Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 63 / VI / 2012

ARNOLD SCHOBER – LEBEN UND WERK

Leben und Werk von WissenschaftlerInnen – im politischen und sozialen Kontext ihrer Zeit gesehen – geben Aufschluss über die Geschichte und Entwicklung eines Faches. Die Arbeit über Arnold Schober (1886–1959) resultiert aus dem am Österreichischen Archäologischen Institut durchgeführten FWF-Projekt „Provinzialrömische Archäologie in Österreich 1918-1945“, in dem die archäologische Forschung und das Wirken ihrer AkteurInnen im zeitgeschichtlichen Kontext betrachtet werden sollen.
Arnold Schober wurde am 16. April 1886 in Windisch-Landsberg/Podčetrtek (ehem. Untersteiermark/Slowenien) geboren. Bereits während des Studiums der Klassischen Archäologie in Graz, Berlin, München und Wien (1905–1909) kristallisierte sich einer seiner späteren wissenschaftlichen Schwerpunkte heraus: die hellenistische Kunst und besonders die Kunst von Pergamon.
1912 wurde Schober Assistent von Emil Reisch an der archäologischen Sammlung der Universität Wien. 1920/21 habilitierte er sich mit einer Arbeit über „Die römischen Grabsteine von Noricum und Pannonien“ in Wien für das Fach Klassische Archäologie. Im Druck erschienen ist das Werk erst 1923, als solide Materialarbeit ist es ist viele Jahrzehnte ein oft zitiertes Standardwerk geblieben.
Schober beschäftigte sich in den 1920er und 1930er Jahren sowohl mit klassischer und hellenistischer Kunst als auch mit provinzialrömischen Themen. 1930 publizierte er in den Österreichischen Jahresheften einen Aufsatz über die Entwicklung der provinzialrömischen Kunst, den er selbst zu seinen wichtigsten auf diesem Gebiet zählte. Er betonte den Einfluss bodenständiger Faktoren für die Stilbildung und leitete die provinzialrömische Kunst stark aus der vorrömisch-keltischen Tradition ab. In der fortschreitenden Völkervermischung („rassische Veränderung der römischen Herrenschicht durch Barbarenblut“) sah er die Erklärung für die abstrakten Tendenzen in der (stadtrömischen) Kunst der Spätantike. Der Grundgedanke ist: Stilwandlung durch Veränderung des „volklichen Trägers“.
Schobers Bemühungen um eine eigene Lehrkanzel waren erst 1935 erfolgreich: Mit 1. Februar 1936 wurde er auf die (außerordentliche) Lehrkanzel für Klassische Archäologie der Universität Graz berufen, 1940 zum ordentlichen Professor ernannt.

1938, nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland, trat Schober der NSDAP bei. Er war auch Funktionär des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes (NSDDB), seit 1939 „Fakultätsvertrauensmann“ der geisteswissenschaftlichen Fakultät, seit 1943 „Ehrengerichtsvorsitzender“ des NSDDB. 1941 nahm er mit einem Referat über „Fragen der rassenkundlichen Auswertbarkeit des archäologischen Materials“ am Würzburger Lager des NSDDB, einer Zusammenkunft des Fachkreises Altertumswissenschaft, teil.
1945 gehörte Schober ebenso wie Fritz Schachermeyr und Balduin Saria zu den an der Universität Graz enthobenen Lehrkräften. Er wurde im Oktober 1945 im Alter von 59 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, kehrte aber nicht, wie viele seiner Kollegen, später an eine Universität zurück. 1951 erschien sein während der Kriegsjahre verfasstes und immer noch häufig zitiertes Werk „Die Kunst von Pergamon“.
Schober starb am 15. August 1959 in Graz.
Als Wissenschaftler und Universitätslehrer vertrat Schober sowohl die Klassische als auch die Provinzialrömische Archäologie aus kunsthistorischer Sicht. Er führte keine Ausgrabungen durch, in seinen Arbeiten standen Kunst und Kunstentwicklung im Vordergrund. Seine Theorien zur Entwicklung der Kunst waren zeitspezifisch, rassenkundlich orientiert und wurden später kaum rezipiert. Schober selbst vertrat auch noch in den 1950er Jahren die These, dass für Stilwandlungen rassische Veränderungen verantwortlich sind.

© Gudrun Wlach
e-mail: gudrun.wlach@oeai.at

This article should be cited like this: G. Wlach, Arnold Schober – Leben und Werk, Forum Archaeologiae 63/VI/2012 (http://farch.net).



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