Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 19 / VI / 2001

DER RÖMISCHE GRABBEZIRK VON FASCHENDORF

Der römische Grabbezirk von Faschendorf wurde in zwei sechsmonatigen Grabungskampagnen vollständig freigelegt [1]. Die Ausgrabungen wurden durchgeführt von der gemeinnützigen GmbH Archäologieland Kärnten in Kooperation mit dem Landesmuseum für Kärnten (Franz Glaser). Finanziert wurden die Grabungen größtenteils vom AMS Kärnten, dem Land und verschiedenen Kärntner Gemeinden im Rahmen eines Beschäftigungsprojektes für Langzeitarbeitslose.
Die Fundstelle (Abb. 1) liegt etwa 3 km südlich von Teurnia an der gegenüberliegenden Drauseite mit direktem Blick auf die Kirche St. Peter in Holz und ca. 0,5 km nordöstlich des heutigen Weilers Faschendorf (Parz. 397, KG Gschieß, OG Baldramsdorf, VB Spittal a.d. Drau).
Seit der Mitte des 19. Jhs. wurden hier immer wieder reliefierte Marmorfragmente gefunden. Dabei ragt besonders die Hälfte einer Kassettendecke mit Büstendarstellungen zweier Jahreszeitenpersonifikationen [2], die heute in Schloß Porcia eingemauert ist, heraus. Von einer Grabaedicula stammt ein dreieckiges Tympanon. Die rechte Giebelhälfte ist in der ca. 1,5 km entfernten Kirche von Rosenheim eingemauert. Die anpassende linke Hälfte wird heute beim Hof Faschendorf Nr. 12 aufbewahrt und wurde auf der Wegparzelle 826/2 (Faschendorf) 1973 gefunden [3]. Dargestellt ist der Kopf der Medusa gerahmt von einem Kranz und flankiert von zwei Tritonen in antithetischer Anordnung. Anfang der Neunzigerjahre kam ein Relieffragment mit der Darstellung eines Jahreszeitengenius mit einem mit Ähren gefüllten Korb zum Vorschein [4]. Unter den Funden bis 1998 ragt besonders ein Porträtkopf einer Dame mit norischer Haube hervor.
Im August des Jahres 1994 zeichneten sich am Westrand von Parzelle 397 verschiedene Trockenmarken deutlich im Gras ab. Zum einen eine Umfassungsmauer von 25 x 29 m und innerhalb dieser ein Rechteck (Grabmonument) sowie im Norden außerhalb ein weiteres Rechteck [5]. Aus all diesen Gründen konnte man von einem römischen Grabbezirk ausgehen.
In der ersten Grabungskampagne wurden die westlichen zwei Drittel des Grabbezirks freigelegt [6]. Dabei kam ein 6,6 x 6 m großes Grabbaufundament zum Vorschein, das etwas dezentral im westlichen Drittel des Grabbezirks liegt. Es besteht aus zahlreichen Lagen Geröllen und Bruchsteinen und war bis auf eine Höhe von 1,5 m erhalten. Damit stellt es eines der größten Grabbaumonumente in Noricum dar. In der Nähe des Fundamentes wurden zwei unterlebensgroße Köpfe von Knaben (Abb. 2-3) gefunden.


Von Marmorstatuen stammen zwei Hände, zwei Finger und verschiedene Gewandfaltenfragmente. An Architekturteilen konnten eine Architravfragment mit der Darstellung eines gefüllten Kantharos sowie mehrere Säulenfragmente geborgen werden. Der meiste Marmor dürfte weggeschafft und zu Kalk gebrannt worden sein. Von einer Aedicula mit Säulen und dazwischen stehenden oder sitzenden Figuren kann man sicher ausgehen. Im Südosten des Grabbezirks kam ein 5,2 x 3,4 m großer, in zwei Kammern geteilter Grabbau (Abb. 4) zutage. In der westlichen Kammer befand sich ein äußerst reiches Brandgrab (Abb. 5). Neben zahlreichen keramischen Beigaben wies es ovale Eisenbeschläge eines Holzgefäßes, zwei Strigiles, zwei Kästchenhenkel, eine Schere, zahlreiche verschmolzen Bronzegegenstände sowie ca. 65 Nägel auf. Datiert werden kann das Grab ans Ende des 1. Jhs. bzw. an den Anfang des 2. Jhs. In der östlichen Kammer befand sich kein Grab, sondern eine Art Vorraum mit Sekundärbeigaben wie Teller und Schüsseln.

Im Südwesten des Grabbezirks kamen mehrere gestörte Brandgräber zum Vorschein, die aufgrund der Sigillaten ebenfalls an den Anfang des 2. Jhs. zu datieren sind.
Ein interessanter Befund direkt westlich des Grabbaufundaments war eine Grube, die mit dunklerer Erde, etwas Holzkohle und vielen Tierknochen verfüllt war. Außerdem waren in dieser Grube zwei Marmorhände und ein Finger deponiert.
Im Nordosten des Grabbezirkes konnte ein Fundkomplex mit 8 Eisendübeln und ca. 40 Nägeln verschiedenster Größe geborgen werden. Diese Dübel dienten ursprünglich zum Zusammenstecken der Marmorblöcke des Grabbaues. Befunde aus der Spätlatènezeit kamen im Nordwesten und Westen des Grabbezirks zutage. Dabei handelt es sich um verziegelte Lehmflächen, die teilweise Graphittonkeramik enthielten.
In der diesjährigen Grabungskampagne stießen wir östlich des zweigeteilten Grabbaues auf eine 3,5 m lange und 0,6 m breite, langrechteckige Grube, die ca. 40 cm tief war. An den Wänden ist der Lehm verziegelt. Die Grubensohle ist ausgelegt mit 5 bis 10 cm großen Schiefersteinen, die ebenfalls Brandspuren aufweisen. Dazwischen befindet sich ebenfalls verziegelter Lehm und stellenweise Holzkohle. Aus dieser Grube stammen zahlreiche verschmolzene Bronzefragmente, wenig Keramik und etwas Leichenbrand. Der verziegelte Lehm weist eine Stärke von höchstens 3 cm auf. Das Niveau der Grubensohle befindet sich unterhalb der Unterkante des zweigeteilten Grabbaues. Möglicherweise handelt es sich um einen älteren Verbrennungsplatz. Die geringe Stärke der Verziegelung lassen daran denken, dass die Grube nach ihrer Benutzung gesäubert worden ist und der Inhalt an einem anderen Ort deponiert wurde.
Östlich bzw. südöstlich des Grabmonuments konnten zwei ungestörte Brandgräber freigelegt werden, die anhand der Sigillata ebenfalls ans Ende des 1. bzw. an den Anfang des 2. Jhs. zu datieren sind.
Schon im Vorjahr kam die erste Körperbestattung knapp außerhalb südlich der südlichen Umfassungsmauer zum Vorschein. Das Skelett war West-Ost orientiert. Es enthielt jedoch keine datierenden Funde. In der diesjährigen Kampagne konnten weitere 11 Körpergräber ausgegraben werden. 9 davon befanden sich innerhalb des römischen Grabbezirks. Eine Doppelbestattung fand sich außerhalb südlich der südlichen Umfassungsmauer. Diese Gräber scheinen sich nach Süden hin weiter fortzusetzen, da ein weiterer Schädel im Profil angeschnitten werden konnte. Bei den Körpergräbern kann man von zwei Gruppen ausgehen: Die erste im mittleren östlichen Drittel des Grabbezirks besteht aus 5 sehr schlecht erhaltenen Bestattungen, die alle West-Ost orientiert waren. Eine zweite Gruppe im SO-Eck des Grabbezirks war ursprünglich obertägig markiert durch ovale Steinsetzungen. Innerhalb einer Steinsetzung kam ca. 0,8 m unterhalb deren Oberkante ein Körpergrab zum Vorschein, das als einziges Beigaben aufwies: nämlich ein eisernes Griffangelmesser mit gerader Klinge, eine Gürtelschließe, eine weiter kleinere Eisenschnalle sowie das Fragment eines zweiten Eisenmessers.
Eine Datierung dieser Körperbestattungen muß vorläufig offen bleiben. Möglicherweise handelt es sich um spätantike Bestattungen des 5. oder 6. Jhs. Allerdings könnte es sich auch um frühmittelalterliche Gräber handeln. Am Ende der diesjährigen Grabungssaison wurde nördlich des Grabbezirks gegraben, da in diesem Bereich eine weitere rechteckig Trockenmarke ein zweites großes Grabmonument vermuten ließ. Tatsächlich kam schon ca. 25 cm unterhalb der Humusoberkante die oberste Steinlage des Monuments zum Vorschein. Es hat eine N-S-Ausdehnung von 7,1 m und eine W-O-Ausdehnung von 5,95 m. Monument II (Abb. 7) befindet sich ca. 22 m nördlich des Grabbezirks. Das Fundament besteht aus Bruchsteinen und Geröllen in Kalkmörtelbindung. Auffallend ist, dass die verwendeten Steine im Vergleich zu Monument I deutlich kleiner sind. Vom Marmoraufbau haben sich ein Konsolengesimsfragment sowie eine mehrfach profilierte Basis erhalten. Zahlreiche Marmorfragmente lagen bis zu 10 m vom Monument entfernt verstreut. Von einer Ummauerung war im Luftbild nichts zu erkennen.
Der römische Grabbezirk von Faschendorf hat mit seinen Ausmaßen von 29 x 25 m eine beträchtliche Größe. Ähnlich vollständig und modern ergrabene Anlagen kennt man aus der Schweiz [7], Deutschland [8] oder Slowenien [9]. Es handelt sich dabei um den Bestattungsplatz einer äußerst wohlhabenden und gesellschaftlich bedeutenden Familie. Diese war wahrscheinlich in einem nur teilweise ergrabenen Gutshof ansässig, der sich im ca. 0,5 km entfernten Weiler Faschendorf befindet. Die Benützung des Grabbezirks hat einen zeitlichen Schwerpunkt in trajanisch-hadrianischer Zeit. Ursprünglich wurde er für die Umfriedung des dezentral liegenden Grabmonuments errichtet. Kurze Zeit später kam vermutlich ein weiterer in zwei Kammern geteilter Grabbau mit einer reichen Brandbestattung hinzu. Weiter Brandgräber befinden sich im Südwesten des Grabbezirks bzw. östlich und südöstlich des großen Monuments. Auffällig ist die kleine Anzahl von Brandgräbern, nämlich höchstens 5 bis 8, bei der verhältnismäßig großen Innenfläche von 725 qm. Im ähnlich großen Grabbezirk von Nersingen-Unterfahlheim gab es auch nur 7 Brandbestattungen [10]. Wahrscheinlich wurden diese Begräbnisstätten nicht weitervererbt und nur für kurze Zeit benutzt. Nach der Auflassung des römischen Grabbezirks kam es hier zu einer spätantiken oder auch frühmittelalterlichen Nachnutzung ebenfalls als Bestattungsplatz.

[1] Erste Grabungskampagne: 26.4. bis 2.6 bzw. 5.7. bis 21.10.1999; Zweite Grabungskampagne: 25.5. bis 3.11.2000.
[2] F. Glaser, Die Skulpturen des Stadtgebietes von Teurnia, CSIR II/6 (1997) 42f. Nr. 25 Taf. 15-16.
[3] Glaser a.O. 41 Nr. 22 Taf. 14.
[4] Glaser a.O. 61 Nr. 49 Taf. 34.
[5] Glaser a.O. 11f. Textabb. 1.
[6] J. Polleres, FÖ 38, 1999, 831 f. (Gschieß).
[7] Avenches-en Chaplix: D. Castella - L. Flutsch, Sanctuaires et monuments funéraires à Avenches-en Chaplix VD, ASchw 13, 1990, 2ff.; Délemont: V.Légeret, Delémont JU, La Communance, JbSchwUrgesch 83, 2000, 235.
[8] Nersingen-Unterfahlheim: R. Ambs - A. Faber, Ein Bestattungsplatz der provinzialen Oberschicht Raetiens an der Donausüdstraße bei Nersingen-Unterfahlheim, BerRGK 79, 1998, 383ff.
[9] M. Vomer-Gojkovic, Grobisce pri Dijaskem domu v Rabelcji vasi na Ptuju. Gräberfeld neben dem Studentenheim in Rabelcja Vas bei Ptuj, Ptujski Zbornik VI/1, 1996, 230ff.
[10] Ambs - Faber a.O. bes. 397ff. 450.

© Julia Polleres
e-mail:
Julia.Polleres@uibk.ac.at

This article will be quoted by J. Polleres, Der römische Grabbezirk von Faschendorf, Forum Archaeologiae 19/VI/2001 (http://farch.net).



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