Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020

NEUE UNTERSUCHUNGEN AM HAUPTTOR VON SIDE

Das Haupttor von Side ist zusammen mit dem Osttor und der sogenannten Landmauer Teil des Befestigungssystems, das bislang als hellenistische Anlage interpretiert wurde. Nachdem archäologische Untersuchungen am Osttor und der Landmauer während der letzten Jahre belegten, dass sowohl das Osttor als auch die Landmauer in die römische Kaiserzeit zu datieren sind (1.–2.Jh. n.Chr.), wurden im Sommer 2019 archäologische Untersuchungen am Haupttor von Side durchgeführt. Die Anlage wurde 1949 erstmals von Arif Müfid Mansel untersucht. Er datierte den Bau in hellenistische Zeit und vermutete einen Ausbau der Anlage zu einem „Prunktor“ mit einer zweistöckigen Nischenarchitektur im 2.–3. Jh. n.Chr.
Das Haupttor von Side folgt dem in Pamphylien gängigen Typ des monumentalen Hoftores. Die Anlage wird flankiert von zwei massiven, rechteckigen Türmen. Dahinter schließen auf beiden Seiten jeweils 1,80m breite Pylone an. Danach folgt der halbrunde Hof, der an seinen Enden durch massive Pfeiler begrenzt wird. In einer späteren Phase wurde an der Innenseite der Hofmauer eine 1,60m hohe Sockelmauer errichtet, die mit dem Ausbau der Anlage zu einem Prunktor im 2.–3. Jh. n.Chr. in Verbindung zu bringen ist, das durch zahlreiche Gebälk- und Gesimsstücke im Hof belegt ist. An der breitesten Stelle des Hofes liegen die beiden rechteckigen Torkammern, die zur Landseite hin mit gerundeten Mauern begrenzt sind. Die Anlage besteht aus einer sehr regelmäßigen Läufer-Binder-Bauweise mit einem regelmäßigen Blockmaß, das von dem der restlichen Bauten in Side abweicht. Außerdem bestehen die aufgehenden Mauern aus Travertingestein und nicht aus dem bei den kaiserzeitlichen Bauten in Side üblichen groben Konglomeratgestein (Abb.).

Unsere Untersuchungen ergaben, dass das Tor in seiner ersten Phase eine freistehende Anlage gewesen ist. Die Türme sind zwar mit der Landmauer durch Zungenmauern verbunden, die allerdings zu einem späteren Zeitpunkt an die Turmrückwand angesetzt wurden, weshalb für das Haupttor eine frühere Datierung als das 1.–2.Jh. n.Chr. festzustellen ist und als Folge dessen auch früher als die Landmauer anzusetzen ist. Nachdem die einzelnen Bauteile wie die Türme, die Pylone, die Torkammern und die Hofmauer in keinem baulichen Verband stehen, ist es schwierig unterschiedliche Phasen festzustellen. Die entlang der früheren Hofmauer angelegte Sockelmauer kann eindeutig einer späteren Phase zugeordnet werden – wahrscheinlich dem Ausbau der Anlage zu einem Prunktor im 2.–3.Jh. n.Chr. Einige der Zugänge wurden zu späteren Zeitpunkten geschlossen, indem sie zugemauert wurden.
Weitere Aufschlüsse über die Datierung und Abfolge der Bauperioden sollen im Rahmen zukünftiger Ausgrabungen geklärt werden.

© Ute Lohner-Urban
e-mail: ute.lohner@uni-graz.at

This article should be cited like this: U. Lohner-Urban, Neue Untersuchungen am Haupttor von Side, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).



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