Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 11 / VI / 1999

TONLAMPEN AUS DER GYMNASIUM - TYCHEION - GRABUNG VON AIGEIRA

Die in diesem Beitrag vorgestellten Tonlampen wurden bei den österreichischen Ausgrabungen im antiken Aigeira 1981 bis 1988 unter der Leitung von W. Alzinger im Grabungsbereich des sogenannten Gymnasium bzw. Tycheion aufgefunden. Da sich aus dem Grabungsbefund selbst bis jetzt keine neuen Hinweise für die zeitliche Einordnung der Lampenfunde gewinnen lassen, beruhen alle hier gemachten Angaben zur Datierung vorerst nur auf Vergleichen mit anderen Fundorten.
Typologisch kann derzeit eine hellenistische Gruppe des 3. bis 2. Jhs. v.Chr. und eine zahlenmäßig größere römische Gruppe des 2. bis 4. Jhs., vielleicht auch beginnenden 5. Jhs. n.Chr. unterschieden werden.
Unter den hellenistischen Lampen befinden sich sowohl bekannte Typen als auch offenbar lokal oder regional hergestellte Formen, für die es bis jetzt keine genauen Parallelen gibt. So auch ein fehlgebranntes, weit geöffnetes Exemplar mit einem Schulterinnenrand - Durchmesser von 29-30 cm und mit ursprünglich ca. 45 Schnauzen (Abb. 7). Vielschnauzige Lampen fanden hauptsächlich in sakralem Kontext Verwendung. Inwieweit die Lampe in Aigeira in Beziehung zu einem der Heiligtümer zu sehen ist, die in der näheren und weiteren Umgebung der Fundstelle freigelegt wurden bzw. die Pausanias VII 26, 4-9 erwähnt, kann nur vermutet werden.


Abb. 7: Fehlbrand aus der Gymnasium-Tycheion-Grabung

Von den Lampentypen des späten Hellenismus und der frühen Kaiserzeit (Kragenlampen, knidische Lampen, hellenistische Matrizenlampen, frührömische Lampen des italischen Typus) haben sich bisher zumindest in diesem Grabungsbereich von Aigeira keine mit Sicherheit nachweisen lassen. Dieser fundleere Zeitabschnitt könnte in Zusammenhang mit der zweiten Bauphase in diesem Grabungsbereich stehen. Damals wurde über den Schichten mit den hellenistischen Lampen eine etwa 30 x 30 m große Peristylanlage mit einer als Tycheion zu identifizierenden Exedra (Paus. VII 26, 8-9) an der Südseite errichtet.
Die Lampenfunde setzen erst wieder mit einigen Fragmenten scheibengedrehter Stücke ein, die am ehesten Parallelen in Korinth im 2. Jh. n.Chr. aufweisen (Broneer Typ XVI), jedoch möglicherweise in Aigeira auch noch später vorhanden sind. Unter den römischen Matrizenlampen besonders häufig vertreten ist der Typ Broneer 27 B mit Weinlaub als Schulterdekor und Strahlenkranz am vertieften Diskus, eine davon mit der Signatur des Po[spho]|rou. An weiteren Signaturen können auf den Matrizenlampen, die hauptsächlich dem 4. Jh. n.Chr. zuzuordnen sind (Parallelen in Athen und Korinth), derzeit noch Eu(tyches) und Krau[gat]|ou identifiziert werden. Wie bereits unter den hellenistischen Stücken auffällt, sind Fragmente einer relativ großen Lampe mit zweifach durchbohrtem Griff, die im Diskusrelief eine an einen Baumstamm gelagerte Gestalt mit Füllhorn erkennen läßt. Andere Lampen mit figürlichen Reliefszenen zeigen den syrinxspielenden Eros und Herakles mit dem nemäischen Löwen. Letzteres Motiv kehrt auf mehreren Glanztonlampen des ausgehenden 4. Jhs. wieder (Vari, Athen, Korinth, Isthmia) und scheint hier in Aigeira eine lokale glanztonlose Variante zu sein. Denn der gleiche Ton wurde auch für die in nächster Nähe aufgefundenen Brennofenstützen verwendet. Für eine lokale Lampenproduktion würden auch einige Fehlbrandfragmente sprechen, deren ornamentaler Dekor Ähnlichkeiten mit attischen Lampen des vierten Viertels des 4. Jhs. bis zum Anfang des 5. Jhs. n.Chr. aufweist. In welchem der mindestens sieben Brennöfen, die in einer dritten Bauphase über bzw. in der erwähnten Peristylanlage errichtet wurden, die Lampenherstellung möglicherweise erfolgte, bleibt unklar. Zu den spätesten Lampen aus der endgültigen Zerstörungsschicht gehört eine vollständig erhaltene mit Glanzton, dessen 14-blättrige Diskus-Rosette und Grätendekor auf der Schulter in zahlreichen Varianten auf attischen Glanztonlampen der zweiten Hälfte des 4. bis zum Anfang des 5. Jhs. n.Chr. auftritt.

© Thomas Hagn



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