Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020

MITTELALTERLICHE FUNDE UND BEFUNDE VOM STADTBERG VON PHENEOS

Die in den Jahren 2011 bis 2015 durchgeführten Ausgrabungen am Stadtberg von Pheneos – eine Kooperation zwischen der EFA Korinthias, dem Österreichischen Archäologischen Institut, Zweigstelle Athen und dem Institut für Archäologie der Universität Graz (seit 1. 10. 2019 Institut für Antike) – haben nicht nur antike, sondern auch mittelalterliche Funde und Befunde erbracht. Seit Oktober 2017 wird im Rahmen des FWF-Projektes „Pheneos in Northeastern Arcadia – An Undiscovered Town“ auch das mittelalterliche Material bearbeitet und ausgewertet.
Am Gipfel der Akropolis sind die Grundmauern eines mittelalterlichen Turmes und ein Teil eines Gebäudes oder einer Umfassungsmauer einige Höhenmeter darunter noch immer sichtbar. Diese Mauerreste bestehen aus Bruchsteinen in Mörtelbindung, ausgezwickelt wurde mit kleineren Steinen oder Ziegeln. Am Westhang des Stadtberges konnten die Fundamente und teilweise auch das aufgehende Mauerwerk eines Gebäudes in Trockenbauweise festgestellt werden. Abseits der größeren Siedlungen sind schlichte, schmucklose Befestigungsanlagen mit sehr einfachen Verteidigungssystemen für Gründungen des 13. Jahrhunderts gängig. Für gewöhnlich bestehen diese Anlagen aus einem zentralen Turm, oft mit einer Zisterne im Untergeschoß, umgeben von einem ummauerten Hof. Wenn sich ein Dorf in unmittelbarer Umgebung befindet, liegt es an den Hängen unterhalb dieser Anlage. Der Befund des rechteckigen Gebäudes am Westhang könnte ein Rest einer solchen Siedlung sein. Die Diskrepanz in der Mauertechnik – Mörtelmauerwerk beim Kastell und Trockenmauerwerk bei dem vermutlichen Wohnhaus – ist nicht ungewöhnlich. Zwei Bestattungen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf dem östlichen Ausläufer des Stadtberges könnten zu einem Friedhof gehören.

Das keramische Fundmaterial besteht zu einem großen Teil aus lokalen Waren, enthält aber auch einige importierte italische Stücke (Abb.) und datiert zwischen dem späten 13. und dem frühen 15. Jahrhundert. Zum Teil korrespondiert die Keramik aus Pheneos mit jener aus den spätmittelalterlichen Schichten des nahen Zisterzienserklosters Zaraka, wenn auch dort die qualitätvollen importierten Stücke in größerer Zahl vorliegen. Sieben Silbermünzen stammen aus dem 14. Jahrhundert (Münzbestimmungen: Hubert Emmerig, Institut für Numismatik und Geldgeschichte Wien). Diese Daten ergeben das Bild einer kleinen, nur über einen relativ kurzen Zeitraum in Gebrauch befindlichen Befestigungsanlage. Sie hat keine hochmittelalterliche Geschichte, sondern wurde erst deutlich nach der fränkischen Landnahme errichtet.
Das Kastell von Pheneos/Phonia/Fonea ist in vier venezianischen Listen des 15. Jahrhunderts genannt. Demnach war der Turm auf der Kuppe der Akropolis 1450 ausreichend bedeutend – und auch bekannt genug – um in einer Liste von Befestigungen aufzuscheinen, welche nur 136 „luoghi principali“ umfasst. Er wurde in vergleichbaren Listen bis 1471 weiterhin genannt, obwohl er spätestens 1467 zerstört war.
Für ein vollständiges Bild dieser spätmittelalterlichen Anlage am Stadtberg von Pheneos ist es notwendig, nicht nur das Fundmaterial und seine regionalen und überregionalen Zusammenhänge zu untersuchen, sondern auch die Stellung des Kastells von Pheneos/Phonia/Fonea im Kontext der zeitgleichen Befestigungsanlagen auf der Peloponnes.

© Johanna Kraschitzer
e-mail: johanna.kraschitzer@uni-graz.at

This article should be cited like this: J. Kraschitzer, Mittelalterliche Funde und Befunde vom Stadtberg von Pheneos, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).



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