Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 39 / VI / 2006

INTERDISZIPLINÄRE FORSCHUNGEN ZUM FERRUM NORICUM

Im Jahr 2003 begann ein vom Österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung finanziertes Projektpaket zum Thema Ferrum Noricum - vorrömische und römische Eisenproduktion in Hüttenberg, Kärnten. Das Projektpaket umfasst die Teilprojekte Archäologie (Brigitte Cech, Wien), Geowissenschaften (Walter Prochaska und Georg Walach, Leoben) und Metallurgie (Hubert Preßlinger, Leoben).
Die archäologischen Untersuchungen begannen im ersten Projektjahr auf der Fundstelle Kreuztratte, wo bereits im Jahr 1929 ein "Rennofen" freigelegt wurde, den der Ausgräber W. Schuster als antik anspricht. Leider wurde der Schmelzofen beim Wegebau zerstört, so daß eine direkte Überprüfung der Angaben von Schuster nicht mehr möglich ist. Keramische Funde aus der Schlackenhalde ergaben jedoch eine eindeutige Datierung der Fundstelle in das 13./14. Jahrhundert. Eine kritische Betrachtung der Befunde aus 1929 ergab, daß es sich bei der als "Rennofen" angesprochenen Steinsetzung um einen frühneuzeitlichen Kalkbrennofen handelt.
Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten ist die Fundstelle Semlach/Eisner. Die Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion zeigen, daß es sich hier um ein rund 30.000m² großes Industrieareal handelt. Das Spektrum der Funde ergab, daß hier nicht nur Eisen verhüttet wurde, sondern daß es hier auch Wohn- und Verwaltungsbereiche gab. Im Westen wird das Areal von einer kaiserzeitlichen Mauer begrenzt, die Arbeits- und Wohnbereiche von der bis zu 6m mächtigen Schlackenhalde trennt. Keramische Funde erlauben eine Datierung von der Mitte des 1. Jhs. v.Chr. bis zur Mitte des 4. Jhs. n.Chr. In den anstehenden Boden eingetiefte Pfostenlöcher und Sohlgräben sind aufgrund keramischer Funde in die Bronzezeit zu datieren.

Insgesamt konnten bis jetzt fünf Schmelzöfen freigelegt werden. Dendrochronologie und Paläomagnetik ergaben eine einheitliche Datierung dieser fünf Öfen an das Ende des 1. Drittels des 4. Jhs. n.Chr. Sie haben eine einheitliche Bauart. Die aus Lehm aufgebauten Öfen sind in den anstehenden Boden eingetieft und haben einen Sohlendurchmesser von 1,20 bis 1,3m. Arbeitsgruben ermöglichten den Schlackenabstich und die Entnahme der Luppen. Die Windführung erfolgte über 3 bis 4 sehr Düsenöffnungen. Bei zwei der Öfen ist die Ofenbrust zur Verstärkung von zwei stehenden Steinen flankiert. Zwei Öfen zeigen deutliche Spuren einer Mehrfachverwendung. Als der erste Ofen ausgedient hatte, wurde innen, direkt an die verschlackte Ofenwand anschließend, der nächste Ofen aufgebaut. Die Winddüsen wurden beibehalten. Von großem Interesse sind fünf kleine bodengebundene Schmiedessen. Es handelt sich dabei um in den anstehenden Boden eingetiefte Mulden, die mit Lehm verschmiert wurden. Diese kleinen Essen dienten zum Ausschmieden der Luppen. Ihre Lage in unmittelbarer Nähe der Öfen läßt den Schluß zu, daß jeder Ofen eine eigene Produktionseinheit darstellte. Größe und Bauart der Öfen, sowie erste Ergebnisse metallurgischer Analysen an Schlacken und einem Luppenbruchstück lassen auf eine sehr ausgereifte Schmelztechnik schließen.
Einer der Öfen wurde en bloc geborgen und vor dem Schaubergwerk in Knappenberg aufgestellt. Nach der Konservierung wurde er mit einem Haus aus Holz und Glas geschützt. Auf zwei Schautafeln sind Eisengewinnung, sowie Bergung und Konservierung des Ofens in einer auch für Laien verständlichen Form dargestellt. Im Rahmen eines EU-Projektes ("Via dei Metalli" Alpine Space IIIB) wurde mit der Einrichtung einer Dauerausstellung zu den archäologischen Untersuchungen im Bergbaumuseum Knappenberg begonnen.

Links:
Dipl.-Ing. Georg Walach: www.tb-geo.com
EU-Project "Iron Route" Interreg IIIB Alpine Space: www.ironroute.org
Marktgemeinde Hüttenberg: www.huettenberg.at

© Brigitte Cech, Hubert Preßlinger, Georg Walach
e-mail: office@tb-geow.com

This article should be cited like this: B. Cech, H. Preßlinger, G. Walach, Interdisziplinäre Forschungen zum Ferrum Noricum, Forum Archaeologiae 39/VI/2006 (http://farch.net).



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