Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 63 / VI / 2012

KÜSS' DIE HAND, MAJESTÄT - HADRIAN UND ALEXANDRIA

Als Hadrian mit seiner Entourage vor dem 29. August des Jahres 130 in Alexandria eintraf, bereitete ihm die Stadt einen herzlichen Empfang. Der mehr als nur höflich freundliche Empfang für den Kaiser lag auch in der besonderen Obsorge Hadrians für Alexandria begründet, denn er finanzierte in großzügiger Weise den Wiederaufbau und die Restaurierung der während des blutigen jüdischen Aufstandes in den Jahren 115-117 zerstörten Bauten.
Anhand der Münzprägungen, die anlässlich der Kaiserreisen ausgegeben wurden, zeigt sich, dass die besondere Obsorge Hadrians die Ikonographie der Alexandria auf den Reversen entscheidend prägte.
Die Kaiser in Rom waren grundsätzlich immer um eine ausgleichende Haltung zu Alexandria und um eine stabile Lage in Ägypten bemüht, da die Hafenstadt Drehscheibe nicht nur für die Getreidelieferungen nach Rom und in Teile des Imperiums, sondern auch für den Handel mit Luxusgütern war.
Die erste alexandrinische Prägung anlässlich der Ankunft des Kaisers in Alexandria wurde im 14. Regierungsjahr (129/130 und 130/131) ausgegeben. Der Revers zeigt Hadrian auf einer Quadriga nach rechts fahrend mit Adlerszepter und ausgestreckter Grußhand, ihm gegenüber Alexandria, die mit erhobenem rechten Arm den Kaiser begrüßt. Anders ist die Begrüßung des Kaisers auf einer Drachme im 15. Jahr (130/131) dargestellt: Hadrian streckt die rechte Hand zum Gruß aus, in der linken das Szepter haltend, ihm gegenüber die Stadtgöttin Alexandria dem Kaiser Kornähren überreichend. In die Jahre 130/131 datiert eine Prägung, die eine dextrarum iunctio zwischen dem Kaiser und Alexandria zeigt [1].

Die eindrucksvollste Prägung aus Alexandria stellt ein seltenes Motiv für die Begrüßungszeremonie zwischen Alexandria und dem Kaiser dar [2]: Die Personifikation in kurzem Chiton, Fellstiefel und mit den Exuvien, sowie Kornähren in der linken Hand, steht links und Hadrian gegenüber. Er reicht ihr die Rechte, die sie ergreift und mit vorgeneigtem Kopf die Hand küsst. Der Kaiser empfängt also einen Handkuss von der personifizierten Alexandria [3]. Die Prägungen der Begrüßung des Kaisers mit einem Handkuss beziehen sich ausschließlich auf die Personifikation Alexandrias. Der Handkuss auf gleicher Ebene mit dem Kaiser ist ein ikonographisches Unikat, steht im Zeichen der engen Beziehung des Kaisers zur Stadt und ist Ausdruck der Dankbarkeit für die erwiesenen Wohltaten.
Aus der Antike ist der Handkuss – mit oder ohne Proskynese – nur für Männer überliefert, in der Regel wird also Männern die Hand geküsst, Frauen nicht [4].

[1] P. Strack, Untersuchungen zur römischen Reichsprägung des zweiten Jahrhunderts II. Die Reichsprägung zur Zeit Hadrians (Stuttgart 1933) 139-166, bes. 165 f.
[2] R. Pudill, Hadrian – Münzen als Zeugnisse einer glanzvollen Epoche Roms (Speyer 2008) 189-194, mit Abb.
[3] Zum Handkuss vgl. auch Iustin 12,15,2; Theokrit 11,55; Plutarch, Cato Uticensis 12; Plut. Brutus 16 aE ; Sueton Caligula 56aE ; Ammianus Marcellinus (28,4,10).
[4] z.B. der Grabstein des Lucius Aurelius Hermia und seiner Frau Aurelia Philematium (1.Jh. n.Chr.); E. Fantham - H.P. Foley – N. Boymel Kampen – S.B. Pomeroy - H.A. Shapiro, Women in the Classical World. Image and Context (New York/Oxford 1994) 319-321 Abb. 11.11. Vgl. etwa auch den Handkuss auf dem Silberbecher von Hoby, auf der Traianssäule (Platte XLIV-XLV) und auf dem Schlachtsarkophag Portonaccio.

© Alice Landskron
e-mail: alice.landskron@univie.ac.at

This article should be cited like this: A. Landskron, Küss‘ die Hand, Majestät. Hadrian und Alexandria, Forum Archaeologiae 63/VI/2012 (http://farch.net).



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