Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 86 / III / 2018

DIE RÖMISCHEN SIEDLUNGSRÄUME UM DAS LEGIONSLAGER VON LAURIACUM/ENNS

Die im Zuge der Markomannenkriege in den 70er Jahren des 2.Jhs. n.Chr. erfolgte Stationierung der legio II Italica in Lauriacum/Enns brachte neben dem Bau des Legionslagers eine weiträumige Erschließung des Umlandes mit sich. Ziel einer aktuellen Studie am Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAW/ÖAI) ist die Bestandsaufnahme der Siedlung extra muros sowie deren archäologisch-historische Interpretation. Zahlreiche seit dem frühen 20. Jahrhundert durchgeführte Grabungen und 2014–2015 vorgenommene geophysikalische Prospektionen erlauben, einen neuen Gesamtplan zu zeichnen, der hinsichtlich seiner Informationsdichte als singulär unter Siedlungen um Legionslager einzustufen ist. Als herausragendes Ergebnis ist die Entdeckung des durch die Erwähnung eines praefectus classis Lauriacensis in der Notitia Dignitatum (occ. XXXIV 43) indizierten, aber bis dahin nicht lokalisierten Hafens zu werten.
Geoinformationen wie LiDAR- und Hydrologiedaten erlauben, die Siedlung nach topografischen Gesichtspunkten zu analysieren. Daneben ermöglicht der Gesamtplan eine tiefgreifende Behandlung von Fragen nach der Parzellierung, den in Lauriacum/Enns vorherrschenden Grundrissen sowie deren Interdependenz von militärischen und zivilen Bauformen. Dabei sind fünf Zonen mit klar divergierender Bebauungsstruktur auszumachen: Während die nahe am Legionslager auf einer erhöhten Niederterrasse gelegenen Zonen 1 und 2 durch differenzierte Grundrisslösungen und teils reiche Ausstattung charakterisiert sind, ist die periphere Zone 3 durch kleinflächigere Bauformen geprägt. Zone 4 setzt sich aus Grubenhütten bzw. Erdkellern in Holz-Erde-Bauweise zusammen. Nordöstlich des Legionslagers, von den restlichen Arealen durch den Bleicherbach getrennt, finden sich schließlich zahlreiche Öfen, die auf eine stark wirtschaftlich genutzte Zone verweisen (Zone 5).


Mittels Oberflächensurveys, jüngst erfolgten Befund- und Fundanalysen, publizierten Altgrabungen und der Kartierung der Gräberfelder kann ferner ein hypothetisches Modell der Siedlungsentwicklung entworfen werden. Im Rahmen des Vortrags werden die Ergebnisse der Untersuchungen erstmals vorgestellt.

Weitere Informationen: https://www.oeaw.ac.at/oeai/forschung/militaerische-infrastruktur-und-verkehrswege/bernsteinstrasse-limes-legio-ii-italica/

© Klaus Freitag
e-mail: klaus.freitag@oeai.at

This article should be cited like this: K. Freitag, Die römischen Siedlungsräume um das Legionslager von Lauriacum/Enns, Forum Archaeologiae 86/III/2018 (http://farch.net).



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