Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 39 / VI / 2006

STUDIEN ZU NEUEN WANDMALEREIFUNDEN AUS VIRUNUM *

Zahlreiche neue Wandmalereifunde aus Virunum wurden bei den am westlichen Stadtrand durchgeführten Insulagrabungen der Jahre 1992 bis 2002 zu Tage gefördert. Die archäologischen Untersuchungen oblagen dem Landesmuseum Kärnten und fanden unter der Leitung von G. Piccottini und H. Dolenz statt.
Die Verbauung der beiden Insulae bestand jeweils aus einem von einem Apsidensaal dominierten Wohngebäude mit umliegenden Hof- und Wirtschaftsbauten. Die drei Hauptbauphasen der Gebäudekomplexe datieren in die Zeit von bald nach der Mitte des 2. Jhs. n. Chr. bis in die nachseverische Periode.
Die detaillierte Auswertung der überwiegend lose aufgefundenen Wandmalerei, war unter anderem deshalb erforderlich, als es sich bei den im Bereich der westlichen Insulae aufgefundenen Fragmenten um die ersten stratifizierbaren Wandmalereifunde der Provinzhauptstadt Noricums handelte.
Wie aus der Befundanalyse hervorgeht waren die beiden Gebäudekomplexe relativ flächendeckend mit polychromen Wanddekorationen ausgestattet. Insofern besaßen sie einen ähnlich hohen Wohnstandard, wie er auch im Stadtzentrum vorherrschte.
Das geborgene Material erlaubte es zwei Rekonstruktionsversuche von Wanddekorsystemen vorzunehmen. Einerseits handelt es sich dabei um die nachseverische Malerei der Südmauer des hypokaustierten Wohnraumes R XLVI und andererseits um eine Wanddekoration, die im Zuge der in nachseverischer Zeit stattfindenden Neubaumaßnahmen im Vorraum R XXXIV einplaniert wurde.
Die Wandbemalung der Südmauer im Raum R XLVI zeigte zuunterst einen hellrosa Schmutzstreifen und darüber aufgehend eine schwarz grundierte Sockelzone. Diese war mit einem gelb aufgetragenen Mäander, in welchen langstielige Rosetten hineinwachsen, verziert (Abb.). Über der Sockelzone setzte sich rote, gelbe, grüne und blaue Malerei fort, wobei die Farben rot und gelb wahrscheinlich für die Ausmalung der Paneele, grün für die die Paneele trennenden Lisenen und blau für die Ecklisenen verwendet wurden. Die Farbfelder setzten sich vermutlich bis an die den Wanddekor abschließenden Stuckleisten fort. Im Bereich der Oberzone wurden am roten und gelben Grund der Hauptfelder zusätzlich weiße Pinselstriche aufgetragen, wodurch der Eindruck einer marmorierten Oberfläche entstehen sollte.


Die im Raum R XXXIV als Bauschutt einplanierte Malerei bestand aus einem weißen, mit Spritzdekor verzierten Schmutzstreifen, der von der schwarzen Grundierung der Sockelzone abgelöst wurde. Diese war mit verschiedenen weißen Rahmungen sowie mit Bindenmotiven verziert. Die Hauptzone war als rot-schwarzer Felder-Lisenendekor ausgeführt. Die schwarzen Lisenen besaßen vorwiegend reiche Blattrankenverzierungen. In den rot ausgemalten Paneelen ragten, die Lisenen flankierend, gelbe Lanzetten mit lilienförmigen Enden auf. Als Dekor der Oberzone ließe sich eine Abfolge von weißen, rot gerahmten Rechteckfeldern rekonstruieren. Abgeschlossen wurde die Malerei wiederum durch eine Stuckleiste.
Im Vergleich mit den bekannten Wanddekorationen aus dem sog. Bäderbezirk von Virunum (Insula I) haben die beiden Rekonstruktionsversuche gezeigt, dass für die künstlerische Ausgestaltung der verschiedenen Gebäude zumindest teilweise dieselbe Werkstätte tätig war. Gleiches gilt auch für die Stuckausstattung, wobei es durchaus vorstellbar wäre, dass die Stuckateurwerkstatt in die Wandmalereiwerkstatt integriert war.
In Anbetracht des im Gebäude E in Teurnia aufgefundenen Wanddekors liegt die Vermutung nahe, dass auch hier dieselbe Werkstätte gearbeitet hat, die nach Vorlagen von Musterbüchern die Räumlichkeiten ihrer Auftraggeber dekorativ ausschmückte.
Den Standort der Werkstatt betreffend wird man wohl nicht fehlgehen, diesen in der Provinzhauptstadt Virunum selbst zu sehen, nicht allein wegen der gleichartig ausgeführten Wandmalereien innerhalb der verschiedenen Privatgebäude des Municipiums, sondern auch aufgrund der Auftragslage, die sich aus der Zahl der öffentlichen und sakralen Bauten der Hauptstadt ergibt, welche es besonders galt künstlerisch zu verzieren.

* Der Vortrag beruht auf der von der Verfasserin an der Univ. Innsbruck 2005 eingereichten Diplomarbeit: "Die Wandmalerei- und Stuckfunde der Insula-Grabungen (1992 - 2001) am westlichen Stadtrand Virunums".

© Ines Dörfler
e-mail: ines_doerfler@hotmail.com

This article should be cited like this: I. Dörfler, Studien zu neuen Wandmalereifunden aus Virunum, Forum Archaeologiae 39/VI/2006 (http://farch.net).



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