Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 94 / III / 2020

PHENEOS IN ARKADIEN UND SEINE STADTMAUER. EIN HYDROGEOGRAPHISCHES GEDANKENSPIEL

Die arkadische Polis Pheneos liegt auf einem vorspringenden Hügel am Rand einer fruchtbaren Hochebene. Diese besitzt keinen oberirdischen Abfluss, sondern entwässert durch mehrere Katavothren am Südrand des Beckens. Werden diese verlegt, bildet sich ein See in der Hochebene, der typischerweise einige Jahrzehnte Bestand hat und große Teile der Ebene flutet. Durch Erdbeben können sich die Katavothren schlagartig öffnen und der See entleert sich rasch, in anderen Fällen geht das Wasser über mehrere Jahre zurück. Besonders am Südrand des Beckens sind die steil aufragenden Bergflanken blank, da durch die Überflutungen der Humus ausgewaschen wurde. Diese Wasserstandmarke reicht bis zu einer Höhe von 753 m über dem Meeresspielgel, was mit dem dokumentierten Höchststand von 1829 übereinstimmt. Es ist zu vermuten, dass es auf dieser Höhe einen weiteren unterirdischen Abfluss gibt, der ein Volllaufen des Beckens verhindert und den maximalen Pegel limitiert.

Folgt man der Höhenlinie auf 753m durch das Becken von Pheneos, ergibt sich im Südteil des Beckens eine Wassertiefe von etwa 50m. Gegen Norden hin wird der See flacher und läuft etwa 1km nördlich der Akropolis von Pheneos aus. Für einen einheitlichen Höchststand des Sees sprechen auch die mittelalterlich-neuzeitlichen Orte an den Beckenrändern, die im Falle der Seebildung zu Uferorten werden. Ebenso sind aus prähistorischer Zeit keine Fundstellen in den von Überschwemmung bedrohten Teilen des Beckens bekannt. Die Akropolis von Pheneos ragt von Norden als Halbinsel in den See hinein, was auf Karten aus dem 19.Jh. zu erkennen ist.
Das Phänomen der periodischen Seebildung im Becken von Pheneos ist den antiken Schriftstellern bekannt und findet zwischen dem frühen 3.Jh. v.Chr. und dem späten 2.Jh. n.Chr. mehrfach Erwähnung. Allein Plinius der Ältere kennt fünf Überflutungen des Beckens, Pausanias findet es ohne See vor, berichtet aber von einer Zerstörung der Polis durch eine Überschwemmung.
Bisherige Vermutungen, dass die spätklassische Stadtmauer die Akropolis von Pheneos umschließt, konnten die Ausgrabungen des Instituts für Archäologie (seit 1.10.2019 Institut für Antike, FB Archäologie) der Universität Graz von 2011–2015 nicht bestätigten. Klar erkennbar verläuft die Stadtmauer nur oberhalb des nördlichen Abhanges der pheneatischen Akropolis. Klar im Gelände erkennbar verläuft die teilweise noch aufgehend erhaltene Stadtmauer nur oberhalb des nördlichen Abhanges der pheneatischen Akropolis. An den anderen Seiten des Hügels ist dies nicht der Fall. Während das westliche Mauerende im steilsten Bereich des Akropolishügels abgerutscht und durch die an der naheliegenden Spitze der Akropolis errichtete mittelalterliche Burg überprägt ist, wurde am Ostende der bauliche Abschluss der Mauer freigelegt. Dieser liegt auf 750m, der erste Turm exakt am postulierten Ufer auf 753m Seehöhe.
Diese Beobachtungen führen zu der Annahme, dass die Stadtmauer von Pheneos ausschließlich als Sperrmauer errichtet wurde, die den als Halbinsel in den See ragenden Akropolishügel abriegelt. Da die Mauer ohne den See ihre fortifikatorische Bedeutung verliert, muss der See zum Zeitpunkt des Mauerbaues bereits bestanden haben. Nach dem Rückgang des Sees war eine Vervollständigung des Mauerringes offenbar nicht mehr notwendig oder durchführbar.



© Paul Bayer
e-mail: paulbayer@gmx.net

This article should be cited like this: P. Bayer, Pheneos in Arkadien und seine Stadtmauer. Ein hydrogeographisches Gedankenspiel, Forum Archaeologiae 94/III/2020 (http://farch.net).



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