Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 90 / III / 2019

DIE SPÄTANTIKE HÖHENSIEDLUNG CRKVIŠĆE BUKOVLJE (KROATIEN). EIN KOOPERATIONSPROJEKT

Seit 2018 finden die Ausgrabungen in Crkvišće Bukovlje in Kooperation zwischen dem Hrvatski Restauratorski Zavod [1] (kroat. staatl. Restaurierungsinstitut) und dem Institut für Archäologie der Universität Graz [2] statt.
Der Fundplatz liegt strategisch günstig auf einem Plateau in einer Biegung des Flusses Mrežnica im Ortsteil Gornje Bukovlje bei Zvečaj, ca. 15 km südwestlich von Karlovac (Abb. 1). Das Karstplateau von ungefähr dreieckiger Form (Seitenlängen: ca. 100, 80 und 85 m) umfasst ca. 0,33 ha Fläche [3]. Im Westen und Norden fällt das Gelände steil zum Fluss ab, woraus sich eine natürliche Schutzlage ergibt. Das Plateau wurde im vergangenen Jahrhundert teilweise landwirtschaftlich genutzt und ist frei von moderner Bebauung.
Die Höhensiedlung kommt nach der diokletianischen Reform im Grenzbereich der Provinz Pannonia Savia zur Provinz Dalmatia zu liegen (ca. 70 km westlich von Siscia). Eine Weggabelung von römischen Straßenverbindungen zwischen Romula [4] und Senia (Senj) bzw. Tarsatica (Rijeka) in unmittelbarer Nähe des Fundplatzes wird vermutet. Zu den römischen Fundorten der Umgebung gehören das Umfeld der Kirche Sveti Petar Mrežnički (bei Duga Resa, einige Kilometer flussabwärts von Zvečaj an der Mrežnica gelegen), Generalski Stol, Barilović, Skrad bzw. die Umgebung der Korana-Schlucht, und einige römische Grabfunde, alle in einigen Kilometern Entfernung vom hier besprochenen Fundplatz. In dieser Gegend gab es zahlreiche römische Steinbrüche mit einer nennenswerten Produktion von Steinsarkophagen und Urnen [5].

Der Flurname „Crkvišće“ (kroat. crkva = Kirche) deutete bereits vor Beginn der Ausgrabungen auf die mögliche Existenz einer (vorosmanenzeitlichen) Kirche hin [6]. Archäologische Untersuchungen finden hier seit 2010 statt. In diesem Jahr unternahm das Institut für Archäologie der Universtität Zagreb einen Survey, gefolgt von zwei Probeschnitten [7]. Seit 2012 führt das Hrvatski Restauratorski Zavod Ausgrabungen durch (Grabungsleitung: A. Azinović Bebek) [8].
Der Siedlungsplatz wurde nach Ausweis der Funde bereits in der Kupferzeit (Lasinja-Kultur) und Spätbronzezeit sowie der Hallstattzeit genutzt [9] und in der Spätantike befestigt. Am höchsten Punkt des Plateaus wurde, wohl im 5.Jh., eine frühchristliche Kirche errichtet [10]. Nach (Nord-)Osten hin wurde die Anlage mit einer 2,2 m starken Mauer geschützt, die als mächtiger Wall im Gelände sichtbar ist und an einigen Stellen archäologisch erfasst werden konnte. Die spätantike Zeitstellung dieser Mauer erscheint gesichert, eine genauere zeitliche Einordnung, eine eventuelle Mehrphasigkeit und weitere Details zu ihrem Verlauf sind Gegenstand zukünftiger Untersuchungen. Auch die Frage nach dem Zugang bzw. der Torsituation ist derzeit noch offen.
Die Kirche ist ungefähr West-Ost orientiert (Abb. 2). Es handelt sich um einen einfachen Saalbau mit abgeflacht halbkreisförmiger, eingezogener Apsis und einem Narthex. Das Kirchenschiff misst ca. 15,2 x 7,4 m. Eine gemauerte Priesterbank, die innen an die Apsis anschließt, der Unterbau einer Kathedra, Hinweise auf eine Chorschrankenanlage und einen Altar konnten festgestellt werden. Die Kirche besaß Eingänge im Westen, Norden und Süden und einen Estrichboden [11]. Ob es Anbauten gab, wofür die Südseite infrage kommen würde, soll im Rahmen zukünftiger Grabungen untersucht werden.
Von der Innenbebauung der Höhensiedlung ist derzeit noch wenig bekannt. Bisher konnten innen an die Umfassungsmauer angebaute Gebäude des 4. bis 6. Jhs. im Westen und Nordosten der Anlage erfasst werden. Durch entsprechende Funde ist eine spätmittelalterliche Nachnutzung des Areals belegt.

Die erste gemeinsame Grabungssaison der Kooperationspartner (2018) galt der Erforschung der Umfassungsmauer im Nordosten, wobei ein außenliegender Turm mit abgerundet dreieckigem Grundriss erfasst werden konnte, der eindeutig gleichzeitig mit der Mauer errichtet worden ist. Außerdem wurde die Untersuchung der nördlichen, direkt über dem Steilabfall zur Mrežnica liegenden Spitze des Plateaus in Angriff genommen, von wo aus man das Tal sowohl flussaufwärts als auch -abwärts gut überblicken kann.
Ziel des Forschungsprojektes ist die Klärung weiterer Fragen zur Topographie des Fundplatzes (Befestigung, Innenbebauung), der Chronologie und nicht zuletzt der Rolle der Höhensiedlung im spätantiken Verteidigungswesen der Region [12]. Beispielsweise bietet sich ein Vergleich mit einer von S. Ciglenečki [13] definierten Gruppe von Höhensiedlungen an, die einen vorwiegend militärischen Charakter haben und sich, obgleich sie in ihrem äußeren Erscheinungsbild stark variieren, u. a. durch starke Anpassung ans Gelände und Ausnutzung natürlicher Schutzlagen kombiniert mit Befestigungsmauern, einfache Wohn- und Kirchenbauten und das Vorhandensein als „germanisch“ interpretierter Keramik auszeichnen. Alle genannten Charakteristika lassen sich auch an der Fundstelle Crkvišće Bukovlje beobachten.
Parallel zu den Ausgrabungen werden umfassende Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen durchgeführt, unter anderem wurde ein Schutzbau über dem Kirchengrundriss errichtet, auf diese Weise werden große Teile der Höhensiedlung für Besucher sichtbar gemacht. Die Funde und Befunde sollen im Rahmen einer Ausstellung präsentiert und in einer Gesamtpublikation vorgelegt werden. Die fünfjährige Kooperation bietet außerdem Studierenden der Universität Graz die Möglichkeit, wertvolle Auslandserfahrung zu sammeln.

Literatur
Azinović Bebek – Sekulić 2014
A. Azinović Bebek – P. Sekulić, Kasnoantičko nalazište Crkvišće Bukovlje kod Generalskog Stola, Starohrvatska prosvjeta 41, 2014, 165–176.
Ciglenečki 2008
S. Ciglenečki, Castra und Höhensiedlungen vom 3. bis. 6. Jahrhundert in Slowenien, in: H. Steuer – V. Bierbrauer (Hrsg.), Höhensiedlungen zwischen Antike und Mittelalter von den Ardennen bis zur Adria, RGA Ergänzungsband 58 (Berlin – New York 2008) 481–532.
Gračanin 2010
H. Gračanin, Rimske prometnice i komunikacije u kasnoantičkoj južnoj Panoniji, Scrinia Slavonica 10/1, 2010, 9–69.
Knezović 2012
I. Knezović, Construction Materials and Techniques, in: B. Migotti (Hrsg.), The Archaeology of Roman Southern Pannonia. The state of research and selected problems in the Croatian part of the Roman province of Pannonia, BAR International Series 2393 (Oxford 2012) 225–250.
Karavanić – Kudelić 2011
S. Karavanić – A. Kudelić, Istraživanja prethistorijskih gradina Barilović - Osovlje i Crkvina-Bukovlje (Karlovačka županija), Annales Instituti Archaeologici 7, 2011, 81–84.
Sokol 1997
V. Sokol, Northwestern Croatia in the Late Roman Period, ArhVest 48, 1997, 219–226.

[1] A. Azinović Bebek, P. Sekulić, I. Hirschler Marić.
[2] M. Lehner, I. Koch.
[3] Azinović Bebek – Sekulić 2014, 168.
[4] Die Lage von Romula ist nicht letztendlich geklärt. Vorgeschlagen wurden beispielsweise Ribnica na Dolenjskem, Dubovac kod Karlovca und Sveti Petar Mrežnički, vgl. Gračanin 2010, 14f. 46. 49.
[5] Knezović 2012, 242.
[6] Azinović Bebek – Sekulić 2014, 166.
[7] Karavanić – Kudelić 2011, insbes. Abb. 2.
[8] Azinović Bebek – Sekulić 2014.
[9] Azinović Bebek – Sekulić 2014, 166. 174f. Abb. 17–19.
[10] Die Datierung wird durch Radiocarbondaten des 5.-6. Jhs. untermauert, s. Azinović Bebek – Sekulić 2014, 175.
[11] Azinović Bebek – Sekulić 2014, 168–173.
[12] Einen Überblick zur Spätantike in Nordwestkroatien bietet Sokol 1997.
[13] Ciglenečki 2008, 500f. Abb. 11 mit den Beispielen Korinjski hrib, Gradec bei Velika Strmica, Sveti Damjan, Čuker, Boljetin und Čezava.

© Iris Koch, Ana Azinović Bebek
e-mail: iris.koch@uni-graz.at, aazinovic@h-r-z.hr

This article should be cited like this: I. Koch – A. Azinović Bebek, Die spätantike Höhensiedlung Crkvišće Bukovlje (Kroatien). Ein Kooperationsprojekt, Forum Archaeologiae 90/III/2019 (http://farch.net).



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