Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014

DER OBERFLÄCHENSURVEY 2012/2013 IN TROESMIS/RO: DIE KERAMIKFUNDE

Seit 2011 betreiben das Archäologische Institut der Rumänischen Akademie der Wissenschaften und das Institut für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ein Kooperationsprojekt zum römisch-byzantinischen Troesmis an der unteren Donau. Eingebunden sind ferner das Institut für Archäologien an der Universität Innsbruck (geophysikalische Prospektion) sowie die Firma Airborne Technologies (Wiener Neustadt, Airborne Laser Scan).
Im Zuge des 2012-2013 durchgeführten Oberflächensurveys wurde eine Fläche von rund 170ha mittels Linewalking abgesucht. Auf der Westbefestigung, der Ostbefestigung und im Bereich der canabae erfolgten zudem Rastersurveys im Gesamtausmaß von ca. 2ha. Insgesamt wurden ca. 12.000 Artefakte (ohne Baukeramik) registriert, zusätzlich wurden ca. 27.000 Baukeramikfragmente, mehrheitlich per Handklicker, erfasst. Die Auswertung des Fundmaterials (Abb.) liefert bereits präzise Ergebnisse zu Ausdehnung, Chronologie und Verlagerung der Siedlungsbereiche von Troesmis.

Die unter einer Mauer am Fuße der Westbefestigung und vereinzelt östlich der Ostbefestigung aufgelesene handgefertigte Keramik sowie Wandfragmente einer scheibengedrehten Ware dürften in das (späte) 1.Jh. v. bis 1.Jh. n.Chr. datieren. Hinzu kommen Fragmente von Eastern Sigillata A sowie der Henkel einer Amphore vom Typ Local Aegean I ephesischer Provenienz aus der 2. Hälfte des 1.Jhs. v.Chr. Es liegen demnach archäologische Zeugnisse vorrömischer bzw. frühkaiserzeitlicher Siedlungsaktivität in Troesmis vor. Möglicherweise sind die Funde auch der getisch-odrysischen Vorgängersiedlung zuzurechnen (Ovid, Epistulae ex Ponto IV, 9, 78–79).
Zu den chronologisch aussagekräftigen Gattungen aus dem 2. und 3.Jh., als die legio V Macedonica in Troesmis stationiert war und Troesmis zum municipium erhoben wurde, zählen Importe von süd- und mittelgallischer sowie Rheinzaberner Sigillata, ebenso African Red Slip Ware und Eastern Sigillata C aus Çandarlı/Pitane (ht. Türkei). Das Feinkeramikspektrum wird allerdings deutlich dominiert von der sog. Pontischen Sigillata. Diese kann aus niedermoesischen Produktionszentren in der Nähe von Nicopolis ad Istrum (Pavlikeni/Butovo, ht. Bulgarien) stammen und über die Donau nach Troesmis gelangt sein. Möglich ist allerdings auch eine Herkunft aus dem nordpontischen Raum oder der Krim, wo u.a. in Chersonesos ein Produktionszentrum angenommen wird. Die Produkte beider Zentren sind bislang weder morphologisch noch nach makroskopischen Kriterien eindeutig zu unterscheiden. Bedingt durch den lückenhaften Forschungsstand zur Pontischen Sigillata wird eine feinchronologische Zuweisung der Gefäße innerhalb des 2.-3.Jhs. erschwert.
Zahlreich vertreten ist außerdem eine bisweilen dickwandige Red Slip Ware, die teilweise die Formen der Pontischen Sigillata aufgreift.
Der Schwerpunkt der spätantik-frühbyzantinischen Aktivitäten liegt auf den nordwest- und nordöstlich an die Ostbefestigung angrenzenden Flächen. Feinchronologisch aussagekräftige Feinkeramik wie die weit verbreitete Late Roman C aus Phokaia/Foça (ht. Westtürkei) oder afrikanische Importe sind in Troesmis allerdings selten. Die Identifikation von eindeutig dem 5. bis 7.Jh. zuzurechnenden Funde gestaltet sich insgesamt als schwierig. Fragmente von Amphoren des Typs Late Roman 2 (4.–7.Jh. n.Chr.) sind – neben bautypologischen und fortifikationstechnischen Kriterien – die aussagekräftigsten Indikatoren für eine spätantik-frühbyzantinische Datierung der Ostbefestigung.
Auf der Westbefestigung wurde neben glasierter Keramik, Gebrauchskeramik und Amphoren v.a. Küchenware geborgen. Es überwiegen Gefäße mit Rädchendekor in unterschiedlichen Varianten und Kombinationen. Diese können, zusammen mit den glasierten Gefäßfragmenten, als charakteristisch für das 11./12.Jh. und frühe 13.Jh. bewertet werden. Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich die Siedlungstätigkeit vom 10. bis in das frühe 13.Jh. auf die Westbefestigung und deren nordöstliche Vorläufer konzentriert.

Literatur
C.-G. Alexandrescu, Napoleon III et les fortifications Romaines du Bas Danube - le cas de Troesmis, Caiete ARA 4, 2013, 57–68
C.-G. Alexandrescu – G. Grabherr – C. Gugl – B. Kainrath, Vom mittelkaiserzeitlichen Legionslager zur byzantinischen Grenzfestung: Die rumänisch-österreichischen Forschungen 2011 in Troesmis (Dobrudscha, RO), in: E. Trinkl (Hrsg.), Akten des 14. Österreichischen Archäologentages am Institut für Archäologie der Universität Graz vom 19. bis 21. April 2012, Veröffentlichungen des Instituts für Archäologie der Karl-Franzens-Universität Graz 11 (Wien 2014) 11–20
C.-G. Alexandrescu – C. Gugl, Troesmis – Die Römer an der unteren Donau, Acta Carnuntina - Mitteilungen der Gesellschaft der Freunde Carnuntums 4, 2014, 50–57


© Alice Waldner
e-mail: Alice.Waldner@oeaw.ac.at

This article should be cited like this: A. Waldner, Der Oberflächensurvey 2012/2013 in Troesmis/RO: Die Keramikfunde, Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).



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