Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 78 / III / 2016

DAS HAMAM IV IN SELÇUK
Eine archäologisch-baugeschichtliche Untersuchung eines mittelalterlich-frühneuzeitlichen Badekomplexes

Im Gegensatz zu den sehr gut erforschten antiken Objekten sind die türkischen und islamischen Baustrukturen der mittelalterlichen und neuzeitlichen Epochen in Ephesos bzw. Selçuk noch nicht vollständig bearbeitet.
Um die Forschungslage dieser kulturhistorisch bedeutenden mittelalterlichen Baudenkmäler zu verbessern, bildet die genaue archäologisch-baugeschichtliche Untersuchung eines bisher unerforschten Objektes den Anlass und Ausgangspunkt der Forschungsarbeit.
Bei dem ausgewählten Bauwerk handelt es sich um das sogenannte Hamam IV (Abb.), ein gut erhaltener kleiner mittelalterlich-frühneuzeitlicher Badekomplex westlich des Burgbergs von Ayasoluk. In den letzten Jahren wurden hier durch das Österreichische Archäologische Institut Grabungen durchgeführt. Ebenso erfolgte eine genaue Baudokumentation des Gebäudes durch eine Kombination von Handaufmaß, Fotogrammetrie und 3D-Laserscan.


Bei der Erstellung des Raumbuchs wurden sämtliche Bauteile Raum für Raum katalogisiert, genau analysiert und durch Text, Skizzen und Fotos dokumentiert.
Das Hamam besteht aus vier Haupträumen, einem Umkleideraum und drei Baderäumen, sowie zwei kleineren später hinzugefügten Anbauten an der Südseite. Alle Räume haben einen quadratischen Grundriss und Kuppeln mit Lichtöffnungen, die zum Großteil noch vollständig erhalten sind.
Ein großes rechteckiges Wasserdepot an der Nordseite war ursprünglich mit einem Tonnengewölbe überdeckt, von dem aber nur mehr die in den Innenraum gestürzten Bruchstücke vorhanden sind.
Vom unterhalb des Wasserdepots gelegenen Praefurnium ausgehend, verlaufen die Heißluftkanäle zu den Hypokaustbereichen, die unter dem teilweise noch erhaltenen Fußbodenaufbau in allen Räumen in unterschiedlicher Ausführung vorhanden sind. Auch der Verlauf der Wasserleitungsrohre in den Wänden ist deutlich erkennbar, und kann vom Wasserdepot bis zu den Auslassöffnungen in den einzelnen Räumen verfolgt werden.
Im Zuge der Arbeiten konnten unter anderem Fragen zur Chronologie des Bauablaufs und der unterschiedlichen Bauphasen, zur Lage und Funktion der heiztechnischen Komponenten, zum Verlauf der Wasserleitungen und zur Entwässerung, sowie zur funktionalen Raumaufteilung geklärt werden.

© Petra Mayrhofer
e-mail: Petra.Mayrhofer@uibk.ac.at

This article should be cited like this: P. Mayrhofer, Das Hamam IV in Selçuk. Eine archäologisch-baugeschichtliche Untersuchung eines mittelalterlich-frühneuzeitlichen Badekomplexes, Forum Archaeologiae 78/III/2016 (http://farch.net).



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