Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 39 / VI / 2006 |
In einem spitzwinkeligen Dreieck sind in plastischem Relief eine Hase, ein Elefant und ein Raubvogel, ausgeformt. Auf der Basis stehen der Hase und der Elefant, dessen Körper die Mitte der Bildfläche einnimmt. Darüber in felsiger Landschaft sitzt ein Geier. Diese Tiere stehen weder in einer realistischen Größenordnung zueinander, noch sind Hase und Elefant tatsächlich in ihrer natürlichen Umgebung nebeneinander zu finden. Es drängt sich die Vermutung auf, hier einen Ausschnitt einer in Szene gesetzten Fabel oder die Metapher eines Sinnspruches vor Augen zu haben. Der Geier, der die Giebelmitte einnimmt, ist die eigentliche Hauptfigur. Der Hase in Tarnhaltung drückt die Furcht vor seinem Feind aus. Der Elefant hinter ihm breitet sich gleichwie zum Schutz über dem Hasen aus. Da es keine Fabel gibt, in der Hase und Elefant gemeinsam vorkommen, dient die vorliegende Szene als Metapher für folgenden Sinnspruch: "Dem zitternden Schwachen kann der todbringende Geier nichts anhaben, wenn er von einer Lichtgestalt wie dem Elefant beschützt wird", wie es sinngemäß in den Fragmenten der Vorsokratiker 82bVa zu lesen ist.
Gewonnen wurde daraus ein Kuchen oder Brot in Kegel- oder Pyramidenform mit einem Reliefbild. Auf den ostgriechischen Totenmahlreliefs sind auf den Tischen sehr häufig solche pyramides paarweise dargestellt, deren Oberfläche aber glatt wiedergegeben ist; unser Fragment ist als Deckel einer ansonsten glatten Kuchenform zu verstehen. Das erklärt, warum nur eine von drei bis vier möglichen Seiten verziert ist.
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This article should be cited like this: C. Lang-Auinger, Eine metaphorisch zu deutende Tierszene auf einem Model aus Ephesos, Forum Archaeologiae 39/VI/2006 (http://farch.net).