Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020

DIE GRÄBERSTRASSE DES MAGDALENSBERGES UND DESSEN INFRASTRUKTURELLE ERSCHLIESSUNG

Gut ein Menschenleben dauert die Forschungstätigkeit am Magdalensberg mittlerweile an, während der sich das frührömische Emporium sowie dessen materielle Hinterlassenschaft als archäologisches Leitfossil des Zeitraums von 50 v.Chr. bis 50 n.Chr. etablierte und unter dem Begriff „Magdalensbergstufe“ geführt wird. Mit dem aufsehenerregenden Fund des sog. Jünglings vom Magdalensberg 1502, der größten wiederentdeckten Bronzeplastik nördlich der Alpen, rückte der historisch bezeichnete „Helenenberg“ schlagartig ins Bewusstsein der Menschen zurück und führte von 1867 bis 1869 zu ersten damaligen Standards entsprechenden, planmäßigen Grabungen (Abb.) von Mitgliedern des Kärntner Geschichtsvereins unter der Leitung von Alois Weiß (1839-1871). Während den drei Jahren forschten diese an jenen Fundstellen, an denen durch Anwohner verübte Plünderungen der Nekropole des Magdalensberges, die sich am Lugbichl, dem Bergkamm östlich des heutigen Archäologischen Parks erstreckt, vorausgingen. Knapp achtzig Jahre später mit dem Einsetzen der wissenschaftlichen Ausgrabungen wurde anfangs noch die weitere Aufdeckung der Gräber angestrebt, jedoch nach ersten kleinräumigen Feststellungsgrabungen ließ man bis heute von diesem Vorhaben ab und konzentrierte sich stattdessen auf die Freilegung der Siedlungsstrukturen an der südlichen Hangseite der Gipfelzone.

Das Gräberfeld am Lugbichl stellt damit ein wissenschaftliches Desiderat im Rahmen der Forschungstätigkeit am Berg sowie innerhalb der provinzialrömischen Archäologie dar. Es besteht aus frührömischen Grabbezirken, die sich entlang bzw. über weite Strecken beidseitig einer römerzeitlichen Wegverbindung anordnen. Von diesen areae sind einige Dutzend Grabinschriften erhalten, welche vielfach zu den ältesten Denkmälern dieser Gattung in Österreich zählen. Gleich den geborgenen Grabinventaren lassen sie sich nur noch in den seltensten Fällen einem konkreten Fundkomplex zuweisen, da die Aufzeichnungen des 19. und 20. Jhs. wenig detailliert verfasst sind und keinen Katasterplan mit präziser Eintragung der einzelnen Maßnahmen oder ein verwertbares Grabungstagebuch beinhalten.
Die Gräberstraße (ein Wald-Wanderweg, GdstNr. 1490, KG 72149 Ottmanach) als solches, die die Nekropole erschließt, fungiert heute als Katastralgemeinde-, Gemeinde- und Bezirksgrenze und scheint aufgrund ihrer Linienführung mit Trassen in der Ebene in Verbindung zu stehen. Wenngleich man den Verlauf der antiken Straße auf den Magdalensberg über weite Strecken noch nicht genau feststellen kann, belegen zum einen die Kartierung von aufgefundenen Grabdenkmälern sowie zum anderen der Umstand des gleichzeitigen Bestehens der Berg- sowie der Talsiedlung (vicus von St. Michael am Zollfeld) die Annahme, dass die Hauptroute zur verkehrstechnischen Erschließung und Gründung des hochgelegenen Handelszentrums, vom älteren St. Michael am Zollfeld ihren Ausgang nahm. Letztere Ortschaft mit ihrer verkehrsgeographisch bevorzugten Lage am Schnittpunkt der sog. norischen Hauptstraße (Aquileia – Donau) mit einer Trasse nach Liebenfels und mit der thematisierten Höhenstraßen, die in weiterer Folge zur Gräberstraße wird, wäre damit maßgeblich an der Entstehung der Siedlung am Berg beteiligt gewesen. Darüber hinaus vermutet die Forschung, dass ab St. Michael am Zollfeld die Glan schiffbar war, was nebenbei bemerkt ein entscheidender Faktor für die Entwicklung eines frühen Warenumschlagplatzes im Tal und in weiterer Folge am Berg gewesen wäre.

© Sandra Romana Rutter
e-mail: sandrarutter88@gmx.at

This article should be cited like this: S.R. Rutter, Die Gräberstraße des Magdalensberges und dessen infrastrukturelle Erschließung, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).



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