an der Wandung aufgebracht, das restliche Drittel im Bodenmedaillon. Die meisten sind eingeritzt, nur ca. 10 % sind eingestempelt. Ein bis ca. 16 % der insgesamt einer Töpfer-Werkstatt zugewiesenen Stücke vor Ort besitzen eine Signatur. Die Signatur des Töpfers kann entweder aus seinem vollen Namen im Nominativ oder weit zahlreicher im Genetiv bestehen; oft findet sich jedoch nur eine Kürzung dieses Namens. Diese Kürzungen setzen sich dann nur aus zwei, drei oder höchstens vier Buchstaben des Namens zusammen. Mitunter kennzeichnen nur sogenannte Monogramme die Reliefbecher. Es besteht zwar die Möglichkeit einer Signatur mit einem Doppelnamen (z.B. 'Deme-Jaso'), ansonsten muß aber betont werden, daß sich immer nur eine einzige Signatur auf den hellenistischen Reliefbechern findet und nicht, wie bei manchen späteren reliefdekorierten Terra Sigillata-Produkten, die Signaturen zweier verschiedener Töpfer.
Vergleicht man nun diese Signaturmöglichkeiten mit Reliefbechern aus anderen Regionen, so erhält man für den griechischen Raum ähnliches, z.B. 'Bionos' in Athen, 'Menemachou' oder 'Me' auf Delos, 'Moiragenou', 'Demetriou' oder 'Posileou' im Schwarzmeergebiet. In Mittel- und Süditalien signieren die Töpfer im allgemeinen, wie man es von der zeitlich späteren reliefdekorierten Terra Sigillata kennt, mit gekürztem Praenomen und dem nomen gentilicium im Genetiv, so z.B. bei den italo-megarischen Reliefbechern des C. Popilii oder des L. Atinii [4].
Nach der Betrachtung des Signatur-Bestandes, deren Formen und Möglichkeiten, diese anzubringen, bleibt die Frage nach Sinn und Zweck der Signaturen. Dem Großteil der bisher dazu gegebenen Antworten oder Interpretationen, wie z.B.:
- sie kennzeichnen die Qualität oder die Exportware,
- sie seien eine Art von Deklarierung (auch für Konsumenten),
- sie zeigen uns die Kleinheit der Betriebe, vor allem im Späthellenismus,
- sie wurden ausschließlich aufgrund innerer, betriebsinterner bzw. auch brennorganisatorischer Gründe auf den Reliefbechern angebracht [5],
kann - bezogen auf die bisher bekannten Reliefbecher-Ateliers wie auch auf die Ergebnisse in der Forschung zur reliefdekorierten Terra Sigillata - nicht zugestimmt werden. Als einzige Antwort bleibt das aufkommende Selbstbewußtsein der Töpfer bereits in der Zeit vor dem späten Hellenismus oder 'schärfer' formuliert: die menschliche Eitelkeit. Das Unterfangen aufgrund der Signaturen mehr über die Organisation der Ateliers zu erfahren, blieb daher bis jetzt erfolglos. Jedoch wird es in Zukunft mittels ähnlicher Zusammenstellungen von signierten Beispielen möglich sein, mehr über den Vertrieb der Produkte der Reliefbecher-Werkstätten in Erfahrung zu bringen.

[1] Ch. Rogl, Hellenistische Reliefbecher aus der Stadt Elis, ÖJh 65, 1996 Beibl. 113-158; dies., Homerische Becher aus der Stadt Elis, in: 4. Kongreß zur hellenistischen Keramik, Mytilene 1994 (1997) 317-328; dies., Hellenistische Reliefbecher der österreichischen Grabungen im Stadtgebiet von Lousoi: Zur Frage der Importe und der lokalen Produktion, in : Akten zum Symposion "Forschungen in der Peloponnes", Athen 1998 (im Druck); dies., Hellenistische Reliefbecher und -gefäße aus der arkadischen Stadt Lousoi (unpubl. Diss. Salzburg 1998).
[2] G. Siebert, Recherches sur les ateliers des bols à reliefs du Peloponnèse à l'époque hellénistique (1978).
[3] Ebenda 8 zur Methode des Punzenvergleiches.
[4] P. Puppo, Le coppe megaresi in Italia (1995) 39 ff. 64 f. Zsg. 32, A 1.
[5] Siebert a. O. 216.

© Christine Rogl



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