Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 63 / VI / 2012

KAISERZEITLICHE TEMPELANLAGEN IN GRIECHISCHEN STÄDTEN

Kaiserzeitliche Tempel stehen in einem klar abgegrenzten Temenos. Der Schwerpunkt archäologischer Forschungen hat sich bisher auf die Tempel konzentriert, von deren Einfassung meist nur die relevanten Abschnitte erfasst wurden, die erfahrungsgemäß ausreichten, um das gesamte Ausmaß der Tempelanlage zu rekonstruieren.
Das Temenos, ist ein dem Gott geweihter, aus dem allgemeinen Verkehr herausgeschnittener Platz. Für ein kaiserzeitliches Temenos lässt sich der Begriff weiter einengen: Es ist ein rechteckiges Areal, in dem der Tempel axialsymmetrisch ausgerichtet steht. Der heilige Bezirk ist von Portikushallen eingefriedet, die sich nach innen öffnen.
Wie wurde das Heiligtum betreten? Durch den Eingang, der in der Symmetrieachse auf die Front des Tempels ausgerichtet liegt. Der Denkmälerbestand kaiserzeitlicher Tempelanlagen in griechischen Städten, der sich fürs erste auf die westliche Türkei beschränkt, zeigt ein anderes Bild, nämlich, dass nicht alle Temene über Zugänge in der Symmetrieachse zu erreichen sind. Das bedeutet, dass sich für die Zugänge in die Heiligtümer keine allgemein verbindlichen Normen formulieren lassen.
Neben den axial auf den Tempel ausgerichteten Eingängen, die zu Propyläen ausgebaut sind, gibt es Tempelanlagen, die von der Seite zu betreten sind. Als prominentes Beispiel ist das Trajaneum in Pergamon zu nennen. Für diesen an drei Seiten eingefriedeten Tempelbezirk, wurde eigens eine Terrasse errichtet. Dort wo ein Eingang in der Axialsymmetrie der Tempelanlage zu erwarten wäre, öffnet sich das Heiligtum zur Stadt hin. Aus dieser städtebaulichen Gegebenheit heraus ist nur ein Eingang von der Seite möglich [1]. Etwa vergleichbar ist die Situation mit dem Domitianstempel in Ephesos [2], der ebenfalls auf einer Terrasse steht. Ein Treppenaufgang führt im Norden seitlich wie ein Korridor durch die Halle.
Nach den vorangegangenen Beispielen folgen jene, die als Regel zu erwarten sind: Die unterschiedlich gut erhaltenen Temene des Serapeions in Ephesos [3], der Tempel in Aizanoi [4], Pessinus [5] oder Antiochia in Pisidien [6] repräsentieren die axial angelegten Eingänge. Diese vier Tempel haben zudem eine architektonische Ausgestaltung gemeinsam: Ihre Toranlagen führen in der Tempelachse über einen Stufenbau in das Temenos. Eine derartige architektonische Inszenierung benötigte ausreichend Platz, um die Wirkung zum Tragen zu bringen. Den Tempelanlagen sind, wie die Beispiele zeigen, weitere eingefriedete Plätze vorgelegt. Es entsteht eine Staffelung von durch Treppen verbundenen Höfen, die eine architektonische Steigerung in das Heiligtum bewirken.
Die Entwurfskonzepte messen dem Eingang unterschiedliche Bedeutung bei, deren Ursachen es in diesem noch jungen Projekt zu ergründen gilt.

[1] K. Nohlen, Ein Tempel für den Kaiserkult. Das Trajaneum von Pergamon, in: R. Grüßinger – V. Kästner – A. Scholl (Hrsg.), Pergamon. Panorama der antiken Metropole, Kat. Ausstellung Berlin 2011, 159-166.
[2] P. Scherrer, Anmerkungen zum städtischen und provinzialen Kaiserkult: Paradigma Ephesos – Entwicklungslinien von Augustus bis Hadrian, in: H. Thür (Hrsg.), »… Und verschönerte die Stadt …«, SoSchrÖAI 27 (Wien 1997) 93–112.
[3] P. Scherrer, Das sogenannte Serapeion in Ephesos: ein Museion?, in: A. Hoffmann (Hrsg.), Ägyptische Kulte und ihre Heiligtümer im Osten des Römischen Reiches, BYZAS 1 (Istanbul 2005) 109–138.
[4] R. Naumann, Der Zeustempel zu Aizanoi, DAA 12, 1979; K. Jes - R. Posamentir - M. Wörrle, Der Tempel des Zeus und seine Datierung, in: K. Rheidt, Aizanoi und Anatolien (Mainz 2010) 58-87.
[5] J. Devreker et al., Archaeological excavations in Pessinus, Anatolia antiqua 2010, 141-156.
[6] S. Mitchell – M. Waelkens, Pisidian Antioch: The Site and its Monuments (London 1998) 113-173.

© Claudia Lang-Auinger
e-mail: claudia.lang@oeaw.ac.at

This article should be cited like this: C. Lang-Auinger, Kaiserzeitliche Tempelanlagen in griechischen Städten, Forum Archaeologiae 63/VI/2012 (http://farch.net).



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