Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020

TÄNIE, STROPHION ODER DIADEM? ZUM KOPFSCHMUCK BEI HERMENKÖPFEN

Zur Ikonographie vieler Hermenköpfe gehören Binden aus Stoff oder Reifen bzw. Spangen aus Metall im Haar. Deren exakte Benennung ist jedoch alles andere als einfach. Dies liegt nur zum Teil daran, dass es für den Bildhauer schwierig war, die stoffliche Qualität der Binde unmissverständlich in Stein wiederzugeben. Die erhaltenen Hermenköpfe haben meistens ihre ursprüngliche Bemalung verloren und damit auch einen wesentlichen Teil ihrer ikonographischen Information. Wie wichtig es ist, eventuell vorhandene Reste der originalen Bemalung sichtbar zu machen, zeigt der archaistische Hermenkopf aus dem Hermeshaus in Delos (Delos Museum Inv. A 4118). Erst unter ultraviolettem Licht wurde eine zweite – mit grüner Farbe gemalte – Binde sichtbar, die um die dickere Wulstbinde gewickelt ist (Abb.: Jockey 2014).

Aufgrund dieser Beobachtung muss man bislang als ‚unlogisch' eingestufte Frisuren bei archaistischen und klassizistischen Hermenköpfen, die man häufig einem unverständigen Kopisten angelastet hat, neu untersuchen. Es könnte sein, dass Frisurteile und abgetrennte Lockenbüschel, die für den heutigen Betrachter keinen Sinn ergeben, einst mit gemalten Bändern festgehalten wurden.
Auch die Knotung der Binden gibt manchmal Rätsel auf, besonders beim Hermentypus Athen-Venedig-Sorrent (Typus Curtius D), dessen Binde nicht wie üblich im Nacken verknotet ist, sondern auf der Stirn. Neben textilen Binden kommen auch Diademe aus Metall als Kopfschmuck vor.
Ob die unterschiedlichen Bindenformen etwas über die Benennung und die Funktion der Hermengötter aussagen, wird Gegenstand des Vortrages sein.

© Regina Hanslmayr
e-mail: rhanslmayr@gmail.com

This article should be cited like this: R. Hanslmayr, Tänie, Strophion oder Diadem? Zum Kopfschmuck bei Hermenköpfen, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).



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