Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 78 / III / 2016

DIE ÄLTEREN METOPEN VON FOCE DEL SELE

Die älteren Metopen von Foce del Sele stellen seit ihrer Auffindung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Forschung vor immer neue Fragen, die bislang Anlass für einige Hypothesen waren. Diese betreffen sowohl den ursprünglichen Anbringungsort, die inhaltliche Deutung, die Zuweisung in ein Friesprogramm und ihre stilistische Einordnung. Wie schon P. Zancani Montuoro argumentierte, ist davon auszugehen, dass die Sandsteinmetopen von einer Werkstatt direkt vor Ort geschaffen wurden, in welcher mehrere Bildhauer mit individueller künstlerischer Handschrift gearbeitet haben. Dies zeigen Unterschiede in der Ausführung einzelner Details wie Frisuren, Darstellung der Physiognomien und Gestaltung der Hände sowie stilistische und kompositorische Differenzen. Dennoch weisen die Metopen allgemeine Charakteristika auf, die sie unabhängig von ihren Meistern gemeinsam auszeichnen. Die kompositorische Anlage ist bestrebt, das Bildfeld auszufüllen, wobei sich teilweise erhebliche Größendifferenzen zwischen den Figuren ergeben. Das quadratische Metopenfeld nimmt eine, zwei oder maximal drei Figuren auf, wobei das Verhältnis zwischen Figuren und Raum durchgehend einheitlich gestaltet wurde. Raumtiefe erzielten die Bildhauer durch Staffelung sowie durch die teilweise sehr plastische Ausarbeitung der Figuren (Abb.).
Der Figurentypus zeichnet sich durch verhältnismäßig groß gebildete Köpfe, Füße und Hände sowie lange Gliedmaßen aus, ebenso durch eine gedrungene Rumpfpartie, die in der Taille stark eingezogen ist. Die Protagonisten werden überwiegend in archaischer Wechselansicht wiedergegeben und daher erscheinen ihre Körperteile in der Hauptansicht addiert. U. Steiniger verweist auf die stilistischen Ähnlichkeiten zwischen den Metopen und dem Terrakottafries von Serra di Vaglio, der nicht nur die strikte Wechselansicht und eine verwandte Muskelbildung zeigt, sondern ebenso das weich in den Nacken fallende Haar und die markanten Profile.
Die inhaltliche Deutung mancher Metopen von Foce del Sele ist fraglich und diese Unsicherheit resultiert einerseits daraus, dass die Komposition einen allgemeinen, in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendbaren Bildtypus verwendet, andererseits konnten bis dato einige gezeigte Szenen weder durch literarische Quellen noch durch Vergleich mit anderen Kunstwerken eindeutig verifiziert werden. Der Inhalt der Einzelbilder hat fast durchwegs szenischen Charakter. Die Darstellungen, die dem Herakleszyklus, dem trojanischen Kreis und der Gruppe von Einzelmythen zugeordnet werden, sind unterschiedlich gewichtet. Manche Handlungen werden auf einem Metopenfeld präsentiert, bei anderen lassen verbindende Gesten vermuten, dass die Geschichte durch zwei oder mehrere Bildfelder erzählt wird. Motivische und kompositorische Vergleiche fehlen unter den nicht sehr zahlreichen Metopen der früh-und hocharchaischen Zeit weitgehend. Es erscheint hingegen nach U. Steininger der richtige Ansatz, die Parallelen zu den Metopen von Foce del Sele in der Kleinkunst zu suchen, vor allem in Vasenbildern und Schildbändern, deren kompositorische Grundgegebenheiten mit den Metopen gut korrespondieren. Die Metopen erscheinen als isolierte Werke, da keine Skulpturen bekannt sind, die stilistische Verwandtschaft aufweisen. Demnach erscheint die vergleichende Methode zur Eingrenzung der Datierung schwierig. Die Reliefplatten zeigen keine erkennbare Abhängigkeit von der Bildhauertradition einer bestimmten griechischen Kunstlandschaft und spiegeln eher den Zeitstil kleinformatiger Vorlagen wieder, welche eine zeitliche Einordnung in das dritte Viertel des 6.Jhs. v.Chr. vermuten lassen.

© Dagmar Probst
e-mail: dagmar.probst@uni-graz.at

This article should be cited like this: D. Probst, Die älteren Metopen von Foce del Sele, Forum Archaeologiae 78/III/2016 (http://farch.net).



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