Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 82 / III / 2017

VON EMANUEL STÖCKLER BIS GRAF LANCKOROŃSKI: DIE STIFTERINNEN UND STIFTER DER ARCHÄOLOGISCHEN SAMMLUNG DER UNIVERSITÄT WIEN

Die Ausstellung gleichen Titels, die von 25. November 2016 bis 27. Jänner 2017 in den Räumen der Archäologischen Sammlung der Universität Wien am Währinger Park gezeigt wurde, war Teil eines FWF-Projektes der Verfasserin, das die wissenschafts- und universitätshistorische Aufarbeitung der Disziplin Klassische Archäologie in Wien innerhalb der 1.Hälfte des 20.Jhs. zum Inhalt hatte [1]. Da innerhalb dieses Projektes die Archäologische Sammlung einen der sechs Forschungsschwerpunkte darstellte, bot sich hier auch aufgrund der Anschaulichkeit eine Ausstellung regelrecht an. Das Thema selbst ergab sich während der Aufnahme aller Erwerbungen in eine Datenbank, als viele Namen von Donatoren geradezu ins Auge stachen.
Die Archäologische Sammlung führte erstmals 1886 offiziell diesen Namen, als sie eigene Räume im Hauptgebäude am Ring zugewiesen bekam [2]. Selbstverständlich hatte sie aber bereits seit dem Amtsantritt des ersten Professors des Faches Klassische Archäologie, Alexander Conze, der seine Lehrtätigkeit mit dem Sommersemester 1869 aufnahm, eine wichtige Aufgabe: Gipsabgüsse gehörten nämlich von Anfang an zum Archäologischen Lehrapparat, dessen Aufbau Conze sogleich in Angriff nahm, um über Hilfsmittel zur verfügen, welche ihm die Vermittlung von antiker Kunst und Architektur im Unterricht erst ermöglichte. Aus diesem Grund erschien es für die Ausstellung nicht sinnvoll, eine Präsentation der Stifter nur auf den Projekt-Forschungszeitraum, also die 1.Hälfte des 20.Jhs., zu beschränken; statt dessen wurde für die Ausstellung die Zeitspanne von Beginn an (1869) bis um 1960 gewählt. Doch die Donatoren sollten nicht nur für sich, sondern in enger Verbindung mit der Entwicklung der Sammlung selbst betrachtet werden. Aus diesem Grund wurden sie eingebettet in die Geschichte der Archäologischen Sammlung präsentiert: Sieben Wandtafeln boten den historischen Hintergrund, indem sie, an Eckpunkten aufgestellt, durch die Sammlungsgeschichte geleiteten, woran sich die einzelnen Zeitabschnitte mit den Donatoren und ihren Schenkungen anschließen konnten.


Die beiden im Titel genannten Stifter bildeten dabei einen gewissen Anfangs- und Endpunkt: Emanuel Stöckler [3], der österreichische Maler und spätere russische Hofmaler, war im Jahr 1878 der erste, der originale antike Kunstobjekte dem Fach Klassische Archäologie an der Universität Wien schenkte: Die etwa 100 Fragmente von attisch-rotfigurigen und schwarz gefirnissten Vasen sowie Glasgefäße, Halbedelstein-Schmuckperlen und ägyptische Objekte [4] (Inv. 53 a-g: Abb. 1) wurden damit Teil des Archäologischen Lehrapparates. Dieser bestand insgesamt aus Büchern, Wandtafeln und Karten, Gipsabgüssen, Einzelphotographien, Originalzeichnungen und Drucken, Abklatsche von Inschriften, Gegenstände der Kleinasiatischen Expedition (soweit von dieser zurückgekehrt), Originalzeichnungen, Mobiliar und die Wiener Vorlegeblätter [5].
Karol Graf Lanckoroński [6] steht für den Endpunkt der Ausstellung, denn im Jahre 1960 stiftete sein Sohn und Nachlassverwalter, Anton Graf Lanckoroński, 20 Gipsabgüsse (Inv. 1157, 1. 2; 1158–1164, 1. 2; 1165–1166, 1–4; 1167–1168, 1–2; 1169–1170) aus dem Nachlass seines Vaters der Archäologischen Sammlung der Universität [7]. Dabei handelt es sich ausschließlich um Abgüsse von Reliefs (Bauplastik und Bauornamentik) aus Kleinasien, einer Forschungslandschaft, die mit Wien schon sehr lange und intensiv verbunden war. Die Abgüsse wurden während der 80er Jahre des 19. Jhs. von Felsreliefs oder beweglichen Reliefs an teilweise abgelegen Orten, wie den Städten Termessos und Sagalassos in Pisidien, genommen. Als Abgüsse sind sie zu einem guten Teil Unikate, wie eine Zwei-Figuren-Platte des sog. Tänzerinnenfrieses von Sagalassos (Inv. 1163), die in drei Teilen abgegossen wurde unter teilweiser Vernachlässigung des flachen Reliefgrundes (Abb. 2) [8].

Bei der Erarbeitung der Ausstellung standen folgende Fragen im Vordergrund: 1) Wer waren diese Persönlichkeiten? 2) In welchem Verhältnis standen sie zur Universität bzw. zur Sammlung? 3) Was ist die Intention ihrer Schenkung? und 4) Was und in welchem Umfang schenkten sie? Nicht auf alle diese Fragen konnte eine Antwort gefunden werden. Es wurde versucht, vielen dieser Mäzene in Form einer Kurzbiographie mit Porträtphotographie ein Gesicht zu geben und auch eine repräsentative Auswahl der von ihnen geschenkten Objekte zu präsentieren, doch konnte nicht jeder Wohltäter in der Ausstellung Berücksichtigung finden. Die Gründe dafür sind manchmal ganz banal: manchmal waren die gestifteten Objekte aufgrund ihres Erhaltungszustandes oder ihrer Größe für eine Präsentation inner- oder außerhalb einer der großen Vitrinen nicht geeignet, in seltenen Fällen waren die geschenkten Objekte nicht aufzufinden, außerdem waren über einige wenige Schenker trotz intensiver Nachforschung keine Informationen zu ermitteln. Manchmal fehlen auch die genauen Daten der Schenkungen, da sie nicht ins Inventarbuch eingetragen worden waren; hier können aus dem chronologischen Kontext dann nur Zeiträume erschlossen werden. Auch bei den Stiftern selbst musste einiges erarbeitet werden, da viele Vornamen fehlten oder die Namen fehlerhaft oder von der gängigen Transkription abweichend geschrieben waren.
Die Ausstellung selbst war weitestgehend chronologisch aufgebaut, präsentierte aber neben den geschenkten Objekten auch einige weitere, für die Geschichte der Sammlung maßgebliche Abgüsse oder originale Kleinkunst, die aus regulären Ankäufen stammten und dabei von den Stiftern oder anderen Persönlichkeiten vermittelt worden oder aus anderen Gründen von historischer Bedeutung für die Sammlung waren. Hier ist der Abguss der Perikles-Herme [9] (Inv. 629 a) nach der Bronzestatue des Kresilas zu nennen, die im Jänner 1892 angekauft worden war und dem Bildhauer Arthur Kaan als Vorbild zu seiner Periklesstatue im Parlamentsgebäude 1906/07 diente [10], oder aber die galvanoplastischen Nachbildungen der bekanntesten Edelmetallfunde aus Schachtgrab A in Mykene (Inv. 747–749. 842–849), erworben zwischen 1901 und 1912 von der Württembergischen Metallwarenfabrik, die alle bis auf ein Objekt gegen Ende des 2.Weltkrieges gestohlen worden waren: eine Photographie, die im Auftrag der Reichsfrauenführung, Hauptabteilung Presse-Propaganda, Film- und Bildstelle U von der Bildberichterstatterin Liselotte Orgel-Purper-Köhne am 15.12.1943 in der Sammlung am Ring aufgenommen worden war, zeigt die Sammlungsassistentin Hedwig Kenner mit zweien von diesen später geraubten Objekten, der sog. Maske des Agamemnon (Inv. 842) und dem Löwenkopfrhython (Inv. 843).
Zu den frühesten Schenkungen gehören die Abgüsse einiger provinzialrömischer Reliefs durch Prof. Otto Benndorf (1838–1907) [11]. Auf ihn geht eine große Zahl an Schenkungen sowohl von Abgüssen als auch von antiken Originalen innerhalb seiner ganzen Wiener Zeit zurück, auch als er bereits Direktor des Österreichischen Archäologischen Instituts (1898–1907) war. Seine erste Stiftung aus der Zeit um 1877/78 umfasst eine Gruppe von acht Abgüssen von Reliefs der Nord-West-Provinzen (Inv. 34–41), deren Vorbilder sich in den Museen von Graz, Klausenburg (Cluj, Rumänien) und Pest (Budapest, Ungarn) befanden. Von diesen acht wurden vier mit Darstellungen von Diana, Mithras und dem Heros Equitans gezeigt (Inv. 35. 39. 40. 41: Abb. 3). Hier wird deutlich, welch hohen Stellenwert die heute sog. provinzialrömische Kunst in der Ausbildung des Archäologisch-epigraphischen Seminars eingenommen hat [12] und wie ernst diese Aufgabe von Prof. Benndorf genommen wurde.


Im Zentrum des oberen Saales („Statuenraum“) wurde eine Zusammenstellung der allerersten Gipserwerbungen präsentiert. Von den ursprünglich neun Inventarnummern befinden sich allerdings vier heute nicht mehr in der Sammlung: von einem Objekt (Inv. 2), eine Dublette des weiblichen Kopfes von einer Metope des jüngeren argivischen Heraion (Inv. 1; beide angekauft am 02.11.1869 von Martinelli, Athen), ist der Verbleib unklar, drei weitere (Inv. 3: Löwenkopfwasserspeier aus Argos; Inv. 4: Geison-Fragment vom Argivischen Heraion; Inv. 5: Relief mit Dionysos und Kore, Museum Sparta) wurden beim großen Austausch zwischen dem Gypsmuseum der Akademie der bildenden Künste und der Universitätssammlung im November 1887 an die Akademie abgetreten, als anlässlich des Auszuges der universitären Gipse aus dem Akademischen Gypsmuseum unter anderem Abgüsse und Postamente getauscht wurden. Unter diesen von der Universität abgetretenen fand sich auch ein geschenktes Objekt, der Abguss der Helios-Metope aus Troia (Inv. 23), die Heinrich Schliemann am 20.03.1873 der Wiener Sammlung verehrt hatte [13].
Bei den anderen, noch vorhandenen Abgüssen fällt auf, dass es sich gerade nicht um pezzi grossi der antiken Großplastik handelt, sondern um ungewöhnliche Einzelobjekte aus Griechenland und Rom, z.B. eine pyramidale Basis aus Sparta (Inv. 6), mit Reliefs auf den Breit- (wahrscheinlich Helena mit Paris bzw. Helena mit Menelaos) und Schmalseiten (je eine Schlange), die um 580 v.Chr. datiert und am 02.11.1869 von Martinelli in Athen angekauft worden war. Dabei ist besonders interessant, dass die Abgüsse Inv. 1–6 nach plastischen Objekten hergestellt wurden, deren Vorbilder Conze während seines Reisestipendiums 1860 in Argos und Sparta selbst gesehen hatte, wie aus den Reisebriefen seines Kollegen Adolf Michaelis hervorgeht. Diese beiden hatten einen Bericht über ihre Reise in den „Annali dell' Instituto di corrispondenza archeologica“ des Jahres 1861 zum Druck gegeben [14]. Die vierseitige Basis Inv. 6 ist dort ausführlich beschrieben und in einer Umzeichnung abgebildet, die Conze selbst in Sparta am 10.05.1860 angefertigt hatte [15].
Der Grund für diese ungewöhnlichen Ankaufobjekte liegt darin, dass Conze das „Akademische Gypsmuseum“ der Kunstakademie für seine Lehrveranstaltungen laut Abkommen mit dem Ministerium für Kultus und Unterricht mitbenutzen durfte, und dort waren alle wichtigen Abgüsse wie etwa die Laokoongruppe, der Fechter Borghese, der Apoll vom Belvedere oder die kapitolinische Venus bereits vorhanden, wie ein Gemälde von Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865) mit dem Titel „Versammlung der Akademieprofessoren, Wien“ aus den Jahr 1842 bereits nachweist [16]. Dies räumte Conze die Möglichkeit ein, bei den Ankäufen seine eigenen Schwerpunkte zu setzen, die weniger durch den Zeichen- und Malunterricht an der Akademie, sondern mehr von wissenschaftlichen Überlegungen und vielleicht auch persönlichen Vorlieben geprägt waren.
Das Zwischengeschoß widmete sich den Jahren von der Einrichtung der Archäologischen Sammlung seit 1886 im Hauptgebäude der Universität bis etwa zur Jahrhundertwende; ein wichtiger Zeitabschnitt, da nicht nur die Ankäufe extrem anstiegen, sondern auch die Zahl der Schenkungen, da nun endlich sowohl Geld als auch Platz für die Aufstellung zur Verfügung stand. Betont werden muss hier, dass – entgegen stets wiederholter, auch publizierter Behauptungen – die Archäologische Sammlung keineswegs gleich nach Eröffnung des neuen Hauptgebäudes am Ring dort einzog. Da keine Räume dafür eingeplant worden waren (Conze hatte dies während der Planungsphase 1869 aufgrund der Aufstellung der Gipse in der Akademie nicht für nötig gehalten, und antike Originale gab es damals im Lehrapparat noch nicht), musste Prof. Benndorf darauf warten, dass im Gebäude Räumlichkeiten frei wurden. Dies geschah aber erst, als sich die Bauaufsicht nach zwei Jahren aus dem Neubau zurückzog und deren Räume im nördlichen Tiefparterre nach und nach übernommen werden konnten. Auch der Grundriss, ein langer Gang mit einer Flucht von kleinen Zimmern auf einer Seite, war für eine Präsentation von Gipsabgüssen, egal ob Skulptur, Relief, Bauplastik oder Architekturmodell, nicht sonderlich geeignet.


Eine Schenkung steht damit in direktem Zusammenhang: Josef Seegen, Prof. für Balneologie, besaß noch einige Monate Durchgangsrecht für den Flur, da sich seine Diensträume dahinter befanden. Die von ihm getätigte Schenkung von drei attisch-rotfigurigen Lekythen (Abb. 4) mit Fundort Gela am 22.12.1888 steht mit Sicherheit in direktem Zusammenhang mit dieser Situation und der persönlichen Bekanntschaft mit Prof. Benndorf. Dass er damit der archäologischen Sammlung aber auch einen richtigen Schatz übereignete, war ihm selbst vermutlich gar nicht bewusst: die große zylindrische Lekythos Inv. 526 a mit der seltenen Darstellung des kauernden, zum Kampfe blasenden Eros schrieb J.D. Beazley später dem Vasenmaler Douris zu [17].
Die Donation Ludwig Pollaks, der am 05.05.1895 eine Gruppe von fünf Gefäßen (Inv. 712. 712 a-d) schenkte (Abb. 5), wurde als Bildmotiv für das Plakat gewählt. Pollak hatte 1892 über ein Vasen-Thema bei Otto Benndorf promoviert und sich im Februar 1895 in Rom als Kunst- und Antikenhändler niedergelassen. Nur drei Monate später erfolgte seine kleine, aber feine Schenkung an die Sammlung seiner alten Alma Mater, deren keramisches Spektrum er gut kannte, da er im Sommersemester 1893 einen handschriftlichen Katalog der Vasen erstellt hatte. Die Gefäße, die er im römischen Kunsthandel erworben hatte, stammen höchstwahrscheinlich aus einem etruskischen Grab: die Miniaturgefäße Kanne, Becher und Teller verweisen auf die Verwendung beim Mahl, die beiden anderen, ein Aryballos und ein Salbgefäß in Form eines erlegten, aufgehängten Hasen, gehören als Salbgefäße zur Körperpflege bzw. zum Sport. Ausgewählt wurde seine Schenkung aber auch deswegen, weil er ein Beispiel für die historische Einbindung der Archäologischen Sammlung in die hässlichen Kapitel der politischen Geschichte des 20. Jahrhunderts darstellt: am 16. Oktober 1943, dem sog. Schwarzen Samstag, wurde er gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau und seinen drei Kindern im Rahmen der Massenverhaftung römischer Juden festgenommen und für die Deportation vorbereitet. Seine Spur verliert sich kurz danach; wir wissen nicht, wann und wo er ermordet wurde.


Im Untergeschoß, gleich in der Vitrine am Treppenabsatz, wurden Fragmente eines großen attisch-rotfigurigen Kelchkraters (Inv. 505) präsentiert. Diese zusammengehörige Gruppe an Fragmenten wurde am 20.11.1888 als Geschenk Otto Benndorfs in das Inventarbuch eingetragen. Er hatte sie zuvor in Vulci, Etrurien, angekauft und dann der Archäologischen Sammlung in Wien zum Geschenk gemacht. Ergänzt wurden sie in der Vitrine durch eine Doppelseite der Wiener Vorlegeblätter, die eine Umzeichnung des Kelchkraters zeigt [18]. Nur vier Jahre später reichte Ludwig Pollak seine Dissertation über dieses Gefäß ein: „Zu den Wiener Kraterfragmenten auf Tafel IX der Wiener Vorlegeblätter 1890/91“. Er war der erste, der das Thema auf diesem Kelchkrater mit zwei Registern als eine bildliche Umsetzung der Achilleus-Trilogie des Aischylos deutete [19].
Im sog. Lykienraum lag der historische Schwerpunkt dann auf den Schenkungen während der Amtszeiten der Sammlungsdirektoren Prof. Emil Reisch (1898–1933) und Prof. Camillo Praschniker (1934–1949), wobei auffällt, dass während der jeweiligen Kriegsjahre Schenkungen überwiegen und zugleich die Ankäufe stark zurückgehen. Ins Auge fällt hier das Modell eines spätantiken Grabbaues von Marusinac bei Salona, Mausoleum L (Abb. 6), das der Leiter der Ausgrabung, der dänische Architekt und Bauforscher Ejnar Dyggve [20], um 1936/37 der Sammlung gestiftet hatte (Inv. 1190) und das von ihm selbst hergestellt worden war. An diesem Architektenmodell sieht man deutlich die Liebe zum Detail, etwa bei der Ausarbeitung der kleinen Sarkophage oder der Tatsache, dass es „aufgeschnitten“ wurde, damit der Betrachter alle Details bis in den letzten Winkel des Untergeschoßes erkennen konnte. Der Grund für die Stiftung ist in diesem Fall gut bekannt: der Professor für Alte Geschichte Rudolf Egger hatte zusammen mit Dyggve um die Mitte der 30er Jahre in Salona gegraben und später die Publikation vorgelegt [21].
Betrachtet man die Persönlichkeiten der Donatoren über den gesamten Untersuchungszeitraum (Abb. 7), so zeigt sich, dass – abgesehen von sieben Personen, deren Namen entweder nicht genannt oder genannt, aber nicht ermittelbar und damit unbekannt sind – Archäologen und mit diesen eng verbundene Nachbarwissenschaftler (12) zahlenmäßig am stärksten vertreten sind, darunter etwa der Reisestipendiums-Kollege Conzes, Adolf Michaelis [22], der Direktor der American School at Athens, Charles Waldstein [23], oder der Architekt und Bauforscher Victor Höfert [24]. Zahlenmäßig mit neun Vertretern stehen an zweiter Stelle die Studierenden bzw. Absolventen des Archäologisch-epigraphischen Seminars einschließlich der Altphilologie, etwa Moriz Hoernes [25], der Altphilologie-Student Anton v. Premerstein [26] oder Michail Rostovzeff, der nach seinem Studienabschluss in St. Petersburg im Wintersemester 1895/96 Vorlesungen bei Bormann und Reisch hörte [27]. Unter den fachfremden Professoren und Dozenten der Universität, fünfmal vertreten, finden sich etwa der junge Privatdozent der Kunstgeschichte Josef Strzygowski [28] oder Adolf Wilhelm: Der Professor für Altphilologie und hervorragende Epigraphiker schenkte im Oktober 1945, gewissermaßen als Vorlass, eine größere Anzahl von Abgüssen und Originalen [29]. Drei Persönlichkeiten können als Mäzene bezeichnet werden: neben dem bereits genannten Grafen Lanckoronski sind dies der kunstsinnige Fürst Johann II. von Liechtenstein [30] und der griechischstämmige Wiener Industrielle und liberale Politiker Nikolaus Dumba [31]. Von den Direktoren der Archäologischen Sammlung ist neben Otto Benndorf nur Camillo Praschniker als Wohltäter hervorgetreten, dafür beide mit sehr umfangreichen Schenkungen aus unterschiedlichen Gattungen, sowohl im Original als auch im Abguss. Bei den erwähnten Künstlern handelt es sich um zwei Maler; die Verbindung des bereits aufgeführten Emanuel Stöckler zur Archäologischen Sammlung liegt derzeit noch im Dunkeln, während der andere, Ludwig Michalek [32], sicher Zeichnungen für die Wiener Vorlegeblätter hergestellt hat. Als Privatsammler können Ehepaare angesprochen werden, die Teile oder auch ihre gesamte Sammlung der Universität vermachten, darunter die Witwe Louise de Guzmann [33] oder das Ehepaar Pölzl [34]. Übrigens traten Frauen als Stifterinnen grundsätzlich nur zusammen mit ihren Ehegatten auf, mit einer Ausnahme: Hedwig Gollob, eine promovierte Kunsthistorikerin, die sich an der TU Wien als Diplomingenieurin hatte ausbilden lassen und mit Prof. Clemens Holzmeister in den 30er Jahren als Bauforscherin in der Türkei gearbeitet hatte [35].



Auch wenn sie nicht in der Ausstellung berücksichtigt werden konnten, darf nicht vergessen werden, dass nicht nur natürliche Personen als Stifter auftreten konnten, sondern auch politische Einrichtungen, Forschungsinstitutionen, Universitätsseminare, Vereine sowie Museen innerhalb und außerhalb des Habsburger Reiches bzw. der Republik Österreich, wie z.B. das Oberstkämmereramt, das Österreichische Archäologische Institut, das Philologische Seminar der Universität, der Historische Verein für Kärnten, das Museum San Donato in Zara oder die Eremitage in St. Petersburg.
Viele der Stifter traten auch als Vermittler von Ankäufen oder selbst als Verkäufer auf. Aus diesem Grund ist durch die Projektleiterin geplant, einen Führer durch die Archäologische Sammlung zu erarbeiten unter besonderer Berücksichtigung der Sammlungsgeschichte, aber vor allem der Verkäufer-, Vermittler- und Donatoren-Persönlichkeiten.

[1] Lise-Meitner-Projekt „Brüche, Neuorientierung, Kontinuität: das Fach ‚Klassische Archäologie’ an der Universität Wien von 1898 bis 1951“, FWF: M 1819 G 21; Host: Prof. Dr. Mitchell Ash, Institut für Geschichte der Universität Wien; Laufzeit: 01.02.2015–31.01.2017. – Bezüglich der Ausstellung geht mein Dank an das Institut für Klassische Archäologie, vor allem Prof. Dr. Marion Meyer, Dr. Katharina Meinecke, Kristina Klein und Barbara Flögel (Photographinnen) sowie Andrea Sulzgruber (Grafikerin), außerdem besonders an meine studentischen Mitarbeiterinnen, Estera Golian und Tina Hobel, die mich bei Tagung und Ausstellung maßgeblich unterstützt haben. Dem althistorischen Institut danke ich außerdem für die Leihgabe eines 1903 erworbenen hölzernen Postamentes (Inv. III Nr. 526).
[2] Zur Geschichte der Sammlung insgesamt mit den jeweiligen Nachweisen: H. Schörner, Die Archäologische Sammlung der Universität Wien. Ihre Geschichte, Entwicklung und Bedeutung von der Gründung 1869 bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts auf Basis der Schriftquellen, Mensch – Wissenschaft – Magie. Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 32, 2016, 167–189.
[3] ÖBL 1815–1950 Bd. 13 (Wien, Graz 2010) 285 s. v. Stöckler, Emanuel [Chr. Gruber, M. Haja].
[4] Inv. 53 a-d (Vasenfragmente); 53 e (11 Glas-Objekte); 53 f (3 Achatperlen, durchbohrt); 53 g (10 ägyptische Fayence-Objekte, darunter ein Skarabäus).
[5] Diese Aufzählung folgt dem handschriftlich geführten Inventar des Archäologischen Lehrapparates, das in der Bibliothek des Institutes für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik aufbewahrt wird.
[6] NDB Bd. 13 (Berlin 1982) 475 f. s. v. Lanckoronski, Karl [H. Kenner].
[7] Die Vorbilder stammen außer aus Termessos und Sagalassos (Pisidien) aus Lagina (Karien), Attaleia, Perge und Aspendos (Pamphylien).
[8] Diese Platte befindet sich seit wenigen Jahren im Museum Burdur, Inv. K 37.23.08: M. Waelkens – J. Poblome, Sagalassos. Eine römische Stadt in der Südwesttürkei, Ausstellungskat. Tongeren (Köln 2011) 91 mit Abb.
[9] Vatikan, Museo Pio Clementino 269; lebensgroße Herme mit Inschrift; die spätere, wahrscheinlich römische Kopie bildete nur den Kopf auf der hohen Herme ab. Der Abguss in Wien wiederum beschränkt sich auf die Büste und den Kopf dieser Herme ohne die Inschrift.
[10] Brief des Stipendiaten Michael Abramić an Prof. Emil Reisch vom 28.07.1906: Archiv ÖAI, NL Reisch Box I, Korrespondenz A.
[11] Prof. für Klassische Archäologie 1877–1898, Direktor der Archäologischen Sammlung 1886–1898.
[12] Dies war schon zu Beginn im „Statut des archäologisch-epigraphischen Seminars der k.k. Universität in Wien“ festgeschrieben: AEM 1, 1877, 79f. § 9: „Um die Studirenden bei Zeiten in das praktische Studium der einheimischen Denkmäler einzuführen, können die Vorsteher kleinere Excursionen während des Semesters und kleinere Reisen während der Ferien anordnen […].“
[13] Dieses hat die Umorganisierungsarbeiten Mitte der 30er Jahre an der Kunstakademie, als die Museumsräume im Erdgeschoß einer anderen Funktion zugeführt wurden, nicht überlebt: ein Relief „Helios auf dem Rossegespann“, Akademie-Inv. 814, findet sich auf einer Abschreibungsliste, die am 04.12.1935 dem Bundesministerium für Unterricht vorgelegt wurde. Die Abgüsse auf dieser Liste sollen im Zuge der Umstellungsarbeiten „beim Transporte zusammengebrochen“ sein: Universitätsarchiv der Akademie der bildenden Künste Wien, Verwaltungsakten fol. 1339 ex 1935.
[14] Rapporto d’un viaggio fatto nella Grecia nel 1860 da A. Conze ed A. Michaelis, Annali dell' Instituto di corrispondenza archeologica 33, 1861, Taf. C.
[15] Das Datum kennen wir aufgrund eines Briefes von A. Michaelis an seine Frau: A. Michaelis, Archäologische Reisen in Griechenland 1860 und 1886, herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von H. v. Steuben (Möhnesee 2004) 39f.
[16] Dieses im Belvedere aufbewahrte Gemälde wurde im 2. Weltkrieg zerstört, es existiert heute nur noch als Photographie: A. Domanig, Was wurde aus Hansens Glyptothek? Zur Geschichte der Gipsabgusssammlung an der Akademie der bildenden Künste Wien, in: B. Bastl – U. Hirhager – E. Schober (Hrsg.), Theophil Hansen. Ein Resümee, Symposionsband anlässlich seines 200. Geburtstages (Weitra 2014) 75–96, bes. 77 Abb. 1.
[17] ARV² 447.272.
[18] O. Benndorf (Hrsg.), Wiener Vorlegeblätter für archäologische Übungen. Mit Unterstützung des K.K. Ministeriums für Cultus und Unterricht (Wien 1890/91) Taf. IX: „Interpretationsprobleme: Bruchstücke eines kelchförmigen Kraters aus Vulci in der archaeologischen Sammlung der Universität Wien, zusammengesetzt und revidiert von Herrn W. Reichel, nach Zeichnungen K. Schönbauers.“ Daraus wird ersichtlich, dass Arbeiten wie die Rekonstruktion von Vasenfragmenten von einem Archäologen durchgeführt wurden, während ein Maler die eigentliche Zeichnung vornahm, die vor dem Druck dann wiederum von einem Archäologen vor dem Original überprüft wurde.
[19] Zuschreibung an Polygnotos zu einem späteren Zeitpunkt durch J. D. Beazley: ARV² 1030, 33. Zu diesem Stück: H. Schörner, Die Bedeutung der griechischen Vasen in den Universitätssammlungen Wien und Jena von ihrer Gründung bis zur Mitte des 20. Jhs., in: S. Schmidt – M. Steinhart (Hrsg.), Sammeln und Erforschen. Griechische Vasen in neuzeitlichen Sammlungen, Kolloquium München 07.–09.11.2012, 6. Beih. zum CVA Deutschland (München 2014) 137–147, bes. 140f. mit Abb. 8.
[20] R. Egger, Ejnar Dyggve, Almanach ÖAW 111, 1961, 382–392.
[21] E. Dyggve – R. Egger, Der altchristliche Friedhof Marusinac, Forschungen in Salona 3 (Wien 1939) bes. 10–13 Abb. 16–20.
[22] Er schenkte als Professor in Tübingen (1869–1872) einen Abguss des sog. Waffenläufers (Inv. 29). Dieser befindet sich heute nicht mehr in der Sammlung, da er bereits Mitte der 80er Jahre des 19.Jhs. gestohlen worden war, wie eine Eintragung Rudolf Heberdeys (Stipendiat von WiSe 1883/84 bis WiSe 1885/86) im Inv.-Buch bezeugt.
[23] Der Ausgräber von Argos (1889–1893) stiftete im November 1892 einen Abguss des Herakopfes (Inv. 648) aus Argos. Die Verbindungen Waldsteins mit der Wiener Sammlung sind allerdings noch nicht ganz klar.
[24] Bei seiner Schenkung im Dezember 1940 und November 1941 handelt es sich gesamt um 39 Objekte: 13 Tongefäße, 6 Öllampen, 3 Steinplastiken, 4 Schmuckstücke, 2 Bronzegeräte und 1 Glasgefäß (Inv. 1054–1079. 1081). Er war in den allerersten Jahren der Grabung in Ephesos als Bauforscher dort tätig gewesen.
[25] Er wurde 1878 bei Otto Benndorf promoviert. 1911 wurde er der erste Ordinarius für prähistorische Archäologie an der Universität Wien. Er schenkte 1881 den Abguss eines reliefierten Terra-Sigillata-Gefäßes (Inv. 101) und 1903 den Abguss einer Statuette eines sitzenden Merkur (Inv. 786).
[26] 1890/91 schenkte er eine Öllampe mit Firmastempel (Inv. 557) mit Fundort Ptuj. Er beendete sowohl sein altphilologisches (1893) als auch juristisches (1897) Studium jeweils mit der Promotion.
[27] Dies weist sein Nationale (Stammdatenblatt) für dieses Semester nach (Archiv der Universität Wien). Laut Inventarbuch schenkte ein „Dr. Rostowscheff“ am 20.01.1896 das Fragment einer Terrakottaverkleidung aus Epidauros (Inv. 717).
[28] Am 22.05.1890 stiftete ein „Dr. Strygowski“ ein Konvolut von 31 mykenischen Gefäßfragmenten mit Fundort Mykene (Inv. 555). Höchstwahrscheinlich war dies ein Ausdruck des Dankes für das Ausleihen einer umfangreichen Photoausstattung durch das AES für eine längere Studienreise in den vorderen, europäischen Orient (Herbst 1888–Herbst 1890).
[29] 1 Fragment eines hochklassischen Grabreliefs (Inv. 1173), 7 originale Inschriften (Inv. 1175–1181), 3 Abgüsse von Inschriften (Inv. 1182–1184), 2 Abdrücke einer griechischen Münze aus Abydos (Inv. 1185–1186), 1 Fragment eines architektonischen Baugliedes aus Alabaster (Inv. 1187), sowie Fragmente eines megarischen Becher (Inv. 1188) und einer schwarzfigurigen Vase (Inv. 1189).
[30] Die von ihm gestifteten Objekte sind im Jahr 1884 Abgüsse der beiden Grimani-Reliefs aus der Antikensammlung der k.k. Hofmuseen (Inv. 142 a-b), 1891 drei kleinformatige Plastiken: eine Asklepiosstatuette, eine Knabenstatuette und einen Kinderkopf, Teil eines kleinasiatischen Sarkophages (Inv. 559–561), sowie 1906 den Abguss eines Artemiskopfes (Original in seiner eigenen Sammlung, Inv. 821).
[31] Er schenkte am 07.11.1894 ein Modell des Tropaions von Adamklissi (Inv. 699) in der Dobrudscha, des Siegesdenkmal Traians über die Daker 108/109 n. Chr., wobei die Rekonstruktion auf einer Zeichnung von George Niemann beruht; Dumba hatte sowohl die Grabung als auch die Publikation des Baues finanziell unterstützt: G. G. Tocilescu – G. Niemann – O. Benndorf, Das Monument von Adamklissi. Tropaeum Trajani (Wien 1895).
[32] Aus dem Nachlass Michaleks gelangte im März 1943 eine große Transportamphora (Inv. 1117) in die Sammlung. Unklar ist aber noch der Weg, den eine gerahmte Bleistiftzeichnung seiner Ehefrau (signiert mit „Lily Michalek [1]878“ und heute in der Sammlung präsentiert) genommen hat; sie zeigt die Statue der sog. Berliner Tänzerin (Berlin, Staatliche Museen Sk 208) aus dem 2. Jh. v. Chr. Falls die Zeichnung in Wien entstanden ist, kann das nur in der Akademie der bildenden Künste gewesen sein; 1936 kam dieser Abguss dann als Dauerleihgabe in die Archäologische Sammlung (Inv. 2344) der Universität.
[33] Aus dem „Legat der am 15.III.1899 verstorbenen Frau Louise de Guszmann“ fanden ihren Weg 21 Vasen (Inv. 739, 1–20; 740), ein Glasgefäß (Inv. 737), zwei Öllampen (Inv. 741 a. b) und zwei kleinformatige Bronzefiguren (Inv. 738. 742) in die Sammlung, insgesamt 26 Objekte.
[34] Am 19.12.1951 gelangten Modelle der Parthenonfriese (Inv. 1130) und des Frieses des Apollontempels von Bassai (Inv. 1131) als Geschenk von „Ehepaar Dr. Friedrich Pölzl, Wien“, in die Sammlung.
[35] Im April 1941 vermachte sie der Sammlung einen kleinformatigen Marmortorso (Inv. 1080 a) und fünf Webgewichte (Inv. 1080 b- f; Funktion bei e und f aber nicht sicher), sowie im Juli 1944 Fragmente einer marmornen Erosstatue (Inv. 1119), alle mit Fundort Kleinasien, stammen. Zu ihrer Person: J. Mikoletzky – U. Georgeacopol-Winischhofer – M. Pohl, „Dem Zuge der Zeit entsprechend …“. Zur Geschichte des Frauenstudiums in Österreich am Beispiel der Technischen Universität Wien (Wien 1997) 233–235.

© Hadwiga Schörner
e-mail: hadwiga.schoerner@univie.ac.at

This article should be cited like this: H. Schörner, Von Emanuel Stöckler bis Graf Lanckoroński: Die Stifterinnen und Stifter der Archäologischen Sammlung der Universität Wien, Forum Archaeologiae 82/III/2017 (http://farch.net).



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