Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 35 / VI / 2005

RÖMISCHER EINFLUSS IN DER EPHESISCHEN WANDMALEREI: EINE UNGEWÖHNLICHE DEKORATION IM HANGHAUS 2
Abstract

Ein römischer Einfluß auf die bildende Kunst im Osten überrascht zunächst angesichts der ununterbrochenen Wertschätzung griechischer Kunst in der römischen Kultur, die sich z.B. für die Skulptur im Sammeln von Originalen und Anfertigen von Kopien manifestierte. Unter den zahlreichen Wandmalerei in Ephesos gibt es zumindest ein Beispiel für dieses Phänomen, das im Hinblick auf die Fragestellung des Kolloquiums interessant ist.
Es handelt sich um eine bislang unpublizierte, weißgrundige Nebenraummalerei im Hanghaus 2, die ganz aus dem Rahmen der übrigen Malereien herausfällt. In der Nordwestecke der WE 6 öffnet sich im Westen des Nordumgangs der Raum 42 auf den großen Peristylhof 31a. Der Raum entstand in der jetzigen Dimension in der trajanischen Bauphase II. Am besten ist sein in vorwiegend roten und grünen Farben angelegtes System an der Westwand erhalten. In jeder der drei horizontalen Zonen fallen Besonderheiten auf, die bisher im ephesischen Formenschatz nicht belegt sind. Die Sockelzone ist ungewöhnlich niedrig und ungegliedert. Die Hauptzone folgt zwar dem Felder-Lisenen-Schema. Sie ist aber vertikal dreigeteilt von einem ungewöhnlichen Lisenentyp mit bogigen Abschlüsse nach unten und oben. Das Emblem des mittleren Wandfeldes ist zudem ein kleines Tafelbild mit einer maritimen Sakrallandschaft, die in Ephesos nur hier belegt ist. Ebenso ungewöhnlich ist die vertikal viergeteilte Oberzone gestaltet: Ihr mittleres Trennelement ist eine Lisene des gleichen Typs wie in der Hauptzone. Die rechte und linke Hälfte sind nochmals von einem schmalen Architekturglied geteilt, das jeweils auf einem einzigartigen Rechteck mit balustradenartigem Gittermotiv steht. Alle drei Teiler fußen direkt auf der Hauptzone, so dass der sonst immer durchgehende Fries zwischen Haupt- und Oberzone, hier ein feiner horizontaler Blattstab, dreimal unterbrechen ist. Die vier Ädikulen der Oberzone nehmen feine Blütenstandarten auf, denen nach rechts und links ausgreifende Blütenbögen entwachsen; auch sie sind neu in Ephesos. Auf den Standarten sitzen zur Mitte gerichtete Vögel. Ist schon die Durchmischung des Felder-Lisenen-Systems mit Elementen von Ädikula-Wänden einzigartig, so sind erst recht die einzelnen Dekorformen in Ephesos Unikate.
Auf der Suche nach der Herkunft dieser zahlreichen fremden Elemente finden sich für alle konkrete Vergleichsbeispiele vor allem in der ostienser Wandmalerei des 2. und frühen 3.Jhs. Zwar gibt es nirgends das exakt gleiche System, doch sind alle Details wie die Lisenen, das Landschaftsbildchen, die Gitterelemente und die Blütenstandarten mit Blütenbögen fest im ostienser Formenschatz verwurzelt. Auch die Tektonik der Wand mit schmalem Sockel und der Kommunikation von Haupt- und Oberzone mit Architekturen über die Frieszone hinweg zeigt ganz direkte Bezüge, die hier nur summarisch genannt werden können. Es hat geradezu den Anschein, als hätten ephesische Maler ihr übliches Wandsystem speziell um solche römischen Elemente erweitert.

Betrachtet man den Kontext der Ausstattung der WE 6, dann könnte genau dies der Fall gewesen sein. Denn der Hausherr war der Dionysospriester C. Fl. Furius Aptus, ein reicher und einflussreicher Ephesier, dessen Söhne nach der Mitte des 2.Jhs. dem senatorischen Stand angehören. Der direkte Rombezug der Familie ist nicht nur historisch belegt, sondern wird auch in der prachtvollen architektonischen Umgestaltung seiner Wohneinheit 6 in der Art eines Stadtpalastes zunächst mit großem Prunksaal (Raum 31) und dann der Basilika privata (Raum 8) nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund dieser direkten Orientierung an hauptstädtischen Bau- und Ausstattungsformen ist auch die Malerei in dem eigentlich untergeordneten Raum 42 zu verstehen (Abb.): als eine Art Import, ohne dass freilich der konkrete Weg des Formenaustausches fixierbar ist. Am wahrscheinlichsten scheint es, dass ephesische Handwerker die neuen Elemente auf Grund mündlicher oder graphischer Vermittlung in ihr übliches Felder-Lisenen-Schema integrierten.

© Norbert Zimmermann
e-mail: norbert.zimmermann@oeaw.ac.at

This article should be cited like this: N. Zimmermann, Römischer Einfluß in der ephesischen Wandmalerei: eine ungewöhnliche Dekoration im Hanghaus 2, Forum Archaeologiae 35/VI/2005 (http://farch.net).



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