Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020

ARCHITEKTURHISTORISCHE UNTERSUCHUNGEN ZU DEN HELLENISTISCHEN UND RÖMISCHEN THEATERN IN LYKIEN

Mit mehr als 60 antiken Städten und Siedlungen ist die lykische Halbinsel sehr dicht besiedelt. Über 30 Theater wurden bereits in Lykien nachgewiesen und repräsentieren fast ein Fünftel der bekannten 160 Theater in Kleinasien. Die ersten Erkenntnisse über die antiken Theater in Lykien stammen aus den Reiseberichten des 19. Jahrhunderts und liefern wertvolle Informationen zu ihrem Zustand. Darüber hinaus zeigen die Photographien und Zeichnungen, wie viele wertvolle Architekturteile bis heute verloren gegangen sind.
Durch die Ausgrabungen und Freilegungsarbeiten der letzten 20 Jahre, wie z.B. im Letoon, in Myra (Abb.), Patara, Phaselis, Rhodiapolis und Tlos, erhielten die Forscher wichtige Informationen. Neben Ausgrabungen lieferten auch die epigraphischen Forschungen in Lykien Informationen über Spenden für den Wiederaufbau der Theater oder Feste, wie z.B. die Stiftungsinschrift des C. Iulius Demosthenes aus Oinoanda. Sie enthält interessante Details über das Fest des Demosthenes, seinen Ablauf, das Festpersonal und über Stiftungen, welche für die Theaterforschung wichtig sind. Durch diese neuen Forschungen und die Rekonstruktionsarbeiten an einigen Theatern, haben wir jetzt mehr Kenntnisse über die baugeschichtlichen Entwicklungen einzelner Theater als vor 30 Jahren.

Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt war natürlich die Untersuchung des Platzes des Theaters in einer lykischen Stadt samt seinen umgebenden Bauten sowie der Wege zum Theater. Die städtebauliche Beziehung zwischen dem Theater und den anderen öffentlichen Bauten ist wichtig, um die einzelnen Theater in Lykien miteinander zu vergleichen. Dabei spielt auch die Bewertung einzelner Bauteile, des Bauschmucks und der Bauplastik eine große Rolle, um die Theater zu datieren.
Die Theater in Lykien sind meist in hellenistischer Tradition gebaute und in der römischen Zeit auch mit kleinen Umbauten und Änderungen weiter benutzte Anlagen. Abgesehen von einigen Ausnahmen, sind es meist relativ kleine Theater mit geringen Zuschauerkapazitäten.
Ziel der Forschungen war eine Intensivierung der Kenntnisse zu den antiken Theaterbauten in Lykien und ihrer Architektur, die bislang mit wenigen Ausnahmen nur unzureichend publiziert sind. Es wurden insbesondere die Szenengebäude mit den scaenae frontes sowie die Außenfassaden und ihre Verbindungen zum Zuschauerraum, der Zuschauerraum mit seiner Strukturierung und seinen Zugängen, die seitlichen Eingänge (parodoi) und die Orchestra untersucht. Einen Schwerpunkt bildete auch die Beziehung zwischen Szenengebäude, Orchestra und Zuschauerraum.
Des Weiteren sollen in meinem Vortrag folgende detaillierte, weiterführende Forschungsfragen behandelt werden: Welche Rolle spielte ein Theatergebäude für eine lykische Stadt? Welche baugeschichtliche Entwicklung der Theater kann in Lykien festgestellt werden? Wurden die Theater eher für kulturelle und kultische Aufführungen oder für Volksversammlungen benutzt? In welchen Theatern wurde die Orchestra in der römischen Zeit umgebaut? Wurden Wasserbecken und Wasserleitungen installiert und Wasserspiele veranstaltet? Welche Theater wurden für Gladiatorenspiele und Tierkämpfe umgewandelt? Was brachten die neuesten Ausgrabungen ans Tageslicht? Weisen die lykischen Theater spezielle Besonderheiten auf?
Die Forschungsarbeiten wurden mit der Genehmigung des türkischen Ministeriums für Kultur und Tourismus und mit der finanziellen Unterstützung österreichischer Institutionen durchgeführt.

© Yasar Özbek
e-mail: oezbek@hotmail.com

This article should be cited like this: Y. Özbek, Architekturhistorische Untersuchungen zu den hellenistischen und römischen Theatern in Lykien, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).



HOME