Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014

ATHLETENDARSTELLUNGEN AUF GRABSTELEN SPÄTARCHAISCHER ZEIT

Athletenfiguren auf Grabstelen sind im Verhältnis zu den anderen Figurentypen früher entstanden. Sie werden gegen 560 v.Chr. datiert. Seither wurden diese Figuren bis in die hellenistische Zeit häufig auf Stelen wiedergegeben. Deshalb kann man sagen, dass der Athlet einer der bedeutendsten Figurentypen der griechischen Grabbilder ist.
Die Darstellung von Athleten erweiterte und verwandelte sich mit der Zeit. In archaischer Zeit selbst kann man mindestens drei Bildtypen beobachten. In meinem Referat werden zuerst die Athletenbilder der archaischen Zeit in Typen unterteilt, und dann wird ein Überblick über die ikonographische Entwicklung gegeben. Es handelt sich dabei um das Verhältnis der Stelenbilder zur zeitgenössischen Vasenmalerei. Es wird dabei versucht, die dazwischen bestehende Korrelation anschaulich zu machen.

Die Athleten waren am Anfang als Diskusträger, Lanzen- bzw. Speerträger (Abb.), oder Faustkämpfer dargestellt. Diese Figuren habe ich bereits als den ‚Spieler-Typ‘ bezeichnet. Dieser Athletentyp entstand gegen 560 v.Chr., wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem gerade damals eingeführten, panathenäischen Sportfest. Die Ikonographie der Lanzen- bzw. Speerträger erinnert zwar an die nackten Jünglinge mit der Lanze vom ‚Amasis-Maler‘, und wird daher gegebenenfalls als ‚Kuros‘ bezeichnet, jedoch erschienen die Stelenbilder früher als die Vasenbilder dieses Malers.
Um oder kurz nach der Mitte des 6.Jhs. entwickelte sich der Aryballos-Typ, indem meiner Meinung nach die Konnotation von Aryballos, die in der Vasenmalerei herausgebildet worden war, auf die Grabstelen übernommen wurde. Ein Aryballos stellte die Figur auf den Grabstelen als einen schönen Jungen aus guter Familie dar. Der Aryballos-Typ stand also unter dem Einfluss der Vasenmalerei.
Den dritten Athletentyp möchte ich als ‚Eromenos-Typ‘ bezeichnen, weil die Figur mit denselben Attributen, die die Eromenoi in der Szene der Knabenliebe in der Vasenmalerei kennzeichnen, versehen ist. Die Darstellung der Knabenliebe entwickelte sich in der Vasenmalerei schon seit dem zweiten Drittel des Jahrhunderts. Man lernte vermutlich durch diese Vasenbilder, den verstorbenen Jüngling bildlich hervorzuheben und zu würdigen.
Zur gleichen Zeit veränderte sich die Darstellung des Aryballos in der Vasenmalerei. Der Aryballos verlor seine bisherige Funktion als Belobigungssymbolik und steht in einem praktischeren Kontext. Deshalb ist es denkbar, dass der Aryballos auf den Grabstelen nicht mehr so effektiv funktionierte. Demzufolge brauchte man einen Ersatz. Der Eromenos-Typ mag dann dem damaligen Idealbild entsprochen haben.
Da sich sowohl die Vasenbilder als auch die Stelenbilder an der damaligen Gesellschaft orientiert haben, ist es durchaus denkbar, dass die beiden sich nebeneinander entwickelt haben. Das Referat ist ein Versuch, diese parallele Beziehung konkret vor Augen zu führen.


© Emiko Tanaka
e-mail: emmi.tanaka@gmail.com

This article should be cited like this: E. Tanaka, Athletendarstellungen auf Grabstelen spätarchaischer Zeit, Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).



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