Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014

UNSICHTBARE GÖTTER
Darstellung der Intervention der Gottheit in frühklassischer Zeit

Wie die Atlasmetope des olympischen Zeustempels (Abb.) zeigt, wurde die Gottheit in der griechischen Kunst oft zu den auftretenden Heroen nicht sichtbar dargestellt. Die unsichtbaren Götter galten als ein Typ von Darstellungen der göttlichen Interventionen in die irdische Welt. Dieser Ausdruck scheint in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts besonders entwickelt worden zu sein, deren Geschichte bisher ikonographisch kaum untersucht wurde.
In der Literatur wurden die Götter allgemein zu den auftretenden Heroen als die sichtbare Existenz dargestellt. Sie wurden aber oft zu den Heroen als verborgen beschrieben. Die Gottheiten retten, in Ilias und Odysseia, die Beschützten zum Beispiel dadurch, dass sie die Richtung der Lanze oder des Pfeils ändern.
Die Darstellungen der unsichtbaren Götter scheinen im Bereich der visuellen Kunst erst in der spätarchaischen Epoche aufgetaucht zu sein und in der klassischen Epoche zahlenmäßsig zugenommen zu haben. Die ersten Beispiele finden sich im Bereich der attischen Vasenmalerei beim Thema der Abstimmung über die Waffen Achilleus. Die Schützgöttin des Odysseus, Athena, steht in der Mitte der Komposition. In den beiden Giebel des olympischen Zeustempels wurde auch die gleiche Komposition übernommen. Die Gestalten der Gottheiten scheinen die Gerechtigkeit verkörpert zu haben.
In den erwähnten Szenen scheint die Einmischung der Götter noch nicht sehr deutlich ausgedrückt worden zu sein. Aber sowohl in Themen wie auch in Kunstgattungen scheint die Darstellung der göttlichen Intervention in der frühklassischen Zeit ihr Spektrum stark erweitert zu haben: 1. die Vasenmalerei vom Kleophradesmaler um 485 mit dem Thema vom Zweikampf zwischen Aineias und Diomedes, 2. die Vasenmalerei vom Niobidenmaler um 460 mit dem Thema von der Erschießung des Achilleus durch Paris, 3. die Vasenmalerei um 450 mit dem Thema von der Bedrohung der Kassandra durch Aias - Athena erscheint hinter ihrer Statue -, 4. die Vasenmalerei vom Penthesileamaler um 450 mit dem Thema vom Zweikampf zwischen Memnon und Achilleus, 5. die zwei Nordmetopen des Parthenontempels und die Vasenmalerei mit dem Thema von Menelaos und Helena, und 6. einige Vasenmalereien der frühklassischen Periode mit dem Thema von der Erscheinung der Athena Ergane in den Werkstätten der Handwerker.
Die Frage ist, warum sich die Darstellung der unsichtbaren Götter in der frühen Phase der klassischen Zeit in der visuellen Kunst besonders entwickelt hat. Es scheint sich um den Perserkrieg zu handeln. Bei diesem Völkerkrieg sind die Überlieferungen der göttlichen Intervention und der Epiphanie der Götter und der Heroen besonders entstanden. Pausanias bezeugt, dass sich in der Stoa Poikile in der athenischen Agora eine große Malerei mit der Marathonschlacht befindet. In ihr wurde die Szene der Flucht der Perser zusammen mit den athenischen Kämpfern dargestellt.
Darüberhinaus hat sie die Erscheinungen der Athena und der vier Heroen abgebildet. Diese mythischen Figuren scheinen höchstwahrscheinlich als unsichtbar für die auftretenden anderen Personen dargestellt worden zu sein. Diese große Malerei hat die direkte Beteiligung der Götter am irdischen Ereignis ausgedrückt. Die verschiedenen Kunstbereiche scheinen einander so beeinflusst zu haben und es hat sich eine charakteristische Religionskultur entwickelt.

© Toshihiro Osada
e-mail: toshihiro.osada@gmail.com

This article should be cited like this: T. Osada, Unsichtbare Götter. Darstellung der Intervention der Gottheit in frühklassischer Zeit, Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).



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