Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 63 / VI / 2012

PHENEOS 2011

Im Rahmen einer auf 5 Jahre angelegten Forschungskooperation des Instituts für Archäologie/Zentrum Antike der Universität Graz mit der 37. Ephorie in Korinth fand im August 2011 eine erste Grabungs- und Surveykampagne am Stadthügel von Pheneos statt. Die zweite Kampagne ist für August 2012 fixiert.
Die von Gebirgszügen umschlossene Hochebene von Pheneos (heute Gemeinde Sikyon, Korinthia, Peloponnes) war in der Antike Teil Arkadiens. Sie wird ausschließlich über Sinklöcher entwässert; sind diese verstopft, bildet sich in unregelmäßigen Abständen ein See, zuletzt zwischen 1838 und 1895. Die Verkehrsverbindungen in die benachbarten Siedlungslandschaften führen heute wie in der Antike (Poleis Stymphalos im Osten, Orchomenos im Süden, Kleitor im Westen und Aigeira bzw. Pellene im Norden) über 1100 bis 1200 m hohe Pässe.
Von 1995 bis 1999 hat die Universität Graz im Rahmen zweier FWF-Projekte zur Altwegforschung Surveys im gesamten Umland durchgeführt, die zahlreiche neue Fundstellen, darunter 4 spätklassische Wachtürme erbrachten (siehe Abb. Nr. 1-4).
Die antike Stadt selbst liegt im nordwestlichen Teil der Ebene am und um den isoliert aufragenden Akropolishügel (812m ü.M.). Pheneos ist bereits bei Homer (Il. 2, 605) erwähnt; Pausanias beschreibt im 2.Jh. n.Chr. noch Reste einer Akropolisbefestigung, ein Stadion und mehrere Heiligtümer.
Die Rodungs- und Prospektionsarbeiten am Gipfel der Akropolis erbrachten den Nachweis einer dichten prähistorischen und antiken Bebauung , die von einer kleinen mittelalterlichen Burg überprägt ist. Die Grabungen am Plateau östlich unterhalb des Gipfels konnten nachweisen, dass sich die bisher auf einer Länge von 220 m sichtbare, 3,20 m starke Wehrmauer nach Osten Richtung Ebene fortsetzt, also wohl nicht nur als Akropolisbefestigung anzusehen ist. Die Stadtmauer und die in unregelmäßigen Abständen integrierten Halbrundtürme sind als Schalenmauern in trapezoidalem Mauerwerk errichtet. Eine Toranlage ist vorerst nicht nachzuweisen. Im Bereich eines Mauerrücksprungs konnte stattdessen ein dreiviertelkreisförmiger Wehrturm aufgedeckt werden. Für die Datierung der Mauer ergibt sich aus der Stratigraphie und den Funden ein Spielraum zwischen etwa 450 und 350 v.Chr.; als historischen Zusammenhang für die Errichtung der Befestigung könnte man an die peloponnesischen Unternehmungen des Thebaners Epaminondas denken.

Funde entsorgter Weihegaben lassen auf einen spätarchaisch-klassischen Temenosbereich schließen, auf den beim Bau der Stadtmauer Rücksicht genommen worden ist. In ihrem westlichen Teil stört die Stadtmauer eine mittelhelladische Höhensiedlung, von der große Mengen an verlagerter Keramik vorhanden sind. Die Streuung der Surveyfunde im Umfeld deutet auf eine ungewöhnlich große mittel- bis spätbronzezeitliche Siedlung hin. Vor allem im Mittelhelladikum scheint Pheneos größere Bedeutung gehabt zu haben, wie mehrere an den Berghängen rund um die Ebene verteilte Siedlungsplätze dieser Zeit andeuten (siehe Abb. Nr. 5-8).
Das Pheneos Homers und das römerzeitliche Pheneos des Pausanias zeichnen sich bisher in Funden und Befunden noch nicht deutlich ab.

Literatur:
K. Tausend (Hg.), Pheneos und Lousoi. Untersuchungen zur historischen Topographie Nordostarkadiens. Grazer Altertumskundliche Studien 5 (Frankfurt a. M. 1999).
K. Kissas, Neue Forschungen in der antiken Stadt Pheneos/Peloponnes, ÖJh 80, 2011 (im Druck).
G. Giannakopoulos – K. Kissas – M. Lehner – P. Scherrer – Z. Spyranti – K. Tausend, Pheneos – Bericht zur ersten Grabungs- und Surveykampagne im August 2011, ÖJh 81, 2012 (im Druck).


© Manfred Lehner, Klaus Tausend
e-mail: manfred.lehner@uni-graz.at, klaus.tausend@uni-graz.at

This article should be cited like this: M. Lehner – K. Tausend, Pheneos 2011, Forum Archaeologiae 63/VI/2012 (http://farch.net).



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