Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 86 / III / 2018

FLEISCHKONSUM UND UMGANG MIT SCHLACHTABFÄLLEN IM KONTEXT ÖKONOMISCHER FORMATIONSPROZESSE IN CARNUNTUM, ÖSTERREICH

Archäozoologisches Fundmaterial kommt bei Ausgrabungen oft in großen Mengen zu Tage – Tierknochen als Teil dieses Fundmaterials können dabei als Indikatoren für die Qualität von Mensch-Tierbeziehung, Ernährungsmuster aber auch für ökonomische Entwicklungen herangezogen werden. Für die Interpretation archäozoologischen Materials ist die Analyse des Umgangs mit tierischem Überresten, u.a. als Abfallprodukte im Zuge der Nahrungsmittelproduktion, von besonderer Bedeutung.
Ziel der laufenden Studie ist darum die Analyse des Abfallverhaltens sowie der Deponierungsprozesse am römischen Fundplatz Haus 2 in Carnuntum. Basierend auf einem interdisziplinären Ansatz wird das archäozoologische Fundmaterial einer makroskopischen und quantitativen Analyse unterzogen. Besonderes Augenmerk wird auf diverse Schlachtpraktiken und den Umgang mit den entstehenden tierischen Überresten von wirtschaftlichen Produktionsprozessen gelegt.
Der Baukomplex Haus 2 in Carnuntum wurde in den Jahren 2003 bis 2005 im Freilichtmuseum des Archäologischen Parks Carnuntum (Petronell, Österreich) beinahe vollständig freigelegt. Es konnten für diesen archäologischen Befund fünf Siedlungsphasen vom späten 1.Jh. bis ins 4.Jh. n.Chr. rekonstruiert werden. Bei den Grabungen konnte auch archäozoologisches Fundmaterial geborgen werden, welches in der derzeit laufenden Studie erstmalig einer eingehenden Untersuchung unterzogen wird. In erster Linie handelt es sich bei dem bisher ausgewerteten Material um Schlachtabfälle von typischen landwirtschaftlichen Nutztieren der Region, wie zum Beispiel Rind, Schaf oder Schwein.
Aus den bisherigen Ergebnissen der Analyse ist es bereits möglich auf spezifische Techniken der Fleischgewinnung sowie auf augenscheinliche Gewichtungen im Konsumverhalten zu schließen. Die Nutzung als Nahrungsmittel wird durch eine Vielzahl an Hack- und Schnittspuren am postkranialen Skelett belegt, allerdings ist eine teilweise Weiterverarbeitung als Artefakt nicht ausgeschlossen. Eine parallel zur archäozoologischen Analyse durchgeführte sowie GIS-basierte Betrachtung der Befunde im Zusammenhang mit verschiedenen natürlichen und kulturellen Formationsprozessen ist zentraler Dreh- und Angelpunkt der kontextbezogenen Interpretation des archäologischen Materials, um ein vollständiges Bild der Funde vor allem in Hinblick auf ihre ökonomische Funktion zu erhalten.

© Nisa Iduna Kirchengast
e-mail: nisa.iduna.kirchengast@univie.ac.at

This article should be cited like this: N.I. Kirchengast, Fleischkonsum und Umgang mit Schlachtabfällen im Kontext ökonomischer Formationsprozesse in Carnuntum, Österreich, Forum Archaeologiae 86/III/2018 (http://farch.net).



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