Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 7 / VI / 1998 |
Betrachtet man nun den Umfang anderer Depots, so schwankt dort die Mindeststückzahl zwischen 12 in Vindonissa (es handelt sich hierbei um ein Depot mit italischer Ware) und ca. 900 in Gauting (mit mittelgallischer Ware)[2]. Die drei bisher publizierten Depots mit Rheinzaberner Ware aus Kempten, Zugmantel und Langenhain, haben den in Tabelle 1 angeführten Umfang.
Fundplatz | Gefäße | Typen | Töpfernamen |
Kempten | | | |
Zugmantel | |||
Langenhain[3] |
Üblich ist auch das gleichzeitige Auftreten von Gebrauchskeramik in einem Depot[4], Beispiele dafür gibt es unter anderem aus Eschenz, Gauting und Langenhain.
Die Anfangsdatierung des Hauses steht in direktem Zusammenhang mit der Datierung einer Planierschicht, die unmittelbar vor der Erbauung des Hauses X/II erfolgt sein muß. Da der Befund nur eine ungefähre Datierung der Planierschicht in das erste Drittel des 3.Jhs. n.Ch. zuläßt, sollen auch die Sigillaten aus dieser Planierschicht zur Datierung herangezogen werden.
Die mittelgallischen Sigillaten der Töpfer Quintilian, Docilis, Criciro, Cinnamus und Paternus aus der Planierung sind auch in dem 1949 von Saria gefundenen zweiten Depotfund aus St.Pölten enthalten.
Das Sigillataspektrum der Rheinzaberner Ware deckt sich - mit Ausnahme der Ware des Comitialis III und des Helenius - mit dem des Kastells Ellingen, das als Schlußmünze einen kaum abgegriffenen Denar des Septimius Severus von 193/211 hat, dessen Ende auf Grund der von Bernhard vorgeschlagenen Spätdatierung von Ianu II W. Zanier jedoch um 230 n.Chr. ansetzt[5] .
A. Schaub hat nun wieder eine frühere Datierung von Ianu II vorgeschlagen[6], die aus folgenden Gründen plausibel scheint:
1) wurde beobachtet, daß Ianu II und Iulius II-Iulianus I, dessen Ware im Depot fast ein Drittel der verzierten Sigillata ausmacht, auf der Grabung am Rathausplatz von St.Pölten / Aelium Cetium in Fundkomplexen nie vergesellschaftet sind und
2) hat M. Kronberger[7] alle Fundkomplexe, in denen sich Ware des Ianu II befand, auch hinsichtlich der Gebrauchskeramik bestimmt. Daraus war ersichtlich, daß die Ware des Ianu II schon in Fundkomplexen des ausgehenden 2.Jh. enthalten war.
Was nun die Ware des Helenius aus Rheinzabern betrifft, so wurde zuletzt von D. Gabler[8] eine ganz allgemeine Datierung der Ware des Helenius in die Zeit von 179 bis 233 vorgeschlagen mit dem Zusatz, daß Helenius wahrscheinlich erst in der Severer - Zeit in Rheinzabern produzierte.
In einem Brunnen in Frankfurt - Heddernheim wurde Helenius zusammen mit Ware des Lupus und des Attillus - alle diese drei Töpfer fanden wir auch in der Planierschicht - gefunden. Ein Denar der Plautilla von 202/204 n.Chr. geben einen terminus postquem für diese Brunnenverfüllung[9].
Die Sigillataspektren von Ellingen und Frankfurt-Heddernheim, die mit dem der Planierschicht von St. Pölten vergleichbar sind und mit ihrer jeweiligen Schlußmünze von Septimius Severus bzw. Plautilla in die Zeit um 210 weisen, machen für die Planierschicht von St.Pölten eine Datierung um 210/220 n.Chr. wahrscheinlich.
Nun aber zur Datierung der Sigillaten des Depots selbst:
Das Haus X/II wurde im Zuge oder kurz nach der Planierung um 220 n.Chr. gebaut und fiel - wie P. Scherrer auf Grund des Befundes nachweisen konnte - einer Zerstörung zwischen 260 und 270 n.Chr. zum Opfer.
Die verzierte Sigillata
Überprüft man nun die verzierte Sigillata, die ja immer noch die meisten Anhaltspunkte für eine absolute Datierung bietet, so zeigt sich folgendes Bild (Tabelle 2): Die meisten Dekorationsserien gehören der Gruppe Bernhard III a an und hier wiederum ist die Ware des Iulius II-Iulianus I mit 18 Gefäßen am stärksten vertreten.
Töpfer | Bernhard-Gruppe | Stückzahl |
Ware mit Eierstab E25/26 | ||
Iulius I | ||
Victorinus I | ||
Regulinus | ||
Primitivus I | ||
Primitivus IV | ||
Ware B mit O 382/383 | ||
Iulius II - Iulianus I | ||
Victorinus III | ||
Respectinus I | ||
Respectinus II | | |
Perpetuus | ||
Ware mit Eierstab E 34/30 | ||
Pervincus | ||
Ware mit Eierstab E 31 | ||
n.b. |
Die glatte Sigillata
Was die glatte Ware betrifft (Tabelle 3), möchte ich nur einige mir wichtig erscheinende Details hervorheben.
Form | Mindeststückzahl |
Drag. 32 | |
Drag. 33 | |
Drag. 43 | |
Drag. 41 | |
Niederbieber 27 | |
Niederbieber 6a | |
Niederbieber 19 | |
Drag. 54 | |
Lud.VM3 | |
Drag. 36 | |
Drag. 39 | |
Curle 15 | |
Platte |
|
Die letzte Rheinzaberner Sigillata aus dem Depot, die hier vorgestellt werden soll, ist eine Platte, für die es in der Literatur keine Vergleiche gibt. Dies betrifft sowohl die Form wie auch den Bodenstempel Iustianus. Wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich, war das Haus X/II (Abb. 2) von seiner Erbauung um 220 n.Chr. an bis zur Zerstörung durch Brand in den 60er Jahren des 3.Jhs. n.Chr. als Depot bzw. Lagerraum für Sigillata wie auch für Gebrauchskeramik bestimmt, die letzte Ware aus Rheinzabern traf kurz vor der Zerstörung des Hauses in St.Pölten - in den 60er Jahren des 3.Jhs. - ein. Dies belegt eindeutig, daß in Rheinzabern mindestens bis in diese Zeit Bilderschüsseln produziert wurden und daß Noricum noch in dieser späten Produktionsphase zu den Absatzmärkten der Rheinzaberner Produkte zählte. |
[1] Die Grabungen standen unter der Leitung von P. Scherrer.
[2] Eine Zusammenstellung von der Größe aller bis 1982 publizierten Depots findet man bei W. Czysz, Der Sigillata-Geschirrfund von Cambodunum-Kempten. Ein Beitrag zur Technologie und Handelskunde mittelkaiserzeitlicher Keramik, Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 63, 1982, 339.
[3] H.G. Simon - H.J. Köhler, Ein Geschirrdepot des 3. Jahrhunderts. Grabungen im Lagerdorf des Kastells Langenhain, Materialien zur römisch-germanischen Keramik 11 (1992), 98.
[4] Die Gebrauchskeramik wird von M. Kronberger bearbeitet.
[5] W. Zanier, Das römische Kastell Ellingen, Limesforschungen 23, 1992, 162.
[6] A. Schaub, Markomannenkriegszeitliche Zerstörungen in Sulz am Nekar - Ein tradierter Irrtum. Bemerkungen zur reliefverzierten Terra Sigillata vom Ende des zweiten Jahrhunderts, Markomannenkriege - Ursachen und Wirkungen (1994) 442.
[7] Es sei an dieser Stelle meiner Kollegin M. Kronberger herzlichst gedankt.
[8] D. Gabler - H.J. Kellner, Die Bildstempel von Westerndorf II. Helenius und Onniorix, Bayerische Vorgeschichtsblätter 58, 1993, 267.
[9] H.U. Nuber, Zum Ende der reliefverzierten Terra-Sigillata-Herstellung in Rheinzabern, Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 67, 1969, 145.
[10] Th. Fischer, Das Umland des römischen Regensburg (1990) 49.
[11] H. Blechschmidt - W. Strack, Neue Terra Sigillata-, Münz- und Ziegelfunde vom Limeskastell Inheiden (Kr. Gießen), Saalburg Jahrbuch 22, 1965, 16.
[12] H. Schönberger - H.G. Simon, Die Mittelkaiserzeitliche Terra Sigillata von Neuss, Limesforschungen 7, 1966, 10. 14.
[13] F.K. Bittner, Zur Fortsetzung der Diskussion um die Chronologie der Rheinzaberner Relieftöpfer, Bayerische Vorgeschichtsblätter 51, 1986, 250.
[14] F. Reutti, Neue archäologische Forschungen im römischen Rheinzabern (1984) 25f.
[15] B. Pferdehirt, Die Keramik des Kastells Holzhausen, Limesforschungen 16, 1976, 74.
[16] H.J. Kellner, Die römische Ansiedlung bei Pocking (Niederbayern) und ihr Ende, Bayerische Vorgeschichtsblätter 25, 1960, 142.
[17] Simon - Köhler a.O. 99.
[18] P. Fasold, Die Keramik aus dem Dendrophorenkeller von Nida - Heddernheim, Saalburg Jahrbuch 47, 1994, 71f.
[19] Nuber a.O. 147.
© Ch. Riegler
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