Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 86 / III / 2018

DORISCHE ARCHITEKTUR IN KLEINASIEN

Die Fragestellungen hinter dem Titel „Dorische Architektur in Kleinasien“ sind einerseits die Veränderungen an der dorischen Bauweise im Laufe der römischen Kaiserzeit in Kleinasien, andererseits aber auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu hellenistischen dorischen Bauwerken in Kleinasien sowie zu den moduli-Vorgaben, die Vitruv in seinem Werk De architectura festlegt und als ideal betrachtet.
Nach der unsicheren politischen Situation zu Beginn des 1.Jhs. v.Chr., die zu einem generellen Rückgang der Bautätigkeiten im Römischen Reich und somit auch in Kleinasien führte, beginnen ab augusteischer Zeit die Bautätigkeiten erneut zu florieren. Und auch die dorische Ordnung wird zu dieser Zeit, trotz oder gerade wegen ihrer Einfachheit, erneut angewendet. Es sind zu dieser Zeit nun aber keine Prunkbauten mehr, die in dieser Bauweise errichtet werden, lediglich handelt es sich um einfache öffentliche Bauten, die entweder komplett oder auch nur teilweise in dorischer Bauweise errichtet wurden. Hinsichtlich der Entstehungszeit der Bauwerke ist zu beobachten, dass knapp die Hälfte der behandelten dorischen Bauwerke in der ersten Hälfte des 1.Jhs. n.Chr., die andere Hälfte in flavischer Zeit errichtet wurden. Bereits zu Beginn des 2.Jhs. n.Chr. findet man aber keine reinen dorischen Bauwerke in Kleinasien mehr, da ab dieser Zeit nur noch dorische Säulen als Schmuckelement bei schlichteren Bauten verwendet wurden.
Trotz dieser doch recht kurzen Nutzungsdauer der dorischen Ordnung in der kleinasiatischen römischen Kaiserzeit lassen sich durchaus zeitliche Veränderungen an der Bauweise feststellen. Um einige Beispiele zu nennen: Die auffälligsten Veränderungen finden sich am Kapitell, wovon sich vier kaiserzeitliche Typen in Kleinasien unterscheiden lassen, davon aber nur zwei als kaiserzeitliche Neuerungen zu betrachten sind. Die meisten Veränderungen sind am Metopen-Triglyphen-Fries feststellbar. Genauer gesagt handelt es sich dabei um die Metopenform, das Breitenverhältnis von Metope zu Triglyphe und die Gestaltung der Innenglyphen. Die Triglyphenform selbst unterliegt nur wenigen Veränderungen. Das Charakteristikum schlechthin der hellenistischen Triglyphen, nämlich die sog. Ohren, die beim Großteil der hellenistischen Bauten auftreten, scheinen zu Beginn der Kaiserzeit keine Rolle mehr zu spielen, treten dann aber bei den dorischen Bauten in Hierapolis erneut auf. Weitere Veränderungen lassen sich anhand bestimmter Proportionsverhältnisse, beispielsweise jenes der Architravhöhe zur Frieshöhe, beobachten.


Hinsichtlich der Vergleiche mit hellenistischer dorischer Bauweise und den moduli-Vorgaben von Vitruv lässt sich feststellen, dass sich die dorischen Bauten des frühen 1.Jhs. n.Chr. noch recht stark an hellenistischen Vorbildern orientieren und auch den Idealvorgaben des Vitruv folgen. Einige dieser frühen Bauten wurden ganz offensichtlich anhand eines moduli-Systems errichtet. Nach der Mitte des 1.Jhs. n.Chr. kommt es zu einem Bauboom und die infolge errichteten dorischen Bauwerke folgen keinem Vitruvischen Idealmaß mehr, sondern entwickeln neue Proportionsverhältnisse. Es entwickeln sich ebenso regionale Eigenheiten, wie es sich in Hierapolis (Abb.) und Blaundos, letztere dorische Bauten sind vor allem durch Mischformen gekennzeichnet, beobachten lässt.

© Julia Leitold
e-mail: julia.leitold@alumni.uni-graz.at

This article should be cited like this: J. Leitold, Dorische Architektur in Kleinasien, Forum Archaeologiae 86/III/2018 (http://farch.net).



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