Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014

DIE KERAMIKFUNDE AUS DER RÖMISCHEN VILLA THALERHOF

Die römische Villa Thalerhof liegt im Südosten Noricums im Territorium von Flavia Solva, etwas südlich von Graz, nahe dem vicus von Kalsdorf, etwa 30 km nördlich des municipium. Der Fundort ist heute von der Rollbahn des Flughafen Graz-Thalerhof überbaut. Erste Funde im Gebiet sind aus dem 19.Jh. bekannt, Ausgrabungen fanden 1937–39 unter W. Schmid statt, die Villa ist damit eine der großen „Altlasten“ der steirischen Archäologie. Es dauerte zunächst bis in die 1950er-Jahre, bis M. Grubinger die Funde der Grabung bearbeiten und im Inventarbuch des Universalmuseum Joanneum verzeichnen konnte, eine Publikation wurde allerdings nie fertiggestellt, obwohl es sich bei der Villa um einen der größten und luxuriösesten Bauten des römischen Österreich handelt.
Der vorliegende Beitrag stellt einen Vorbericht zur Aufarbeitung der bei der Grabung „Villa Thalerhof“ gefundenen Kleinfunde dar. Besagte Kleinfunde sind allerdings im Gegensatz zur sonstigen reichen (immobilen) Ausstattung des Baus nur sehr spärlich auf uns gekommen, aussagekräftige Metallfunde fehlen völlig, und insgesamt wurden nur 330 Keramikstücke katalogisiert.
Überwiegend handelt es sich dabei um Grobkeramik mit einem für die Region typischen Formenspektrum, das ganz grob als kaiserzeitlich eingeordnet werden kann: d.h. vor allem grobe, grautonige Töpfe bzw. Vorratstöpfe und Becher (insg. 57%), großteils mit Kammstrichverzierung, Dreifuß- und andere Schüsseln (22%) und Deckel (7%) sowie einzelne Fragmente von Amphoren und Krügen und einer Öllampe. Einige der ansehnlicheren Fundstücke aus dieser Statistik wurden am Archäologentag vorgestellt.
Der Befund der bislang ausgewerteten Fragmente deckt sich insgesamt großteils mit dem Formenspektrum der nahegelegenen Fundorte, insbesondere Flavia Solva, Kalsdorf und Gleisdorf. Einzelne in Südostnoricum nicht nachgewiesene Formen finden Vergleiche in Carnuntum.
Ein über diese Vergleiche angestellter erster überblicksartiger Datierungsversuch des Fundspektrums deutet zum Großteil auf die erste Hälfte bis Mitte des 2.Jhs. n.Chr., mit einzelnen Ausreißern in flavische Zeit bzw. das spätere 2.Jh., ein Eindruck, der sich auch in den wenigen vorhandenen Exemplaren von Terra Sigillata, pannonischer Glanztonware und der Lampe (einer Firmalampe Loeschcke X) bestätigt findet. Diese Datierung überrascht zunächst in ihrer relativ geringen Streuung, und unterscheidet sich doch deutlich von der von den Ausgräbern vorgeschlagenen Datierung der Villa in der Mitte des 3.Jhs., die allerdings lediglich auf der stilistischen Einordnung der in der Villa gefundenen Wandmalereien beruhte, und auch in diesem Kontext mittlerweile nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entspricht.

Ein bisher unklarer Punkt der Keramikauswertung betrifft eine Gruppe außergewöhnlicher Fragmente, die sich bislang einer Deutung widersetzen. Es handelt sich um einige oxidierend gebrannte Bruchstücke, großteils mit Schmauchspuren schwarz und/oder Mörtelrückständen weiß verfärbt, die sich zu relativ großen Schalen mit ausgeschnittenem Boden ergänzen lassen, welche ein Rohr umgeben, in das ebenfalls vor dem Brand Löcher geschnitten wurden (Abb.). Während Teile der Fundstücke sich mit einem von K. Adler-Wölfl so genannten „Dachaufsatz, Lichthäuschen oder Räuchergerät“ vergleichen lassen, könnte die komplexe Gefäßform insgesamt hier eher auf einen Teil der Heizungsinstallationen innerhalb des Hauses weisen.
Aber hier wie bei der Auswertung der „konventionellen“ Keramikfunde handelt es sich um ein vorläufiges Urteil, die nächsten Monate sollten noch einige weitere Erkenntnisse und evtl. Präzisierungen bereithalten.

Weiterführende Literatur
M. Grubinger, Die römische Villa „Thalerhof“ bei Graz, BlHk 33, 1959, 9–19
K. Adler-Wölfl – R. Sauer, Dachaufsatz, Lichthäuschen oder Räuchergerät? Zu einer keramischen Objektgruppe aus dem römischen Siedlungskomplex in Unterlaa, Fundort Wien 3/2000, 158–167


© Patrick Marko
e-mail: patrick.marko@uni-graz.at

This article should be cited like this: P. Marko, Die Keramikfunde aus der römischen Villa Thalerhof, Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).



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