Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 63 / VI / 2012

DIE WANDMALEREI VON IMMURIUM-MOOSHAM

In Moosham bei St. Margarethen im Lungau wurden bei Grabungen des ÖAI zwischen 1964-1970 mehrere römische Gebäude der Straßenstation Immurium aufgedeckt, die mit polychromen Wandmalereien dekoriert waren. Bereits 1998 publizierte Bilder zeigen Bordürenrahmen, einen Vogel mit Kirsche im Schnabel, Blattranken auf gelbem Hintergrund und Reste eines Stuckfrieses [1]. Eine erste Klassifizierung des Materials ergab mindestens zwei Dekorationen auf rotem und schwarzem Grund sowie gelbgrundige Teilflächen, die aufgrund der Abdrücke von Rutengeflecht an der Rückseite wohl zu einer Deckendekoration gehören.
Das erste Wandsystem besteht aus einer rotgrundigen Felderdekoration mit breiter Volutenbordüre als Felderinnenrahmen, die mit einer Lisenendekoration mit qualitätvoller, voluminöser Blattranke auf schwarzem Grund kombiniert ist. Den oberen Abschluss dieser Felder-Lisenendekoration bildet ein wenig vorkragendes Stuckgesims mit einer Abfolge von spiralförmigem Stab, Zahnschnitt und einem lesbischen Scherenkymation. Bei der zweiten rot-schwarzen Felderdekoration grenzt ein rotes Feld mit einer Blütenbordüre aus grünen Blüten und Quadraten an einer Punktreihe an eine schwarzgrundige Malerei mit grünem Blattwerk (Abb.). Die typologischen Vergleiche für die rot-schwarzen Felderdekorationen weisen auf eine Datierung ab dem Ende des 1.Jh. bis ins späte 2 und beginnende 3.Jh. [2].
Beispiele dieses Wandsystems in Noricum zeigen überwiegend Blattdekore und Rankenmotive auf schwarzem oder dunkelblauem Grund [3]. Die beiden rot-schwarzen Felder-Lisenensysteme werden durch die Qualität und Aufwändigkeit der Bordürenrahmen und vegetabilen Lisenendekore differenziert. Wandsystem 1 ist dadurch als hochwertiger als Wandsystem 2 einzustufen.

Die gelbgrundigen Malereipartien zeigen Balustraden, Streifenabfolgen, Girlanden, Efeuranken mit roten Schleifen und ein Medaillon. Im Inneren des gelbgrundigen Medaillons befinden sich zwei Malschichten, die wohl zu unbekannten figürlichen Darstellung gehören. Verschiedene Vögel – darunter eine Taube mit einer Kirsche im Schnabel [4] - ergänzen das figürliche Repertoire der gelbgrundigen Deckenmalerei [5].
Alle Malereireste sind von hoher Qualität und stehen den Malereien in den Städten der Provinz nicht nach [6]. Sie schmückten wohl 2-3 repräsentative, wichtige Räume in den Häusern F und J und zeugen vom gehobenen Wohnstandard und dem repräsentativen Anspruch der Siedlung am Alpenhauptkamm. Nicht nur in norischen Städten und Villen, sondern auch in den Häusern der vici ist mit hochwertigen dekorativen Ausstattungen zu rechnen.

[1] R. Fleischer – V. Moucka-Weitzel, Die römische Straßenstation Immurium – Moosham im Salzburger Lungau, AS4 (Salzburg 1998) 12-51, bes. 48. 34-35 mit Abb. 31-34. Der Obmann des Lungauer Museumsvereins Heimatmuseum Tamsweg Dr. Klaus Heitzmann bemühte sich um eine Finanzierung der wissenschaftlichen Bearbeitung und der Präsentation im Museum, sodass 2011 mit den Arbeiten begonnen wurde.
[2] Vgl. N. Willburger, Die römische Wandmalerei in Augsburg, Augsburger Beiträge zur Archäologie 4 (Augsburg 2004) 51.
[3] z.B. Virunum: C. Praschniker - H. Kenner, Der Bäderbezirk von Virunum (Wien 1947), 173-235, bes. Taf. II-IV; z.B. Saalfelden: B. Tober, The decorative programme of an apsidal room in the Roman villa Saalfelden/Wiesersberg – Austria, in: I. Bragantini (Hrsg.), Atti del X Congresso Internazionale dell´ AIPMA, Napoli 17-21 settembre 2007 (Napoli 2010) 859-860 mit Abb. 5.
[4] Archäozoologische Bestimmung von G. Forstenpointner; R. Fleischer – V. Moucka-Weitzel, Die römische Straßenstation Immurium – Moosham im Salzburger Lungau, AS4 (Salzburg 1998) 34 Abb. 32.
[5] Ähnliche Bestandteile einer gelbgrundigen Deckendekoration in Brescia: B. Bianchi – E. Mariani – S. Masseroli - F. Morandini - F. Rossi – A. Sechi – G. Tortelli – R. Frassoni, Il soffitto della Vittoria in volo. Brescia, Santa Giulia, Museo della Città – Domus dell’Ortaglia (Brescia 2005).
[6] Vgl. B. Tober, Wand- und Deckenmalereiein im Territorium Iuvavum – die dekorative Raumausstattung als Ausdruck römischer Lebensform (Problematik und Perspektiven), in: R. Kastler – W. Kovacsovics - F. Lang – P. Laub (Hrsg.), Das Territorium von Iuvavum. Bestandsaufnahme und Forschungsstrategien, Colloquium Iuvavum 15.-17. März 2012 (in Vorbereitung).

© Barbara Tober
e-mail: Barbara.Tober@sbg.ac.at

This article should be cited like this: B. Tober, Die Wandmalereien von Immurium-Moosham, Forum Archaeologiae 63/VI/2012 (http://farch.net).



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