Forum Archaeologiae - Zeitschrift für klassische Archäologie 70 / III / 2014 |
Im Rahmen des Forschungsprogramms der Grabung Limyra wurden in den 1990er-Jahren archäologische Oberflächenuntersuchungen auf dem Territorium der ostlykischen Polis Limyra unter der Leitung von A. Konecny und Th. Marksteiner (Universität Wien) durchgeführt. Ziel dieser Forschungen war es, das Gebiet des Bonda Tepe, eines Gebirgsausläufers, der die Grenze zur westlich gelegenen Nachbarpolis Myra bildete, erstmalig eingehender zu untersuchen und somit die Geschichte und Entwicklung Limyras nicht nur anhand der Forschungen im Poliszentrum sondern auch in ihrer Chora zu beleuchten.
Den zentralen Bereich des Heiligtums bildete eine Freifläche von ca. 5×10m, die wahrscheinlich allseitig von Wegen umgeben war. Um diese ebene Fläche waren mehrere nebeneinander aufgestellte Votive angeordnet, deren Größe und Standdichte Richtung Nordosten abnimmt. Das Heiligtum verfügte offenbar über keine bauliche Einfassung, ein Temenos in Form von natürlichen Geländestufen wäre dennoch denkbar.
Das Bonda-Gebiet war trotz seiner Wasserarmut in der Antike überraschend dicht besiedelt und stellt aufgrund des oftmals fortifikatorischen Charakters seiner Siedlungen eine gewisse Besonderheit im Vergleich zu anderen lykischen Regionen dar.
Auf dieser Grundlage aufbauend soll nun eine weitere intensivierte Erforschung des Bonda-Gebiets im Rahmen eines neuen österreichisch-türkisch-deutschen Forschungsprojektes durchgeführt werden [*]. Im Juli 2013 fand eine erste Vorkampagne statt, die sich einer der Erhebungen des Bonda Tepe, dem Yalak Başı, widmete, auf der sich ein dörflicher Siedlungsplatz von erstaunlicher Bauqualität sowie ein außergewöhnliches ländliches Heiligtum befinden.
Das Heiligtum liegt ca. 20m östlich des Hauptaufweges zur Siedlung auf dem Yalak Başı und war vermutlich über einen davon abzweigenden, von Südosten heraufführenden Weg erreichbar. Es handelt sich um einen auf drei natürlichen Terrassen angelegten hypäthralen Kultplatz des Sumendis, einer beinahe unbekannten lykischen Gottheit. Die Gründe für die Wahl des Ortes sind ebensowenig bekannt wie die Bedeutung des Gottes und seine Verehrungskonzepte.
Bereits im Jahr 2006 konnte M. Wörrle anhand der zahlreichen Inschriften paläographisch eine chronologische Einordnung der Kultstätte in die hohe Kaiserzeit vornehmen. Um detailliertere Aussagen über die Datierung treffen zu können, erfolgte nun eine systematische Dokumentation der Oberflächenkeramik. Darüber hinaus wurden auf jenen beiden Terrassen, die das Zentrum des Heiligtums bilden, zwei Grabungsschnitte angelegt. Bauliche Befunde sowie eine differenzierte Stratigraphie kamen dabei erwartungsgemäß nicht zutage. Die Analyse des Fundmaterials ist noch nicht abgeschlossen, dennoch konnten aus den in großer Zahl angetroffenen Keramikfragmenten trotz ihres schlechten Erhaltungszustandes erste aussagekräftige Informationen abgelesen werden. Augenfällig ist die Dominanz der Feinware, die sich durch zahlreiche Schalen und kleine Teller bekannter östlicher Sigillata-Gruppen sowie regionaler oder lokaler Produktion des 1.–3. Jahrhunderts n.Chr. auszeichnet. Diese finden sich in Vergesellschaftung mit der zeitgenössischen lokalen Küchenware, die aus Limyra gut bekannt ist.
Es wird Ziel weiterer Kampagnen sein, durch die endgültige Auswertung des Fundmaterials sowie durch eine vollständige Untersuchung der mit dem Heiligtum in Verbindung stehenden Siedlungsbefunde auf dem Yalak Başı Fragestellungen zur Nutzungsdauer sowie zu chronologischen, strukturellen und administrativen Zusammenhängen zu beantworten. Darüber hinaus ist die Einbeziehung der übrigen Siedlungen des Bonda-Gebietes geplant.
© Oliver Hülden, Sandra Mayer, Ulrike Schuh & Banu Yener-Marksteiner
e-mail: banu.marksteiner@oeai.at, oliver.huelden@lmu.de
This article should be cited like this: O. Hülden – S. Mayer – U. Schuh – B. Yener-Marksteiner, Ein ländliches Heiligtum auf dem Bonda Tepe: Neue Forschungen im Umland von Limyra (Lykien), Forum Archaeologiae 70/III/2014 (http://farch.net).