Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 63 / VI / 2012

DAS SÜDLICHE HAUSRUCKVIERTEL (OBERÖSTERREICH) IN RÖMISCHER ZEIT

Gegenstand der Untersuchung ist das südliche Hausruckviertel, das in etwa dem heutigen Bezirk Vöcklabruck in Oberösterreich entspricht. Im Gegensatz zu den durch die Pfahlbauforschung zahlreichen bekannten neolithischen Siedlungen weist der Forschungsstand zu Fundstellen der Römischen Kaiserzeit in diesem Gebiet ein großes Desiderat auf. Das heutige Bild zeigt Siedlungsstellen vor allem an den großen Seen (Attersee, Mondsee) sowie entlang der Flüsse Vöckla und Ager (Abb.). Aus dem über 1000km² großen Untersuchungsgebiet sind lediglich 39 heute noch lokalisierbare Fundplätze der Römischen Kaiserzeit bekannt. Neun Stellen weisen auf ländliche Siedlungen hin, wobei nur drei villae rusticae durch Teilgrundrisse des Hauptgebäudes oder der Nebengebäude archäologisch belegt sind: Weyregg am Attersee (Nr. 2), Mondsee (Nr. 31) und Hausham bei Pfaffing (Nr. 34) [1]. Jener Gutshof auf dem Haushamer Feld bei Pfaffing konnte erst im Jahr 2011 im Zuge von Grabungen des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Wien sowie durch geophysikalische Prospektionen eindeutig nachgewiesen werden. Dabei wurde deutlich, dass es sich bei dem Grundriss des Hauptgebäudes der Anlage um einen im Umland von Iuvavum, zu dem auch das südliche Hausruckviertel zählt, häufig vorkommenden Typus („Risalitvilla mit langrechteckiger Form und vorgezogenen Risaliten“) handelt [2].

Weitere, jedoch nicht eindeutig interpretierbare Gebäudereste sind aus Rabenschwand bei Oberhofen am Irrsee (Nr. 30), in Breitenschützing (Nr. 26), Schwanenstadt (Nr. 25), Arnbruck (Nr. 17), Timelkam (Nr. 9) sowie aus Vöcklabruck (Nr. 4) bekannt [3]. Sieben Bestattungsplätze, die nur durch Zufallsfunde erschlossen sind, geben Hinweise auf weitere, bisher nicht lokalisierte Siedlungen. Den Großteil der Hinterlassenschaften aus römischer Zeit machen Einzelfunde aus, die ebenfalls Spuren ländlicher Siedlungen darstellen können.
Vor allem im 19. Jh. kam es bei Entdeckungen von Altertümern immer wieder zu einer Fehlinterpretation der archäologischen Hinterlassenschaften. Die kritische Analyse und neue Bewertung der Objekte führt heute zu neuen Deutungen und Datierungen. Es sind dies vorwiegend Steinbauten, die als römerzeitlich angesprochen wurden, dem neuen Forschungsstand nach jedoch als mittelalterlich gelten müssen [4]. Gleichfalls unsicher sind die Rekonstruktionen römischer Verkehrswege, deren einwandfreie Datierung nur über archäologisches Fundmaterial möglich ist [5].
Zusammenfassend zeigt der gegenwärtige Forschungsstand ein eher dürftiges Bild von der Siedlungslandschaft im südlichen Hausruckviertel in römischer Zeit. Während die Fundleere im Bereich des hügeligen Kobernaußer- und Hausruckwaldes im Norden weniger verwundert, ist die dünne Besiedlung im heutigen Attergau wohl auf ein Forschungsdefizit zurückzuführen. Diesem Desiderat wäre womöglich mit gezielten großflächigen Surveys beizukommen.

[1] Weyregg und Mondsee: St. Traxler, Römische Guts- und Bauernhöfe in Oberösterreich, Passauer Universitätsschriften zur Archäologie 9 (Rahden/Westf. 2004) 73–79. 94–110; Hausham: V. Gassner – R. Ployer, Archäologische Untersuchungen auf dem Haushamerfeld in Pfaffing, AÖ 22/2, 2011, 13 f.
[2] St. Traxler – R. Kastler, Römische Guts- und Bauernhöfe in Nordwest-Noricum. Gehöftstrukturen, Wohn- und Badegebäude, Fines Transire 19, 2010, 234–239. Abb. 4.
[3] G. Winkler, Die Römer im Bezirk Vöcklabruck, in: F. Pisar (Hrsg.), Der Bezirk Vöcklabruck. Eine Zusammenschau (Vöcklabruck 1981) 457. 459. 461 f. 464 f.; Traxler a.O. (Anm. 1) 118 f. 151–153. 166.
[4] M. Pollak, Der Attergau als archäologische Fundlandschaft, in: P. Trebsche – M. Pollak – H. Gruber, Eisenzeitliche Hügelgräber im Attergau, FÖ Mat. A, Sh. 5 (Wien 2007) 12–14.
[5] s. Pollak a. O. (Anm. 4) 14 f.

© René Ployer
e-mail: rene.ployer@univie.ac.at

This article should be cited like this: R. Ployer, Das südliche Hausruckviertel (Oberösterreich) in römischer Zeit, Forum Archaeologiae 63/VI/2012 (http://farch.net).



HOME