Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014

HÖLZERNE HYPOKAUSTHEIZUNGEN AN LIPPE UND MAIN?

Im Verlauf der Vorstöße unter Augustus und Tiberius über den Rhein nach Osten in das Gebiet der Germanen wurde eine große Zahl von Lagern und Stützpunkten vor allem entlang der aus dem Osten zum Rhein fließenden Flüsse wie Lippe und Main angelegt. Die Bauausführung erfolgte im Lagerinneren vor allem in Holz- bzw. Fach- oder Flechtwerkbauweise, die Ummauerung meist als Holz-Erde Konstruktion.
Entsprechend der Größe einzelner Kastelle (Fassungsvermögen bis zu zwei Legionen geschätzt) verfügten sie neben den üblichen Gebäuden wie Praetorium, Principia etc. auch häufig über Thermen. Diese waren ebenfalls in Holz- bzw. Fach- oder Flechtwerkbauweise ausgeführt. Die Haupträume (Caldarium, Tepidarium und Apodyterium) sind in Blockbauweise angeordnet. An der Schmalseite des Caldariums findet man häufig Reste einer Steinstruktur, die als Heizstelle für das zum Baden benötigte Warmwasser gedeutet wird.
Häufig ist ein Peristylhof vorgelagert. Außerhalb des Peristylhofs fand Ch. Simonett in Vindonissa ein Kaltwasserbecken – sozusagen ein Frigidarium im Freien. Für andere Thermen wird das Vorhandensein eines ähnlichen Kaltwasserbeckens vermutet.
Die Holzböden lagen meist direkt auf dem gewachsenen Boden auf und waren durch die Bodenfeuchtigkeit und die Nässe aus den Räumen glitschig und fäulnisgefährdet. In Vindonissa ist im Caldarium eine teilweise Abdeckung des Holzbodens durch Bleiplatten nachgewiesen, die dies offenbar verhindern sollte. Als Alvei werden mit Bleiplatten ausgekleidete Becken aus Holz angenommen.
Beispiele für diese Bauart, bzw. die Anordnung der Baderäume sind unter anderem neben Vindonissa, Cambodunum, Anreppen, Marktbreit, Dangstetten, Coimbra und (wesentlich später) Musov.

Unter diesen Holzthermen stechen die Thermen von Anreppen (an der Lippe) (Abb.) und Marktbreit (am Main) insofern heraus, als die Räume, die üblicherweise bei diesem Bautyp als Caldarium bzw. Tepidarium bezeichnet werden, anscheinend über aufgeständerte Böden verfügten, diese daher nicht auf dem Erdboden auflagen. Die Stellung der einzelnen Holzpfeiler entspricht in etwa der Position der Ziegelpfeiler einer klassischen Hypokaustheizung. Zusammen mit den oben erwähnten gemauerten Heizstellen wird diese Konstruktion von Archäologen (u.a. P. Bidwell, J.-S. Kühlborn) für aus Holz ausgeführte Hypokaustheizungen gehalten, während sonst in Holzthermen die Beheizung der Räume mittels großer Holzkohlebecken erfolgt sein dürfte. Anhand der (spärlichen) Grabungspublikationen und Fotos (P. Bidwell, J.-S. Kühlborn, M. Pietsch, D. Timpe, L. Wamser) wurde in diesem Vortrag untersucht, ob und wie hölzerne Hypokaustheizungen technisch möglich bzw. wahrscheinlich sind, und – falls dies nicht wahrscheinlich erscheint – welche möglichen, technisch sinnvollen Alternativen es zu dieser Deutung geben könnte. Denn ohne Grund haben die römischen Baumeister diese Variante wohl nicht gewählt.

© Hannes Lehar
e-mail: hannes.lehar@aon.at

This article should be cited like this: H. Lehar, Hölzerne Hypokaustheizungen an Lippe und Main?, Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).



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