Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 11 / VI / 1999

DAS SPÄTANTIKE BAD VON KLOSTERNEUBURG

Knapp innerhalb der südöstlichen Kastellmauer wurde bei den Grabungen der Jahre 1953/54 auf dem Stiftsplatz von Klosterneuburg ein Badegebäude aufgedeckt, das nach Funden von Ziegelstempeln in die 2. Hälfte des 4. Jhs. n.Chr. datiert wird. Es ist ungefähr Nordwest - Südost orientiert und teilt sich in eine Reihe von drei beheizten Räumen, die als Gebäude A bezeichnet wurden. Daran schließt im Nordosten der unbeheizte Saal B an (Abb. 11). A verbreitert sich nach Südosten hin um rund einen Meter, wobei die aus der Flucht des übrigen Gebäudes ausscherende südwestliche Außenmauer im rechten Winkel zur Kastellmauer steht. Dies weist in Verbindung mit der Flucht der bis unter die Ostecke von B festgestellten älteren Mauer vielleicht auf ein nicht ganz rechtwinkeliges Achssystem im Kastell hin.


Abb. 11: Badegebäude des Kastells Klosterneuburg (nach R. Egger, Die Anlage im Nordwesten der Capella Speziosa, in: H. Fillitz [Hrsg.], Akten zum VII. Internationalen Kongreß für Frühmittelalterarchäologie, Wien 1958 [1962] 326 Abb. 1)

Im Warmbadetrakt A ist Raum I, der durch zwei über Eck gestellte Apsiden erweitert wird, als Caldarium zu erkennen. Das Praefurnium liegt vor der seitlichen Apsis, da sonst zwischen Kastellmauer und Bad wohl keine Möglichkeit des Durchgangs mehr gegeben gewesen wäre. Der anschließende Raum II ist als Tepidarium zu bezeichnen. Er wird indirekt von Raum III aus beheizt, dessen Praefurnium an seiner Nordwestseite liegt. In diesen Raum öffnet sich der einzige Eingang in den Warmbadetrakt. Als Durchgangsraum zum Kaltbadetrakt ist er wohl eher als Tepidarium denn als Sudatorium zu deuten, was auch durch den Vergleich mit anderen Blockbädern mit drei hintereinander gereihten warmen Baderäumen und reihenförmig organisiertem Badeablauf bestätigt wird.
Raum B ist durch Baufugen von der Raumzeile A abgesetzt, weshalb er als späterer Anbau bezeichnet wird. Allerdings ist vor dem Warmbadetrakt ein unbeheizter Bereich vorauszusetzen, in welchem die Funktionen von Frigidarium und Apodyterium untergebracht sind, so daß die Deutung als Blockbad davon nicht berührt wird. Entweder ist die Baufuge im Bauvorgang begründet, indem die Reihe der warmen Baderäume zuerst errichtet worden ist, oder es ist ein Vorgänger für B anzunehmen, für den aber eindeutige Hinweise nicht vorhanden sind. Auf jeden Fall ist Raum B ein Teil des Bades. In der Apsis an seiner Südostseite ist wohl eine Piscina anzunehmen. Da keine Raumteilung festgestellt werden konnte, ist er als multifunktionale Halle zu verstehen, welche die Funktionen von Frigidarium und Aufenthaltsraum vereint. Wenn beim durch den späteren Friedhof gestörten Nordteil von B keine weiteren Anbauten vorhanden waren, dürfte er auch als Apodyterium gedient haben.
Spätere Umbauten im Bad betreffen vor allem den Warmbadetrakt. Die von Ziegelplatten gerahmten drei Heißluftdurchlässe vom Tepidarium II ins Caldarium I scheinen nachträglich eingerichtet worden zu sein, da sie im Gegensatz zu den Heizöffnungen der ersten Periode nicht als gemauerte Ziegelbögen gebildet sind. Dies könnte mit dem Einbau einer Schlauchheizung in Raum II zusammenhängen, deren Praefurnium in Raum III liegt. Spätestens mit der Aufgabe auch dieser Heizung verliert das Gebäude seine Funktion als Bad.

Literatur:
R. Egger, Die Anlage im Nordwesten der Capella Speziosa, in H. Fillitz (Hrsg.), Akten zum VII. Internationalen Kongreß für Frühmittelalterarchäologie, Wien 1958 (Graz - Köln 1962) 325 ff.
G. Wlach, Römische Badeanlagen in Österreich (unpubl. Diss. Wien 1986) 158 ff.
H. Ubl, Das römischer Klosterneuburg, in: F. Röhrig - G. Otruba - M. Duscher u. a., Klosterneuburg, Geschichte und Kultur 1 (Klosterneuburg - Wien 1992) 46. 63 ff.

© Manfred Philipp



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